Unterfranken gilt als der am stärksten von jüdischer Geschichte geprägte Bezirk Bayerns. Im Jahr 1933 existierten mehr als 200 jüdische Gemeinden in Bayern, davon 115 im heutigen Unterfranken. Von den 124 erhaltenen jüdischen Friedhöfen in Bayern befinden sich 44 in Unterfranken. Diese und weitere Informationen stammen aus einer Pressemitteilung des Johanna-Stahl-Zentrums.

Am 9. Juli 2025 wurden im Rahmen einer Busrundfahrt verschiedene LEADER-Projekte vorgestellt, die sich mit der jüdischen Geschichte im ländlichen Unterfranken beschäftigen. LEADER ist ein von der Europäischen Union und dem Freistaat Bayern finanziertes Förderprogramm zur Regionalentwicklung, das Bürgerinnen und Bürger zur aktiven Mitgestaltung ihrer Heimat anregen soll.
Jüdische Geschichte im ländlichen Raum
Die Busrundfahrt wurde gemeinsam mit dem Johanna-Stahl-Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken organisiert. Ziel war es, die Teilnehmenden zu motivieren, eigene Projekte zur jüdischen Geschichte im ländlichen Raum zu initiieren und die Vernetzung der Akteure zu fördern. Seit dem Jahr 2000 wurden etwa 15 entsprechende LEADER-Projekte umgesetzt, vor allem in den Landkreisen Würzburg, Kitzingen, Haßberge und Main-Spessart.

An der Rundfahrt nahmen 55 Personen teil, darunter viele Heimatpflegerinnen und Heimatpfleger sowie Ehrenamtliche, die sich mit dem Landjudentum beschäftigen. Erste Station war die ehemalige Synagoge Laudenbach, die im Rahmen eines LEADER-Projekts zur kulturhistorischen Begegnungsstätte saniert wurde. Der Vorsitzende des Förderkreises, Georg Schirmer, berichtete über die Instandsetzung und ein geplantes Projekt zur Erfassung des jüdischen Friedhofs.
Daraufhin wurde Kleinsteinach (Riedbach) angefahren. Kleinsteinach war einst die größte jüdische Gemeinde im Bereich des heutigen Landkreises Haßberge – der zahlenmäßige Höchststand war in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als 42 % der Bevölkerung jüdisch waren. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten jüdische Familien zahlreiche für das wirtschaftliche Leben im Ort wichtige Geschäfte und Läden, darunter Textilgeschäfte mit Schuhwaren, zwei Viehhandlungen, zwei Rindsmetzgereien, eine Pferdehandlung, eine Herrenschneiderei, eine Fellhandlung, ein Schuhgeschäft und ein Kolonialwarengeschäft. Kleinsteinach ist ein Beleg für das jahrhundertelange, enge und gute Miteinander von jüdischen und christlichen Dorfbewohnern.
Vor Ort wurde von Birgit Bayer und Gerlinde Memmel vom Arbeitskreis „Landjudentum Kleinsteinach“ durch das Museum „Jüdische Lebenswege“ und entlang eines Dorfrundgangs geführt. Die Konzeption der Ausstellung und des Dorfrundgangs sowie Exponate und Rundgangtafeln wurden über LEADER bezuschusst.
Zuletzt wurde der jüdische Friedhof in Rödelsee im Landkreis Kitzingen angefahren. Bislang gab es drei LEADER-Projekte zu diesem Ort, die zum einen die Dokumentation und Vermittlung der Grabsteininschriften und die Vernetzung mit anderen Friedhöfen in der Region zum Ziel hatten, wie auf www.juedischer-friedhof-roedelsee.de nachvollzogen werden kann. Außergewöhnlich ist auch die LEADER-geförderte Friedhofsvorplatzgestaltung, die es durch Besteigen einer Empore oder das Betrachten eines Tastmodells in Bronze ermöglicht, den Friedhof zu erleben, ohne ihn zu betreten.
Die 1. Vorsitzende des Fördervereins ehemalige Synagoge Kitzingen e.V., Margret Löther, berichtete von der Umsetzung der drei LEADER-Projekte .Die Rundfahrt endete mit einem gemeinsamen Austausch in Rödelsee. (acon)
Ein erstes LEADER-Projekt hat ab 2013 das Thema in die Region gebracht. Es war dem Landjudentum in ganz Unterfranken gewidmet und stellte es in historischer Tiefe vor. Exkursionen führten in die jüdischen Orte in allen Landkreisen. Und eine Wanderausstellung „Mitten unter uns.“ zeigte an etwa 30 Stationen, dass Jüdinnen und Juden seit Jahrhunderten hier zur Bevölkerung in Dörfern und Städten gehörten.
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