Lichtenfels
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Bahnreisende und -pendler müssen sich ab 11. Januar 2016 auf einen geänderten Fahrplan von und nach Lichtenfels einstellen. Grund ist der Neu- und Ausbau der Bahnstrecke zwischen Nürnberg und Erfurt, der eine 34-wöchige Schienen-Vollsperrung notwendig macht.
Während sich für regionale Fahrten in Richtung Norden (Sonneberg, Kronach/Saalfeld) nichts ändert, kommt man nach Süden nicht mehr weit. Via Zug geht es bis 4. September 2016 von Lichtenfels nur noch bis Bad Staffelstein.
Täglich 28 000 Passagiere
„Wir müssen durch die Bauphase gemeinsam durch“, warb Uwe Domke, Geschäftsführer von DB Regio Nordostbayern, während einer Pressekonferenz der Deutschen Bahn am Mittwoch in Bamberg um Verständnis. Um die rund 28 000 Bahnpassagiere, die täglich in dem Bereich unterwegs sind, an ihr Ziel zu bringen, hat das Unternehmen ein Ersatzkonzept entworfen.
Lichtenfels und Bamberg verbinden im Regionalverkehr stündlich drei Buslinien je Richtung. Die Fahrgäste können wählen zwischen einem Expressbus ohne Zwischenhalt, einem Schnellbus mit Halt in Bad Staffelstein und einem Regionalbus mit allen Halten. Domke: „Wir setzen 30 Busse ein, die täglich 100 Fahrten absolvieren.“ Die Reiseketten in Oberfranken und Südthüringen sollen durch frühere Abfahrts- und spätere Ankunftszeiten sichergestellt werden. Was die Verzögerungen bei Fahrten im Schienenersatzverkehr anbelangt, ist die Bahn optimistisch: So soll man in der Hauptverkehrszeit von Nürnberg bis Lichtenfels im Bus nur 17 Minuten länger brauchen als auf der Schiene (außerhalb der Hauptverkehrszeit sogar nur neun Minuten länger). Höheres Verkehrsaufkommen auf der Straße und an den Bahnhofsvorplätzen sei bei dieser Kalkulation berücksichtigt.
„Fokus auf Pendler gelegt“
43 Minuten mehr müssen Bahnkunden hingegen einplanen, wenn sie auf den Zug nicht verzichten wollen. Es werden fünf zusätzliche und stündlich fahrende Direktverbindungen von Lichtenfels nach Nürnberg eingerichtet, die per Dieseltriebwagen den Umweg über Bayreuth einschlagen. Der Vorteil: Es muss nicht umgestiegen werden. Und die Fahrradmitnahme dürfte weniger ein Problem sein.
Denn wie Uwe Domke auf Nachfrage einräumte, könnten Radtouristen nach dem Wechsel von der Schiene auf die Straße bestenfalls außerhalb der Hauptverkehrszeiten darauf hoffen, dass ihr Fortbewegungsmittel Platz im Bus hat. „Wir haben unseren Fokus auf die Pendler gelegt“, so Domke, der keine Angaben machen konnte, wie Rollstuhlfahrer und Kinderwagen im Ersatzverkehr befördert werden sollen. Zwischen Nürnberg und Bamberg besteht ganztägig und am Wochenende ein Halbstunden-Takt von 7 bis 20 Uhr.
„Wir müssen durch die Bauphase gemeinsam durch.“
Uwe Domke Deutsche Bahn
Die FTX-Züge (Franken-Thüringen-Express) von Lichtenfels aus verkehren stündlich in Richtung Sonnefeld (unverändert) und zweistündlich Richtung Jena (mit geänderten Fahrtzeiten). Mit dem Main-Saale-Express gelangt man auch künftig von der Korbstadt nach Hof. Zwischen Lichtenfels und Bad Staffelstein besteht ein zusätzlicher Stundentakt mit einem Pendelzug. „Durch diese derzeit geplanten Angebote im Regionalverkehr versuchen wir, die Einschränkungen für unsere Reisenden so gering wie möglich zu halten“, fasste Domke zusammen.
Zusätzlich stehen „Reisendenlenker“ bereit, um Fahrgästen an den wichtigsten Umsteigebahnhöfen zum Busverkehr weiterzuhelfen. Ein ähnliches Vorgehen sei bei einem Schienenbauprojekt im Bereich Fürth gut angenommen worden. Dennoch rechnet die Bahn durch die Vollsperrung und die dadurch verbundenen Änderungen mit einem Rückgang des Fahrgastaufkommens um 25 Prozent auf den betroffenen Strecken. Uwe Domke spricht von „Kunden, die wir nach der Fertigstellung wieder zurückgewinnen wollen“.
Für den Fernverkehr auf der Strecke München-Nürnberg-Berlin ist eine Umleitung über Würzburg und Erfurt vorgesehen. Diese Züge sollen nur noch im Zweistundentakt verkehren, dafür aber die doppelte Sitzplatzkapazität bieten. Die ursprünglichen Reisezeiten werden in etwa beibehalten. Weitere Details will die Bahn in diesem Herbst bekannt geben, wenn der Fahrplan für 2016 steht.
Schwierige geologische Situation
Wie Stefan Kühn von der DB Netz AG erläuterte, machen die verschiedenen Bauzustände der bestehenden Verbindung, die anspruchsvolle geographische Lage im Maintal und die geologische Situation eine Totalsperrung unumgänglich. Die Alternative wären Teilsperrungen über vier Jahre gewesen.
Der Ausbau ist seit viereinhalb Jahren geplant und Bestandteil eines der letzten großen Schienen-Infrastrukturprojekte der deutschen Wiedervereinigung. Es beinhaltet neue oder ausgebaute Strecken beziehungsweise -abschnitte auf einer Gesamtlänge von 515 Kilometern zwischen Nürnberg, Erfurt, Halle, Leipzig und Berlin. Nach Abschluss sollen sich die Fahrtzeiten erheblich verkürzen. Beispielsweise benötigen Zugreisende von München nach Berlin ab 2018 mit dem Schnellzug nur noch knapp vier (statt derzeit sechs) Stunden.