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Bad Brückenau: Die Suche nach der blutenden Wildsau: Partner, wir packen's

Bad Brückenau

Die Suche nach der blutenden Wildsau: Partner, wir packen's

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    Ich heiße Wolo. Mein ganzer Name ist Wolo von Weißenstein. Ich bin ein drei Jahre alter Gebirgsschweißhund, ein Bayerischer Gebirgsschweißhund, obwohl ich in Belgien zu Hause bin. Daheim, in den Ardennen, werden mein Herrchen und ich oft zu Einsätzen gerufen. Immer dann, wenn ein Jäger nicht exakt getroffen hat, das Wild verletzt ist und vermutlich mit Schmerzen davonläuft. Dann ruft der Jäger bei uns an, und wir fahren raus. Wir sind ein Team.

    Am Mittwoch muss ich lang stillhalten. Die ganze Autofahrt von Belgien bis nach Bad Brückenau. Donnerstagmorgen ist dafür umso spannender, wir treffen Kollegen, Bayerische Gebirgsschweißhunde und Hannoversche Schweißhunde, Rüden und Hündinnen. Überall gibt es was zu schnüffeln. Hier sollen die besten Schweißhundeteams aus elf europäischen Ländern versammelt sein. Und viele Fachleute, die uns Hunde genau mustern, interessiert zuhören, als unsere Namen, Stammbäume und die Anzahl unserer bisherigen Einsätze vorgelesen werden. Ich bin einer der Jüngsten.

    Die Hundeführer losen aus, wer welche Fährte bekommt. Den Organisatoren ist wichtig zu sagen, dass sie es kategorisch ablehnen, dass absichtlich Wild angeschossen wird, um Prüfungen für Schweißhunde abzuhalten. „Die beste Nachsuche ist die, die gar nicht stattfindet“, sagt Suchenleiter Christian Rietz-Nause. Über so etwas denken wir Hunde nicht nach, wir erledigen unsere Aufgabe. Manchmal scheitern wir auch.

    Mein Hundeführer und Besitzer, Pascal Emond, lost eine Nachsuche in der Rhön. Wir sollen eine angeschossene Wildsau finden. Die französischen und norwegischen Kollegen müssen in den Thüringer Wald fahren, die slowakischen ins nordhessische Bergland. Wir starten. Das ist keine gewöhnliche Aktion. Mein Chef ist aufgeregt. Bei uns im Wagen ist ein fremder Mann, einer der drei Richter, die unser Können prüfen. Wir sind in einem internationalen Wettbewerb. Der Richter ist aus Tschechien. Mein Herrchen und er können sich nur schwer verständigen.

    Wir fahren und fahren. Dann stoppt unser Auto, fährt aber noch einmal an. Endlich hält es, Motor aus. Ich drauf raus. Mein Chef ruft mich sofort zu sich, legt mir mein Geschirr und den Sender an. Er nimmt meinen Kopf in seine Hände und redet mit mir, so wie er das immer macht, bevor wir unsere Arbeit beginnen. Komisch ist, dass so viele Menschen um uns sind. Normalerweise gehen wir zwei allein los.

    Mein Mensch zeigt mir Blutstropfen – Schweiß sagen die Jäger – von der Wildsau, die der Jagdaufseher gestern Abend auf der Wiese am Waldrand geschossen hat. Der Geruch ist sofort in meiner Nase, ich nehme die Fährte auf und folge ihr zum Waldrand. Rein ins Dickicht, die Nase tief am Boden, die lange Leine zum Führer gespannt. Hier hat sich das verletzte Tier hingelegt. Die Stelle ist nah beim Ort des Anschusses. Das Wildschwein wurde wohl schwer getroffen, weil das Wundbett so nah bei der Stelle des Schusses ist. Über die Verletzung sind sich die Begleiter uneinig. Ein Teil hält das dunkelrote Blut für einen Hinweis auf einen Waidschuss. Später finde ich Blutspuren an Strauchwerk, das höher ist als ich. Jetzt tippen sie eher auf eine Verletzung am Bein.

    Auf meine Nase ist Verlass. Sie lenkt uns weiter in den Wald, wir überqueren eine Straße, es wird schwieriger, die Fährte zu behalten. Aber ich habe sie, ziehe rein in den Wald und ein Stück unterhalb der Straße entlang. Die drei Richter und ein anderer Schweißhundeführer, der ohne Hund dabei ist, stutzen. Sie glauben nicht, dass die Sau parallel zur Straße gelaufen ist und nicht direkt runter ins Tal, vielleicht in die Fichtenschonung dort. Ich bin mir sicher. Immer die Nase am Boden und weiter. Mein Herrchen kommt ins Schwitzen. Einen Teil der Menschen haben wir hinter uns gelassen. Es kann nicht jeder mithalten, in hohem Tempo durch den Buchenwald, wieder einen Abhang runter. Auf vier Beinen geht das lässig, mein Partner ist es gewohnt, hinterher zu eilen über Stock und Stein, durch Dickicht und Dornenhecken.

    „Stopp, stopp“, tönt es von hinten. Ich spüre den Unmut von Herrchen, dass wir anhalten sollen. Der Österreicher im Richtertrio besteht darauf. Die drei und die anderen Fachleute, die mir folgen, trauen meinem Spürsinn nicht so ganz. Ich bin ihnen in dem Brennnesselgestrüpp zu viel hin und her gelaufen. Einer sagt, es könne schon sein, dass die verletzte Sau hier hin und her gerannt ist. Mein Partner Pascal ist erschöpft vom rasanten Auftakt der Nachsuche. Die Richter verordnen zehn Minuten Pause. Wir sitzen an einer Buche, Herrchen stärkt sich mit einem Apfel. Mich juckt das Fell, ich wälze mich links und rechts auf dem Waldboden.

    Es geht weiter. Ich soll noch einmal hoch an die Stelle, wo ich den letzten Schweiß gefunden habe. Meine Nase führt mich wieder runter ins Tal. In dem Bachbett muss die Sau gewesen sein, ich rieche es. Aber nicht ganz eindeutig. Ich gehe raus aus dem Bach, rüber zum Waldrand. Kein Schweiß mehr. Die Menschen zögern, wir suchen schon zwei Stunden, sind Kilometer gelaufen. Wir geben auf. Fahren zurück. Vielleicht bekommen wir Samstag noch eine Chance. Von den elf Kollegen lösen am Donnerstag drei ihre Aufgabe und schließen die Nachsuche erfolgreich ab. Was bedeutet, sie finden das verletzte Tier, stellen es, der Führer erschießt es.

    Meine Wildsau findet ein Kollege eine Dreiviertelstunde später. Der siebenjährige Hannoversche Schweißhund Ilja von der Königsbuche ist Kontrollhund. Er entdeckt sie mit seinen Führern Wolfhard und Markus Dotzauer in einem Dickicht nahe dem Bachbett. Nicht weit weg von da, wo wir aufgehört haben. Wir haben vielleicht übermorgen noch eine Chance. Und zu Hause in den Ardennen machen wir eh weiter – egal wie die Internationale Schweißhundeprüfung in Bad Brückenau für uns ausgeht.

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