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BAD KISSINGEN: Gar nicht angestaubt: Erich Kästner für Erwachsene

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Gar nicht angestaubt: Erich Kästner für Erwachsene

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    Höchst aktuell: Der Musikkabarettist Hans Georgi bei seinem Auftritt mit Texten von Erich Kästner in der Stadtbücherei.Foto: Klaus Werner
    Höchst aktuell: Der Musikkabarettist Hans Georgi bei seinem Auftritt mit Texten von Erich Kästner in der Stadtbücherei.Foto: Klaus Werner

    Als hellwacher Beobachter präsentierte sich Hans Georgi mit seinem satirischen Musikkabarett „Die Welt ist rund“, das eine humorvolle und süffisante Hommage an Erich Kästner als „Poet für Erwachsene“ wurde. Kästners vertonte Gedichte wurden dabei der Fokus für die aktuellen Bezüge, die Georgi in sein zweistündiges Programm einfließen ließ.

    60 Personen waren den kleinen Plakaten gefolgt, mit denen die Kissinger Stadtbücherei auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht hatte. Im Parterre der Stadtbücherei standen Stühle, eine schwarze Abtrennung als des Künstlers Rückzugsgebiet und ein Keyboard mit allerlei Utensilien darauf – und in dieser intimen Atmosphäre präsentierte Georgi mit wohltönender Stimme und guter Modulation eigene Texte, die er rund um Kästners Gedichte geschrieben hatte, und die von ihm vertonten Gedichte. Kästner, der als Kinderbuch-Autor bekannt geworden ist, sei ein Satiriker gewesen, der gerne und oft Partei ergriff.

    Mit einigen Lebensdaten machte Georgi den berühmten Autor im Laufe des Abends bekannt: 1899 in Dresden geboren, Studium, Journalist, ärmliche Verhältnisse, enge Beziehung zur Mutter, viele Auszeichnungen, literarisches Kabarett, gestorben 1974 in München. Rund um diese Daten erzählte Georgi im Plauderton von einer Person, deren Gedichte voller Aktualität seien – und wie zum Beweis griff er Textpassagen auf, und es entstanden Bezüge zu Helmut Kohl, Johannes Rau und Norbert Blüm – oder zur Triebhaftigkeit der Deutschen, deren Steuervermeidungstrieb besonders hoch sei. Den Begriff „Null-Diät“ verband er mit einem dezenten Hinweis auf Ronald Pofalla: Je größer die Null, desto höher die Diäten.

    Leise Pointen, mit einem Schmunzeln begleitet, sind die Welt des Musikkabarettisten, die zum kritischen Nachdenken anregt. Auf wundervolle Art und Weise hatte Georgi die Werke Kästners vertont und erlaubte damit – auch mit seiner Vortragsweise – einen neuen Blick auf diesen Autor. Mit „Das Riesen-Spielzeug“ oder „Der synthetische Mensch“ oder „Ansprache an Millionäre“ oder „Weihnachtslied, chemisch gereinigt“ sind Beispiele aus der ersten Hälfte des wundervollen Abends – und jeweils stellte Georgi aktuelle Bezüge her. So verknüpfte er die Ansprache mit Hinweisen auf Ackermann und Zumwinkel, den synthetischen Menschen mit einer Menschenfabrik.

    In der zweiten Hälfte widmete er sich dem Thema „Frauen“ und Liebe wurde zum Stichwortgeber für Assoziationen, wobei Georgi kaum Sätze zu Ende sprechen musste – Andeutungen genügten. So war es bei „Ein Mann gibt Auskunft“ oder „Ballgeflüster“ oder „Der Busen marschiert“ – Letzteres als humoristisches Gedicht an die Vergänglichkeit der Figur mit einem Hinweis auf den heutigen Fitness-Wahn.

    Das Publikum hatte an allem – ob an der Hommage an Kästners Lyrik oder an Georgis Stilblüten – seine helle Freude und bedankte sich mit überschäumenden Applaus für den Abend.

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