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WEISMAIN: Luther – Kämpfer im „kalten Krieg“

WEISMAIN

Luther – Kämpfer im „kalten Krieg“

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    Professor Ralf Georg Czapla referierte über die Darstellung Martin Luthers in Filmen und Dokumentationen.
    Professor Ralf Georg Czapla referierte über die Darstellung Martin Luthers in Filmen und Dokumentationen. Foto: Roland Dietz

    War Martin Luther ein Berserker oder eine Heldengestalt? Stimmt das Bild, das in Filmen und im Fernsehen vom großen Reformator gezeichnet wird? Diesen Fragen ging Professor Ralf Georg Czapla beim ersten CHW-Vortrag in diesem Jahr in der Weismainer Christuskirche nach.

    Dabei blickte der Referent auf das Jahr 1983 zurück. Damals hätte Luther seinen 500. Geburtstag gefeiert. Anlass genug, zahlreiche Filme und Dokumentationen über Martin Luther und dessen Wirken zu produzieren. „1981 bis 1983 wurde in der DDR ein Fernsehfilm in fünf Teilen gedreht“, berichtete Professor Czapla. In der gleichen Zeit wurde auch in der Bundesrepublik Deutschland der Streifen „Martin Luther“ produziert.

    Beiden Produktionen sei anzumerken, dass sie in der Zeit des „kalten Krieges“ gedreht wurden. „Vom Katholiken zum Reformer“ – diese Überlegung stellte sich im Honecker-Staat, und „ein christlicher Martin Luther war dabei sicherlich nicht erwünscht“. Im DDR-Fünfteiler seien gleichgeschaltete Lebensverhältnisse als Ideal gezeigt worden, wie es das marxistische System verlange.

    Luther habe in der Verfilmung von Kurt Veth wie in anderen Filmen seine 95 Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen. „Jedoch ist er bei dieser Tätigkeit nicht allein. Zwei Studenten begleiten ihn“, so der Referent. Parallel in die Szene geschnitten, prophezeit ein Bücherverkäufer laut schreiend, dass ein Erlöser vom Kyffhäuser kommen werde.

    Gravierender Unterschied

    Professor Czapla: „Die Szene verdeutlicht damit einen gravierenden Unterschied zwischen dieser und der BRD-Verfilmung Martin Luther von Rainer Wolffhardt. In der DDR-Version werden wesentlich stärker soziale Prozesse hervorgehoben. Luther wird weniger als Held dargestellt, sondern als Person, die von der Gesellschaft getragen wird.“

    Auch sei das „Held sein“ im Osten Deutschlands Luthers Zeitgenossen Thomas Müntzer zuteil geworden. Dieser war ebenso Theologe und Reformator, jedoch auch ein Revolutionär der Bauernkriege. Müntzers Widerstand habe sich nicht nur gegen die vom Papsttum beherrschte geistliche Obrigkeit, sondern auch gegen die ständisch geprägte weltliche Ordnung gerichtet.

    „Wegen Müntzers radikaler sozialrevolutionärer Bestrebungen, die sich in vielen kämpferischen Texten und Predigten niederschlugen, distanzierte sich Luther zu Beginn des Bauernkrieges von ihm“, sagte der Referent und betonte: „So sollte nicht Luthers Antisemitismus aufgezeigt werden, sondern ein revolutionärer Thomas Müntzer.“

    Folgende Aussage des damaligen SED-Funktionärs Gerhard Müller nach dem Gedenkjahr 1983 spreche für sich: „Es hat sich ausgeluthert. Stellen wir uns lieber wieder in der Gegenwart den Werten unseres Lebens.“

    Anders sah es da schon mit der BRD-Verfilmung von Rainer Wolffhardt aus. Der zweiteilige Fernsehfilm wurde vom 6. September bis zum 12. November 1982 in der Nürnberger Lorenzkirche gedreht. „Grundsätzlich ist die Thematik von Luthers Tischreden darin eingearbeitet. Beim Thesenanschlag hämmerte man die Thesen gerade zu an die Wittenberger Schlosskirche“, meinte dazu Professor Czapla.

    „Junker Jörg“ – Luthers Deckname während seiner Zeit auf der Wartburg – sei dabei aufgetreten wie in einem James-Bond-Film. Auch sei die Judenfeindlichkeit des Reformators völlig ausgespart worden. Dagegen ist der Ausspruch des Ablass-Predigers Johann Tetzel „Wir rotten diese Geziefer aus“ im Film gegenwärtig.

    Entsetzen und Reue

    Die Schlüsselszene in Wolffhardts Verfilmung zeige Martin Luther, wie dieser im Bauernkrieg an erhängten, geköpften und auf andere Art getöteten Menschen vorbeikam. „Hier werde der Reformator als ein Mensch gezeigt, dem klar wird, dass hier Unschuldige ihr Leben verloren haben“, so der Professor. Und weiter: „Luther zeigt dann selbst wegen der Rolle, die er bei diesen Ereignissen gespielt hat, Entsetzen, Reue und Bedauern über das Geschehene.“

    Anschließend zitiere der Reformator aus dem Römerbrief: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ In der Filmsequenz, die Professor Czapla dabei zeigte, war Martin Luther fast an seinem eigenen Ich gebrochen. „Die Verfilmungen aus dieser Zeit hatten durchschnittliche Zuschauerquoten, aber man sollte sie bei einer derartigen Betrachtung nicht unterschätzen“, führte der Referent weiter aus.

    Viele historische Fehler

    Die Lutherverfilmungen und Dokumentationen aus der Zeit zwischen 2002 und 2017 seien eher abenteuerlicher Natur und historisch mit vielen Fehlern behaftet, betonte Professor Czapla. „Es wurden bekannte Schauspieler verpflichtet, um damit auch dem Kommerz Genüge zu tun“ erklärte er zum Ende des Vortrages.

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