Vom alten Marktzeuln gibt es viel zu berichten. Wirtshausgeschichten und welche von Menschen. Doch auch über einen bestimmten Baum gibt es einiges zu erzählen: DieTrauerweide, lateinisch salix alba tristis, die nahe der Brücke an der Rodach steht und aus dem Ortsbild nicht mehr wegzudenken ist, feiert dieses Jahr 75-jährigen Geburtstag.
Unzählige Besucherinnen und Besucher des Marktfleckens haben sich diesen wunderschönen Baum schon als Fotomotiv ausgewählt. Doch hat die Weide auch eine Geschichte und von der weiß der gebürtige Zeulner Max Vogler zu erzählen, denn er war vor 75 Jahren dabei, als der Baum gepflanzt wurde.

Max Vogler ist am 14. Januar 1942 in Marktzeuln geboren und auch dort aufgewachsen. Nach einer kaufmännischen Lehre in Lichtenfels bei Hordeaux-Bergmann arbeitete er bis zu seiner Pensionierung in gehobener Stellung im Einkauf beim Versandhaus Baur. 1966 hat er geheiratet, 1979 wurde das Eigenheim in Altenkunstadt bezogen, wo Max Vogler heute noch mit seiner Gattin lebt. Die Baumpflanzug fand in in der Nachkriegszeit, im Jahr 1950, statt. Max Vogler war Schüler in der zweiten Klasse der Grundschule in Marktzeuln. Der damalige Lehrer Karl Bächer war sowohl Kunst- wie auch Naturliebhaber und brachte diese Wissenschaften immer wieder seinen Schülern nahe.
Schüler pflanzten Baum
Auch damals gab es schon, wie heute, einen Vorläufer zum „Tag des Baumes“, vom bayerischen Staatsministerium angeregt und vom Landkreis organisiert. So wurden die Schülerinnen und Schüler der Zeulner Schule auserwählt, an eben diesem Tag im April einen Baum zu pflanzen.

Bäume zu pflanzen fand man auch in diesen Zeiten als wichtig und notwendig, hatte doch der Krieg große Schäden und Verwüstungen auch in den deutschen Wäldern angerichtet. Eine Trauerweide sollte es sein, die die Kinder unter Aufsicht und mit Hilfe des Kreisbeauftragten und des Lehrers pflanzen sollten.
Weide greift Geschichte auf
Als Standort wählte man einen Platz nahe der Rodach, an historischer Stätte. Just an dieser Stelle hatten im April 1945 amerikanische Panzer die Rodach überquert, nachdem deutsche Soldaten in einem sinnlosen Unterfangen die Brücke über den Fluss gesprengt hatten. Die Weide auch als Reminiszenz an die vielen Korbflechter in Marktzeuln, die aus diesem Material ihre Waren fertigten. So wurde in einer feierlichen Zeremonie der Baum gesetzt und in der Folge von den Kindern und ihrem Lehrer gehegt und gepflegt, wie man sieht, mit Erfolg. Heute steht die Weide stolz und schön am Ufer des Flusses und lädt zum Verweilen unter ihrem mächtigen Blätterdach ein. Wie in einem von der Natur geschaffenen Dom fühlt man sich, lässt man sich unter ihrem Blätterdach auf der Bank nieder. Mit dem Blick auf die Rodach und den Fachwerkensemble mit dem historischen Rathaus am anderen Ufer findet man sich an einem der schönsten Plätze im Marktflecken wieder. Von der engen Bindung Max Voglers zu seiner alten Heimat Zeuln zeugen viele, zum Teil selbst gemalte Bilder vom Ort in seiner Wohnung. Die Weide an der Rodach und ihre Geschichte gehört bis heute zu seinen schönsten Erinnerungen.