„Eine ganz hochrangige Persönlichkeit, die seit 33 Jahren in der Bundes- und Europapolitik tätig ist, gibt uns als Jungsenior im noch unruhigen Ruhestand die Ehre!“ So begrüßte Moderator Klaus-Dieter Guhling die zahlreichen Gäste im Erzähl-Cafe des Juliusspitals zum letzten Mal in dieser Erzählsaison. Erst im Herbst wird die Reihe wieder fortgesetzt.
Rede- und wortgewandt ließ sich Erzähler Eduard Lintner nicht lange bitten und fing bei seiner frühesten Kindheit an, die er ab 1944 in Marktlengendorf am Altvater in der Tschechei verbracht hatte. Nach der Vertreibung kam die Familie in den Bayerischen Wald in einem Dörfchen auf einem Bauernhof ohne elektrischen Strom unter. „Diese Zeit prägte mich, mein Bezug zur Landwirtschaft, der Umgang mit Tieren und der Natur boten eine wunderbare Kinderzeit!“
1955 kam der Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurück, an deren Folgen er 1956 starb. Neukirchen bei Heiligenblut war die nächste Heimat, dort gab es Busverbindungen nach Furth im Wald, wo höhere Schulen auf den fleißigen Schüler Eduard warteten. Die Abiturnote 1,4 und ein Förderstudium öffneten den Weg an die Universität, in Würzburg absolvierte er sein Jurastudium. Schon früh hatte er begonnen, sich engagiert gemeinnützig zu betätigen. Schulsprecher, -Bezirkssprecher, Gründer einer Schülerzeitung, Mitglied der JU, verantwortliches Mitglied in der Studentenselbstverwaltung ASTA.
1966 heiratete er seine Frau Alrun, sie wohnten in Oberdürrbach und Erlabrunn. Bei der Bundestagswahl 1966 kam er als Spitzenkandidat der JU über die Liste ins Parlament wurde nach dem Tod von Alex Hösl mit dessen Wahlkreis betraut. Und das sollte bis 2009 auch so bleiben. Die Entscheidung für einen Wohnsitz im Wahlkreis fiel auf Münnerstadt, hier wurde die Familie heimisch, wuchsen vier Kinder heran, Ehefrau Alrun („Ich war eine verheiratete alleinerziehende Mutter!“) ist noch heute der Lebensmittelpunkt der Familie Lintner.
Lintner erinnerte sich gerne an die langen Bahnfahrten nach Bonn, bei denen mit anderen Abgeordneten harte Schafkopfrunden auf den Tisch gedroschen wurden. Sehr wichtig war ihm die Mitarbeit als Vorsitzender im Ausschuss Deutschlandpolitik und Zonenrandförderung; hier konnte er vieles für seinen Wahlkreis bewerkstelligen. „Ich selber habe auch immer an die Wiedervereinigung geglaubt, entgegen der Unkenrufe vieler politisch maßgeblicher Leute!“. Als Staatssekretär musste er mit allen angenehmen und unangenehmen Folgen klarkommen: festungsähnlicher Umbau des Wohnhauses, gepanzertes Dienstfahrzeug, Leibwächter immer und überall dabei – und viele interessante Reisen in die ganze Welt. Auch seine Tätigkeit als Drogenbeauftragter erwähnte Lintner; hier führten ihn Dienstreisen sogar in den südamerikanischen Urwald und zu abenteuerlichen Fahrten an den Khyber-Pass zwischen Pakistan und Afghanistan. Stolz und froh macht es ihn auch, dass er es ermöglichen konnte, die BGS- Einrichtung in Oerlenbach zu erhalten und dass auf seine Idee hin der „Kissinger Sommer“ entstanden ist. Als Mitbringsel hatte Eduard Lintner ein besonderes Souvenir dabei: ein Köcher voller Giftpfeile von den Pygmäen im ehemaligen Kongo. Dort hatte man befreundete Augustiner-Patres, darunter auch Clemens Nöth besucht und eine Schulpatenschaft übernommen.
Neben der obligatorischen süßen Erzählcafe-Tasse wurde dem Erzähler Lintner auch der Wunsch zu einem langsamen Hineinwachsen in den Ruhestand mitgegeben.