Iris Birger und Stefanie Fischer sind Kinderbuch-Bloggerinnen. Vom Netz in die Tageszeitung geht es mit ihren Buchtipps zweimal im Monat auf OTverbindet. Die heutigen Empfehlungen sind Geschenktipps für jeden Geschmack und ganz sicherlich etwas fürs Herz.
Gute Geschichten schenken Freude Weihnachtszeit ist Geschenkezeit. Oder vielleicht doch nicht? Des Öfteren haben wir in den letzten Wochen Gespräche mit Menschen geführt, die sich fragen, ob der große Konsumrausch vor Weihnachten noch notwendig ist und sie wirklich glücklich macht. Gespräche, die sich auch um bewusstes Verzichten oder ungewolltes Nicht-leisten-können drehen.
Und doch ist da gleichzeitig ein großer Wunsch, lieben Menschen, vor allem den Kindern, zu Weihnachten eine Freude machen zu wollen. Vielleicht muss es gar kein riesiges oder besonders teures Geschenk sein, worüber sich der oder die Beschenkte freut? Vielleicht ist ein gemeinsamer Spielenachmittag, ein Ausflug ins Grüne oder Zeit zum Vorlesen ein passendes Geschenk? Dafür möchten wir Ihnen und euch Bücher und ein Spiel empfehlen, die sowohl interessant als auch zeitlos sind, die Sprach- und Lesestärke fördern und dabei auch noch Spaß machen.
Spaß, den man am besten gemeinsam hat, denn Zeit und zusammen lachen schaffen Vertrauen, Nähe und tolle Erinnerungen. Und auch, wenn die von uns empfohlenen Bücher nicht auf dem Gabentisch oder unter dem Weihnachtsbaum landen können oder sollen, ist der Weg in die nächste Bücherei eine Option, um gute Bücher, schöne Geschichten und vielleicht auch Spiele auszuleihen, um sich und seinen Lieben damit eine wundervolle Zeit zu ermöglichen.
Unser erster Geschenktipp ist heute mal kein Buch, sondern ein Spiel, das wir kürzlich auf der Frankfurter Buchmesse entdecken durften. Das „ABC-Memo-Spiel“ aus dem Nürnberger „klein & groß Verlag“ ist Spielen, Ausmalen und Lernen in einem. Dabei orientieren sich die insgesamt 36 Bildpaare am Wortschatz und den Anlauten der Grundschule. Die Kartengröße ist handlich mit sechs Mal sech Zentimetern und die Karten tragen eine matte Papieroberfläche. Und genau das ist der Clou. Eine Karte ist bereits farbig bedruckt und die dazugehörige zweite Karte kann nach Lust und Laune selbst ausgemalt werden.
Die Regeln des Spiels sind den meisten vermutlich bekannt: Abwechselnd werden zwei Karten aufgedeckt. Sind die beiden Bildmotive gleich, so darf man sich dieses Kartenpaar nehmen und noch einmal zwei Karten aufdecken. Erst wenn der nächste Zug zwei unterschiedliche Karten bringt, ist der oder die nächste dran. Wer am Ende die meisten Karten gesammelt hat, hat gewonnen. Und zu guter Letzt: Das Besondere am Ausmalen ist, dass im Spiel drei Bildpaare vorhanden sind, die selbst gestaltet werden können. Einzig die Überschriften sind hier vorgegeben und regen dazu an, selbst zu malen oder mit Fotos zu bekleben an: „Das bin ich.“, „Das ist mein Freund.“ und „Das ist meine Freundin.“
So wird dieses besondere Memory ein richtiges Unikat, denn durch das individuelle Gestalten gibt es sicherlich kein zweites Paar davon. „Du siehst nicht wirklich die Welt, wenn du nur durch dein eigenes Fenster siehst“, lautet ein ukrainisches Sprichwort. Ja, die Perspektive ist entscheidend, vor allem, wenn es um die verschiedenen Lebensrealitäten von Kindern auf der ganzen Welt geht. Denn aus unserem mitteleuropäischen Blickwinkel sieht das Leben der rund 2,4 Milliarden Kinder und Jugendlichen weltweit ganz anders aus, als wenn man es von Malawi, Indonesien oder Suriname aus betrachten würde.
Weltweite Einblicke in das Leben von Kindern
Wer eine interessante Reise mit Einblicken in die Lebenswirklichkeiten von Kindern rund um den Globus machen möchte, der liegt mit diesem Geschenktipp absolut richtig: Dem Sachbuch „100 Kinder“ von Christoph Drösser und Nora Coenenberg (Illustrationen), das 2020 im Gabriel Verlag erschienen ist und jüngst den Deutschen Jugendliteraturpreis 2021 in der Kategorie Sachbuch gewonnen hat. Statt sich verschiedenen Länder oder Regionen der Welt und den Alltag der dort lebenden Kinder zu widmen, geht dieses besondere Buch anders vor: Herunter gebrochen auf 100 Kinder, und damit sehr gut vorstellbar für jüngere Leserinnen und Leser, erfährt man in dem Buch spannende Fakten und statistische Verhältnisse über das Leben von Kindern weltweit.

Wir erfahren unter anderem, dass 20 Kinder mit nur einem Elternteil leben, 33 einen Hund haben, 42 in einer Demokratie leben und 75 nicht schwimmen können. Jeder Seite ist ein solcher Fakt gewidmet und mit aufschlussreichen, aber leicht verständlichen Informationen gespickt sowie mit abwechslungsreichen Illustrationen bebildert. Die vereinfachte Darstellungsform von Zahlen und Landkarten-Grafiken unterstützen Kinder dabei, eine Vorstellung der Verhältnisse zu entwickeln. So eignet sich dieses Buch nicht nur für anregende und vielleicht auch kritische Gespräche im familiären Rahmen, sondern ebenso für pädagogische Einrichtungen. Ein informatives und gleichsam unterhaltsames Buch, das auf lebendige Weise den Fokus auf unsere Zukunft, die Kinder dieser Welt lenkt, und dabei zu Fragen und Denkanstößen anregt, die man sich über die Lebensrealität anderer Kinder vielleicht nie gestellt hätte.
„Märchenstund' hat Gold im Mund!“ Oh ja, Märchen sind zeitlos, spannend und (nicht nur) in der kalten Jahreszeit genau das richtige für Jung und Alt, um es sich gemütlich zu machen und Teil fantastischer Welten zu werden. Hier möchten wir euch ein Buch ans Herz legen, dass 101 Märchen zwischen zwei Buchdeckeln versammelt hat. Und deshalb ein klassischer Geschenktipp ist, der nicht nur Kinderaugen leuchten lassen kann, sondern auch die von erwachsenen Leserinnen und Lesern: „Kindermärchen aus aller Welt. Hundertundein Märchen in sieben Kapiteln“ (ausgewählt von Djamila Jaenike, illustriert von Cristina Roters), dass 2018 von der Mutabor Märchenstiftung und dem Mutabor Verlag herausgegeben wurde.
Reich an Geschichten ist dieses Buch, in dem wir nicht die oftmals schon bekannten Märchen der Gebrüder Grimm oder die Erzählungen Andersens finden. Nein, hier kommen Märchen aus aller Welt zusammen - ein internationaler Treff von übermittelten Erzählungen, die ihre Besonderheit aus ihrem traditionellen Kern und der kulturellen Note ziehen. Aufgeteilt in sieben Kapiteln finden sich hier zum Beispiel Märchen aus Siebenbürgen und Kanada, der Schweiz und Ukraine, dem Kongo und Baltikum, aus Indien und auch Deutschland.
101 Geschichten, in denen man Tieren, unheimlichen Wesen, aber auch mutigen Heldinnen und Helden begegnet und dabei sicher sein kann, egal welche Krisen in der Geschichte thematisiert werden, dass am Ende alles gut ausgeht. In denen das Gute, Tapferkeit und Gerechtigkeit siegen und ein beruhigendes, starkmachendes Gefühl zurückbleiben kann. Und in denen die besondere, kraftvolle Sprache Kindern dabei hilft, ihr Sprachvermögen und ihren Wortschatz zu erweitern.
Märchen kommen nie aus der Mode. Ebenso ist es mit Lyrik. Mit dem Buch „Mit Worten will ich dich umarmen“ gelingt es der Sprach- und Sprechkünstlerin Lena Raubaum mit Gedanken und Gedichten zu jonglieren. Wer die österreichische Künstlerin schon einmal bei einer Lesung online oder noch besser vor Ort erleben durfte, wird verstehen dass man ganz verzaubert zurückbleibt und jedes Wort und jede Silbe, jede Betonung und jede Pause noch eine ganze Weile lang festhalten möchte. Gedanken, Gedichte, Aufzählungen, Sprüche oder Wortwolken versammeln sich in diesem Band, ganz abwechslungsreich und schön umschlungen von feinen Illustrationen aus der Hand von Katja Seifert. Die Farbpalette ist dabei warm gehalten und erzeugt mit Grau- und Brautönen eine ruhige Atmosphäre.
Beides - Wort und Bild - berühren Herz und Seele und laden zum Träumen ein. Es gleicht einem wohltuenden Entspannungsbad, in das man sich einkuscheln möchte und dem Knistern der kleinen Schaumkronen mit geschlossenen Augen lauschen möchte. Das Buch, das Lena Raubaum ihren Eltern widmete, zeigt, dass Lyrik für kleinste Geschichten stehen kann. Geschichten, die uns wertvolle Pausen im Alltag zum Durchatmen und zum Staunen schenken können. „(…) Gute Ideen, die wohnen in Geschichten – da leben sie gern und immer dann, wenn wir an sie glauben, sind sie meistens nicht fern. (…)“ (Lena Raubaum).
Im Netz: www.kinderbuchstabensuppe.de, Instagram, Facebook und Spotify.
Die Bücher „Abc-Memo-Spiel. Das Buchstaben-Spiel zum Lernen und Malen“; erschienen 2017 im klein & groß Verlag. „100 Kinder“ von Christoph Drösser und Nora Coenenberg (Illustrationen); erschienen 2020 im Gabriel Verlag; 104 Seiten, ab acht Jahre. „Kindermärchen aus aller Welt. Hundert und ein Märchen in sieben Kapiteln“ ausgewählt von Djamila Jaenike, illustriert von Cristina Roters; herausgegeben von der Mutabor Märchenstiftung, erschienen 2018 im Mutabor Verlag, 288 Seiten, ab acht Jahren. „Mit Worten will ich dich umarmen“ von Lena Raubaum und Katja Seifert (Illustrationen); erschienen 2021 im Tyrolia Verlag, 96 Seiten.