Mit einem Plädoyer für Steuerentlastungen, Sicherheit, höheres Kindergeld und Digitalisierung erntete die Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag bei ihrem Wahlkampfauftritt in Bad Kissingen viel Beifall. Rund 6000 Besucher zählte die Polizei bei hochsommerlichen Temperaturen im Kurgarten. Merkel war eine knappe Stunde in Unterfranken, am Abend gastierte sie in Fulda.



Die Kanzlerin hatte geübt. Am Abend zuvor bei ihrem ersten Wahlkampfauftritt in Bayern in Bayreuth war sie noch belächelt worden, weil sie Oberfranken und Oberbayern verwechselt hatte. Bad Kissingen ordnete sie nun souverän dem richtigen Regierungsbezirk zu. Es sei aber auch wirklich nicht leicht, Unter-, Ober- und Mittelfranken zu unterscheiden, sagte sie augenzwinkernd zum bayerischen CSU-Spitzenkandidaten, dem Mittelfranken Joachim Herrmann. „Das lerne ich aber auch noch“, versprach sie, um später darauf zu verweisen, dass die Franken sich schließlich auch schwer täten, Vorpommern von Mecklenburg abzugrenzen. Da hat sie recht.
Schreckgespenst Rot-Rot-Grün
Entspannte Stimmung also, fast Wohlfühlwahlkampf in Bad Kissingen, auch wenn Merkel an ihre Anhänger appellierte, die Wahl sei noch nicht gelaufen. Am Ende malte sie da vorsichtshalber noch das Schreckgespenst einer rot-rot-grünen Regierung an die Wand, die SPD-Herausforderer Martin Schulz im Zweifel bilden werde. Eine solche müsse auf jeden Fall verhindert werden.
Inhaltlich versprach Merkel Steuererleichterungen für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Wer, wie die SPD, gleichzeitig den Spitzensteuersatz erhöhen möchte, schade dem Zusammenhalt der Gesellschaft, die Union wolle das nicht. Auch im Umgang mit der Automobilindustrie („Da wurden Fehler gemacht.“) warb sie für eine „Politik mit Maß und Mitte“, statt Verbote auszusprechen.
Besonders wollten sich CDU und CSU in den nächsten vier Jahren um die Familien kümmern, sagte die Kanzlerin. Der Steuerfreibetrag für Kinder solle auf die Höhe des Freibetrags für Erwachsene angehoben werden. Wer keine Steuern bezahle, bekomme stattdessen ein höheres Kindergeld. Merkel wörtlich: „Wir stellen alle Familien besser.“
Lob für bayerische Sicherheitspolitik
Immer wieder lobte Merkel die Arbeit der bayerischen Staatsregierung, allem voran die CSU-Sicherheitspolitik. Merkel kündigte an, nach der Wahl eine Art „Muster-Polizeigesetz“ zu erarbeiten. Vorbild seien die bayerischen Standards unter anderem zu Videoüberwachung und Polizeiausstattung. Sie sollten auch in rot-grün regierten Ländern gelten. Die Menschen dort hätten schließlich das „gleiche Recht auf Sicherheit“ wie die Bayern. Tagesaktuell bekannte sich Merkel zu Kontrollen an den deutschen Grenzen – „so lange, bis unsere Behörden sagen, sie sind nicht mehr notwendig.“

Die Flüchtlingspolitik streifte die CDU-Chefin am Rande. 2015 dürfe sich nicht wiederholen, sagte sie. „Wir brauchen geordnete und gesteuerte Verhältnisse.“ Auf den Streit mit der CSU um eine Obergrenze ging sie nicht ein. Auch das Wort von der Leitkultur fiel nicht. Vielmehr warb sie dafür, Tradition und Vielfalt zu pflegen, „weil wir sie brauchen werden, um die neuen Zeiten zu meistern“.
Bewerbung von Dorothee Bär
Ein klares Bekenntnis gab die Kanzlerin zur Digitalisierung ab. Vor allem in den Schulen müsse sich mehr tun. Programmieren gehöre heute zum Rüstzeug für junge Menschen „wie Lesen, Schreiben und Rechnen“. Ein Satz – wie bestellt von Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU), der Wahlkreis-Abgeordneten für Bad Kissingen. Sie hatte Merkel schon bei der Begrüßung dafür gelobt, dass sie im Kanzleramt einen Staatsminister für Digitalisierung etablieren möchte. Was man durchaus als ihre Bewerbung fürs nächste Kabinett verstehen durfte.
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