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BAD STAFFELSTEIN: In Kösten Werkzeuge gefertigt

BAD STAFFELSTEIN

In Kösten Werkzeuge gefertigt

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    Die Zähne dienten den Neandertalern auch zum Festhalten, Lederkauen und Entrinden. FOTOs: Andreas Welz
    Die Zähne dienten den Neandertalern auch zum Festhalten, Lederkauen und Entrinden. FOTOs: Andreas Welz Foto: Andreas Welz

    „Kein anderes Lebewesen hat die Erde so geprägt und verändert, wie dies der Mensch getan hat, oder um genauer zu sein der Homo sapiens“, das stellte Karl-Heinz Hößel am vergangenen Freitag bei seinem Vortrag „Neandertaler – der andere Mensch“ in der Alten Darre in Bad Staffelstein fest. Eingeladen hatte die Kulturinitiative Bad Staffelstein (KIS). Innerhalb einiger Jahrhundertausende habe der Neandertaler den ganzen Erdball besiedelt und so bleibende Spuren hinterlassen, dass einige Geologen und Anthropologen schon von einem neuen Erdzeitalter sprechen, sagte der Geschichtslehrer des Meranier-Gymnasiums.

    In den Jahrzehntausenden vor unserer Zeitrechnung war aber diese Dominanz des Menschen noch keineswegs klar. Zeitweise gab es fünf verschiedene Menschenarten, die neben und zeitweise wohl auch miteinander lebten. Vor rund 70 000 Jahren gab es neben dem Homo Sapiens, der damals noch auf Afrika beschränkt war, den in Mitteleuropa entstandenen Neandertaler. Hößel sprach die Entdeckungsgeschichte des berühmtesten Skeletts der Urgeschichte aus dem namensgebenden Fundort, die klimatischen und ökologischen Bedingungen, die Jagdmethoden und Siedlungsformen sowie die Werkzeugtechnologie an. In seinen Ausführungen ging der Referent auf die anatomischen Besonderheiten, auf Sozialstruktur und Verhalten und auf die Beziehung zum „Homo sapiens“ ein. Das Rätsel des langsamen Verschwindens der Neandertaler während der letzten Eiszeit konnte auch Hößel nicht lösen.

    Die ältesten Funde einfacher Werkzeuge in Oberfranken stammen aus den Jahren 120 000 bis 80 000 vor unserer Zeitrechnung. Diese Wärmeperiode erlaubte es dem Menschen in Freilandstationen zu leben, unter anderem auf den Flussterrassen des Mains. In Kösten, Kronach, Schney und Unterrodach fanden sich einige hundert Steingeräte dieser Periode. Die meisten dieser einfachen Geräte sind aus Kieselschiefer gefertigt, andere Gesteinsarten entstammen ebenfalls dem Frankenwald, die der Main bis Lichtenfels schwemmte.

    „Es ist aber anzunehmen, dass unsere Gegend schon sehr viel früher von umher streifenden Jägern und Sammlern begangen wurde“, sagte Hößel. Darauf weisen deutlich ältere Funde aus den benachbarten Regionen wie Thüringen und Böhmen hin. Fehlende Funde aus Oberfranken aus dem Altpaläolithikum sind also wohl als Forschungslücke zu verstehen, denn die Flusslandschaften an Main, Regnitz und Rodach boten sich als Beutegebiete für Jäger und Sammler durchaus an.

    Jäger und Sammler

    Die 70 000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, sind durch die Köstener Funde vertreten. Dabei handelte es sich wohl in Kösten um einen über längere Zeit benutzten „Schlagplatz“, an dem in größerem Maßstab das vom Main herangetragene Steinmaterial aus dem Frankenwald bearbeitet wurde. Darauf weisen Abfallprodukte, Rohstücke und zerbrochenes Material hin. Die Köstener Fazies, darunter werden in der Geologie alle Eigenschaften eines Gesteins verstanden, die aus seiner Entstehungsgeschichte herrühren, hat ihre Eigentümlichkeit darin, dass neben Geräten, die noch in der Faustkeil-Tradition stehen, auch sehr viel sorgfältiger bearbeitete Erzeugnisse wie etwa Blattspitzen zu finden sind.

    Wann der Neandertaler aufhörte, hier Gerätschaften herzustellen, ob er in unserer Gegend jemals mit dem Homo sapiens zusammentraf, all diese Fragen müssen unbeantwortet bleiben. Am Schneyer Berg fanden sich ähnlich alte Artefakte, die aber in ihrer Zusammensetzung etwas anders aussahen. So bestimmen hier kleine Faustkeile, beidflächig retuschierte Schaber und hochrückige Doppelspitzen das Arsenal. So zeugen diese Funde wohl eher von einer immer wiederkehrenden Begehung.

    Viele der Neandertaler zeigten auch krankhafte Veränderungen im Kauapparat. Bei den Frontzähnen waren häufig Absplitterungen und Abschliff festzustellen. Es ist anzunehmen, dass die Frontzähne sehr häufig für die verschiedensten Aktivitäten zum Einsatz kamen, wie zum Beispiel zum Festhalten von Gegenständen oder zum Lederkauen, um es weich und damit bearbeitbar zu machen.

    Bison-Jagd mit Lanzen

    Eindrücklich schilderte der Referent die Jagd der Neandertaler auf Großwild. Sie verwendeten sowohl Stoß- als auch Wurflanzen. Die Stoßlanzen, ausgestattet mit breiten und dicken Steinspitzen waren speziell für die Jagd auf Mammut und Bison konzipiert. Bedingt durch die Spitzen drangen solche Waffen tief in den Körper der Beute ein, rissen stark blutende Wunden, die eine schnelle Erschöpfung des Tieres zur Folge hatten und eine lange Verfolgung unnötig machten. Die Verletzungen, die man an vielen Neandertalerknochen beobachten kann, bezeugen die Gefährlichkeit einer solchen Jagd aus naher Distanz.

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