Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw) lud am Donnerstag zu ihrem 17. „Wirtschaftstag Oberfranken“ nach Kloster Banz. Der Zuspruch aus regionalen Kreisen der IHK, der IG-Metall, des DGB, der Krankenkassen, mancher Unternehmen, Lokalpolitiker oder der Justiz waren enorm. Die Maintalterrasse war für Buffet, Geselligkeit und sich dazu ergebendes Netzwerken mit Sitzgelegenheiten ausstaffiert. Eine Band spielte dazu. Höhepunkt des Abends war aber der Vortrag des ZDF-Chefredakteurs Peter Frey dar.
Es kommt nicht oft vor, dass zur selben Veranstaltung allein der Kaisersaal nicht ausreicht, Menschenmengen aufzunehmen. Tatsächlich war auch das angrenzende Fürstenzimmer in Richtung einer Leinwand bestuhlt, auf der übertragen wurde, was Frey fünf Meter entfernt im Kaiser sagte, wozu er befragt wurde und Stellung bezog.
Die Geister, die man rief und nun auch zähmen hat
Nun war er also da. Der Mann, den man vom Fernsehen kennt, der mit seinem Wort und Gesicht für die Glaubwürdigkeit des althergebrachten Mediums Fernsehnachricht auf öffentlich-rechtlichem Grund und insbesondere beim ZDF einsteht. Und er sollte über die modernen Medien sprechen, über die, welche die althergebrachten abzulösen scheinen: Youtube, Streaming-Kanäle - Internet eben. Die Welt der Influencer und der Geister, die man rief und im Sinne des seriösen Journalismus auch zu zähmen habe.
Doch Hauptanliegen des Vortrags war für Patrick Püttner, Geschäftsführer der vbw-Bezirksgruppe Oberfranken, etwas anderes: „Ich wollte den Perspektivwechsel zu: vor und nach der Europawahl.“
„500 Millionen Menschen haben mehr Gewicht als 80 Millionen!“
Püttner war es auch, der die Begrüßungsworte an die Gäste richtete, stellvertretend für den vbw-Bezirksvorsitzenden Thomas Kaeser. In dessen Namen hob er hervor, dass aus Sicht der Unternehmer und des vbw generell gälte, dass man nur als EU in einer Welt bestehen könne, in der sich „Kräfteverhältnisse immer mehr verschieben“ und dass nur „unsere wirtschaftlichen und politischen Interessen“ zu wahren helfe. „500 Millionen Menschen haben mehr Gewicht als 80 Millionen.“

Püttner hob hervor, dass die EU der wichtigste Handelspartner des Freistaats ist. Als er aber Frey das Rednerpult überließ, erhielt der Abend noch die Ausweitung ins Journalistische, ins Politische, ins Gesellschaftssoziologische sogar. „Wenn wir über Europa sprechen, spürt man: Es geht um etwas!“, so der ZDF-Mann, der erkennen ließ, ein überzeugter Europäer zu sein, allerdings im Sinne von Vaterländern, denen die EU „mehr Räume der nationalen und regionalen Selbstständigkeit oder Selbstbestimmung“ zu überlassen habe. „Europa ist nicht der Verzicht von nationaler Identität.“ Er bedauert, dass ein Erfolgsmodell EU zu oft auf Schlagwörter wie Bananenkrümmungsgrad reduziert wird.
„Trump braucht nur noch Twitter, um die Welt in Atem zu halten - wir sind wirklich auf einem ganz neuen Feld.“
Sympathisch an Frey war auch, dass er sich mitunter nachdenklich oder selbst als Suchenden in gewissen Punkten zeigte. Wie die Rolle des Journalismus in Zeiten digitaler Umwälzungen definieren, in Zeiten, in denen „Nachrichten“ unreflektiert übers Netz kommen, in denen sie sogar als Fake-News zur Waffe oder Verwirrung taugen? „Trump braucht nur noch Twitter, um die Welt in Atem zu halten - wir sind wirklich auf einem ganz neuen Feld.“

Immer wieder kam spontaner und vor allem einhelliger Applaus seitens des Publikums auf, beispielsweise dann, als Frey sich dafür aussprach, Monopolstellungen von Amazon, Google oder Facebook als gegen Wettbewerb stehend anzusehen. Es war ein so eingegrenztes wie weites Feld, auf welchem der Mann eine dreiviertel Stunde Einsichten und Ansichten zu veränderter Öffentlichkeit, zur Veränderung von Nachrichtenaufbereitung, Medienverdrossenheit oder dem zu rechtgerechtfertigten Umgang mit der AfD.

Warum bekommt die AfD für ihre Selbstdarstellung einen Bühne?
Als er beispielsweise in dem an seinen Vortrag Anschluss gefundenen Frageteil von Burkhard Spachmann, dem Leiter des Gymnasiums Casimirianum (Coburg), die Frage gestellt bekam, weshalb die AfD in der Berichterstattung auch für ihre Selbstdarstellung „eine Bühne“ bekomme, antwortete Frey so begründbar wie überzeugend: „Inszenierung ist Teil des politischen Geschehens und wir müssen zeigen, zu welchen Symbolen sie greifen.“
Europa bei Jungen verinnerlichter als häufig angenommen
Es war ein weites Feld, das Frey beackerte, aber er tat es unterhaltsam und mit Aha-Momenten angereichert. Unter anderem mit der Einsicht, dass bei jungen Menschen eben keine aussichtslose EU-Verdrossenheit anzutreffen wäre und Europa verinnerlichter sei, als häufig angenommen.

Und später, nachdem die Fragen aus dem Publikum an ihn ergangen waren, fand man ihn mit den Gästen auf der Maintalterrasse, sich nicht dagegen wehrend, ins Gespräch gezogen zu werden. Es gab viele Besucher, Ansätze, Geschichten und die Möglichkeit des Netzwerkens. Trotz der in solchen Kreisen maßgeblichen Konkurrenzveranstaltung dazu: den Wagner-Festspielen in Bayreuth.