Ob im Topf oder im Kasten – Heidekraut ist ein beliebter Blickfang. In einer Schlagzeugtrommel werden sie erst recht zum Hingucker. Im Altenkunstadter Ortsteil Woffendorf sind die originellen Pflanzengefäße Nebenprodukte eines ungewöhnlichen Steckenpferdes: Stefan Luschner sammelt Schlagzeuge. Bassdrums, Becken und Toms türmen sich in der Einliegerwohnung seines Hauses bis an die Decke. Wer meint, die Sammelleidenschaft hätte den Schlagzeugfreak ein Vermögen gekosten, den belehrt Luschner eines Besseren: „Ich mache aus einem hässlichen Entlein einen strahlenden Schwan, in dem ich verborgene Schlagzeugschätze aus dem Dachboden vor dem Sperrmüll rette. Zuhause an meiner Werkbank restauriere ich sie dann.“
„Das Schlagzeug stellt das Fundament einer jeden Band dar. Wenn der Rhythmus passt, dann müssen sich die anderen keine Sorgen mehr machen und können sich auf ihre Instrumente konzentrieren.“
Stefan Luschner, Musiker und Schlagzeugsammler
Über Kleinanzeigen im Internet oder in Tageszeitungen stöbert er die verkratzten und verstaubten Instrumente auf, die er mit handwerklichem Geschick wieder in neuem Glanz erstrahlen lässt. 50 bis 100 Euro blättert er nach eigener Angabe für eine Vintage-Drum, wie man die Schlagzeugoldtimer nennt, hin. Der zeitliche Aufwand ist um ein vielfaches größer. „Rund 100 Stunden brauche ich, bis ich ein ganzes Schlagzeug wieder auf Vordermann gebracht habe.“ Geschätzte rund 40 bis 50 solcher Drums nennt der Woffendorfer derzeit sein Eigen.
Der 47-Jährige begibt sich in seine kleine Werkstatt, nimmt eine alte fellbestückte Trommel, im Fachjargon Tom genannt, in seine Hand und beginnt den Restaurationsprozess zu beschreiben. „Zunächst werden die Felle und die Chromteile, an denen sie befestigt sind, entfernt. Sind die alten Folien auf dem hölzernen Trommelkessel noch zu gebrauchen, poliere ich sie mit einem Spezialreiniger auf Hochglanz. Andernfalls klebe ich neue darauf.“ Anschließend streicht der Experte mit einem Finger über den Trommelrand, auch Gradung genannt. Luschner spürt den Unebenheiten nach, die er mit einem Schleifpapier bearbeitet. „Das Fell muss eben aufliegen, damit die Trommel richtig schön klingt“, spricht der Experte. Dann werden die Chromteile blitzblank gewienert, das Fell aufgespannt und die Trommel erstrahlt wieder wie neu. Toms, bei denen Hopfen und Malz verloren ist, also das Restaurieren keinen Sinn mehr macht, werden von Luschner kurzerhand zu Blumentöpfen umfunktioniert.
In seinem Leben dreht sich zwar nicht alles, aber vieles um Schlagzeuge. Der Woffendorfer ist Schlagzeuglehrer, Hobbyschlagzeuger, Schlagzeugsammler und -restaurator. Was fasziniert ihn an diesem Instrument? „Es stellt das Fundament einer jeden Band dar. Wenn der Rhythmus passt, dann müssen sich die anderen keine Sorgen mehr machen und können sich auf ihre Instrumente konzentrieren. Ich bereite den Boden vor, auf dem sie sich kreativ entfalten können. Das ist es, was ich an einem Schlagzeug so liebe.“
Wie sein sechsjähriger Sohn Nick, der auf allem herumtrommelt, was ihm unter die Finger kommt und sich auch schon mal hinter einer Schlagbude seines Vaters austobt, hat auch der Senior nur die Drums im Kopf. „Schon als kleines Kind trommelt ich auf Kochtöpfen herum oder baute mir aus Kissen Schlagzeuge“, erinnert sich der 47-Jährige. Als er zum ersten Mal den Schlagzeuger Ringo Starr von den „Beatles“ („Er ist für mich einer der genialsten Drummer.“) im Fernsehen spielen gesehen hatte, war es um den jungen Mann, in dem ein Naturtalent zu stecken scheint, geschehen.
Mit zwölf Jahren bestand Luschner beim Freund seines Vaters seine erste musikalische Feuertaufe. „Dieser hatte mich zur Probe seiner Band mitgenommen. Ich durfte mich hinter das Schlagwerk setzten und zur Verblüffung aller gelang es mir, die anderen Musiker so gut wie fehlerfrei zu begleiten“, erzählt der Schlagzeugfreak. Als er dann vor zehn Jahren in sein eigenes Haus einzog, ergriff die Sammelleidenschaft von ihm Besitz. „Jetzt hatte ich den nötigen Raum, um diesem Hobby zu frönen.“
Darunter befindet sich so manch seltenes Exemplar. Von der „Tama Star Classic Mirage“ in Acryl mit Rauchglasoptik wurden weltweit nur zehn Exemplare hergestellt. Abgeluchst hat er das edle Teil keinem geringerem als dem Bamberger Schlagzeuger Steff Porzel, der bei der weltberühmten „Spencer Davis Group“ („Keep On Running“) trommelte. Auch das Drumset von Iain Finlay, dem Schlagzeuger der bekannten Metalband „Running Wild“ befindet sich in Luschners Sammlung. Was ist das Besondere an diesem Schlagwerk? „Normalerweise hat eine Basstrommel zwei Füße, diese hier hat vier“, erklärt der Fachmann.
Traum vom Ringo-Star-Drum-Set
Welches Schlagzeug fehlt ihm noch in seiner Sammlung? „Das Classic Maple Drum Set des amerikanischen Herstellers Ludwig im Design Black Oyster, wie es Ringo Star einst gespielt hat. Ich besitze diesen Schlagzeugtyp zwar, aber leider nicht in der 'Beatles‘-Variante schwarz-weiß. Es ist sehr teuer, weil es immer mit meinem großen Idol in Verbindung gebracht wird“, seufzt der Schlagzeugsammler vom Obermain.