Bunt, mit Superman und einem „extra Nährstoffgehalt“ für das Gewissen der Eltern: So werben oftmals spezielle Kinder-Lebensmittel um die Aufmerksamkeit von Erziehungsberechtigten und auch Kindern. „Die Werbung spricht die Kinder emotional an“, weiß Ökotrophologin Marion Reich aus Trieb, die einen Vortrag zu diesen besonderen Nahrungsmitteln für Eltern im katholischen Kindergartens St. Bernhard in Klosterlangheim hielt.
„Bei jedem Kuchen kann man übrigens mindestens ein Drittel des Zuckers weglassen.“
Marion Reich, Ökotrophologin
Natürlich möchten alle Eltern ihre Kinder gesundheitsbewusst ernähren und sind begierig darauf, neue Produkte auszuprobieren. Hierfür sei jedoch ein genauer Blick notwendig: Ist beispielsweise die Zusammensetzung spezieller Kleinkinder-Lebensmittel bis drei Jahre etwa im Hinblick auf die Fett- und Zuckermengen noch streng geregelt, fallen Kinder-Lebensmittel unter die Bestimmungen des Allgemeinen Lebensmittelrechts.
Besonders Fruchtsäfte, Joghurts oder Snacks für zwischendurch aus dieser Kategorie enthalten meist eine Überdosis von Nährstoffen, viel Zucker und viel Fett. So könne die Entstehung von Übergewicht sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen gefördert werden. Ein einzelner Fruchtzwerg etwa sei den Frischkäse-Speisen zuzuordnen, besitze zwischen sechs und neun Prozent Fett und weise umgerechnet rund drei Stück Würfelzucker auf.

Marion Reich hat an diesem Abend viele Beispiele mitgebracht: Die Anschaulichkeit überraschte viele Eltern. Eine Unterscheidung zwischen Kleinkinder-Lebensmitteln und Kinder-Lebensmitteln sei oftmals schwer, betont Marion Reich. „Aber Kinder ab drei Jahren brauchen auch keine besonderen Lebensmittel mehr, sondern Grundnahrungsmittel.“
Zucker sparsam dosieren statt Ersatzstoffe
Doch genau diese seien für immer weniger Kinder und Familien geschmackvoll: Zu hohe Fett-, Zucker-, Salzgehalte verändern den Geschmackssinn dauerhaft. Auch Süßstoff oder andere Zuckerersatzstoffe fördern eine hohe Süßpräferenz. Marion Reich rät daher lieber dazu, Zucker sparsam zu dosieren, um die Süß-Schwelle sowohl bei Erwachsenen als auch Kindern langsam zu senken. „Bei jedem Kuchen kann man übrigens mindestens ein Drittel des Zuckers weglassen.“

Anhaltspunkte für den Kauf gesunder Lebensmittel erhalten Eltern beispielsweise im Zutatenverzeichnis auf den jeweiligen Produkten, wo diese in absteigender Menge aufgeführt sind. Auch die Nährwerttabelle und das neue Nährwertlogo liefern grobe Richtwerte. „Aber am besten sind immer noch natürliche und unverarbeitete Lebensmittel“, rät die Ökotrophologin.
Natürlich sei etwas Fantasie nötig um deren Stellenwert in der Familie wieder zu heben: „Man sollte auf die Vorlieben der Kinder für bunte Farben und lustige Formen eingehen und die Kinder in die Planung, den Einkauf und die Zubereitung der Speisen oder dem Befüllen der Brotzeitdose miteinbeziehen.“
Mitgebracht hat sie an diesem Abend beispielsweise „Gurken-Möhren-Lollis“ am Stiel, ebenso ein „Hingucker“ wie fröhliche Brot-Gemüse-Käse-Spieße. Sie betont zudem den Wert von „handhabbaren“ Portionen: Eine Ration Obst etwa, wie sie mindestens zwei am Tag verzehrt werden sollten, passe in eine Kinderhand, gibt sie als Anhaltspunkt.
Gesunde Durstlöscher seien nach wie vor Wasser, ungesüßter Früchtetee oder Kräutertee. Doch sie weiß auch, dass viele Kinder Fruchtsaft gerne mögen: „Verdünnen Sie diesen selbst, und zwar im Verhältnis ein Viertel Saft und der Rest Wasser oder Tee.“ Die bekannte Capri-Sonne etwa weise nur rund acht Prozent reinen Saft auf, die restliche Füllung bestehe aus Zucker, Aromen und Wasser.
Kinder-Lebensmittel als „Extra“
Doch auch „Naschen“ darf hat seinen Raum haben, weiß die Ernährungswissenschaftlerin und Mutter von drei Kindern aus eigener Erfahrung. Es gehe um den Umgang damit und das richtige Maß. „Oft kann der Drang nach Süßem zum Beispiel auch mit einem Naturjoghurt und püriertem oder kleingeschnittenem Obst befriedigt werden. In anderen Fällen ist natürlich ein kleines Stück Schokolade erlaubt.“ Und auch Kinder-Lebensmittel müssen nicht gänzlich aus den Speisekammern der Familien verbannt werden: „Sie sollten ein Extra bleiben.“

Vielmehr geht es darum, den Kindern ein gutes Vorbild zu sein: Familie sei der Ort, an dem Ernährungsbildung stattfinde. Genügend Trinkflüssigkeit als Basis, Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Nüsse, Samen, Milchprodukte sowie Süßigkeiten sollten mengenmäßig in absteigender Reihenfolge verzehrt werden.
Rituale pflegen und Essensatmosphäre schaffen
Dazu gehören auch Rituale, eine schöne Essensatmosphäre, gemeinsame Mahlzeiten und der Wertschätzung des Essensangebotes. „Gute Essgewohnheiten entwickeln sich durch die Erfahrung mit gutem Essen und brauchen Zeit. Aber es lohnt sich!“
Der Vortrag von Marion Reich ist Teil eines Programms des Netzwerkes „Junge Eltern/Familien“ des Amts für Landwirtschaft und Forsten Coburg-Kronach und bildete die Auftaktveranstaltung hierzu. Ein Besuch auf einem Bauernhof sowie ein bewegtes Picknick sollen folgen – ebenfalls mit dem Ziel, Kindern und Eltern den Wert gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung frühzeitig näherzubringen.