
Über dem Parkplatz hinter der Indoor-Fußballhalle „Kickfabrik“ an der Stadtgrenze von Nürnberg und Fürth hängt eine komplexe Duftwolke. Jean-Baptiste Grenouille, der Held aus Patrick Süskinds „Das Parfum“, hätte seine helle Freude, die Düfte zu sortieren: ein Gemisch aus Geräuchertem, Makrelen, Röstkartoffeln, Bierschwaden, deftiges Schweine- und Rinderfett neben zuckersüßen Crepesdüften.
Gut ein Dutzend bunt bemalte alte Lieferwägen, meist amerikanischer Herkunft, sind zum „2nd Franconian Food Truck RoundUp“ gekommen. Inmitten der Wagenburg tummeln sich Hunderte hungrige Schaulustige. Jeder der Händler bietet eine kleine Portion eines Gerichtes zum Probierpreis an – leckeres und gut durchdachtes Marketing für eine boomende Gründerszene.
„Nenn einen Food Truck niemals Imbisswagen“, hat der Kopf der Szene und Organisator des Treffens, Klaus Peter Wünsch, schon beim Vorgespräch im Spaß gedroht. In der Tat: Der Bundesverband Schnellgastronomie und Imbissbetriebe weiß von der neuen Food-Truck-Konkurrenz nur, dass es sie gibt. Die Firma Wünsch und Partner sind mit ihrem RibWich-Konzept die Ahnen der fränkischen Szene, seit 2011 fahren sie Parkplätze an und verkaufen gegrilltes Schweinefleisch.
Der Kopf der fränkischen Szene
Wen man auch fragt, Marc und Heike Fürle, die mexikanische Burritos durch die Wagenluke reichen, Helene Volkert und Roland Glöggler, deren Spezialität Bratkartoffeln mit verschiedenen Zutaten sind („Guerilla Gröstl“) oder Michael Gröschel, der Pastrami-Sandwiches anbietet – sie alle sind kaum ein Jahr im Geschäft. Die meisten waren zuvor nicht einmal in der Gastronomie tätig. Sie verdienten als Spediteure, Architekten oder Messemanager ihre Brötchen. Pete Maurus, der heute Ribs and Coleslaw anbietet, also marinierte, gegrillte Schweinerippchen mit amerikanischem Krautsalat, arbeitete als Disponent in einer Druckerei, ist aber immerhin amtierender Vize-Grillweltmeister bei den Profis (die nächste WM findet im August in Schweinfurt statt).
Kopf der fränkischen Szene ist der frühere Messelogistiker Klaus Peter Wünsch. Er nutzte 2010 sein Erziehungsjahr, um den Grundstein für seinen lange gehegten Traum zu legen. Die Liebe zum amerikanischen Lebensstil, USA-Reisen und der Wunsch nach Unabhängigkeit ließen in ihm den Wunsch wachsen, Food Trucker zu werden: Wie kann man Spareribs genießen, ohne das lästige, klebrige Kiefen am Knochen? Wie bleibt das Fleisch auch losgelöst vom Rippchen zart und saftig? Solche Fragen trieben ihn an.
Seine Frau Ute, eine Fotografin, verzweifelte manchen Abend, wenn es schon wieder Gegrilltes gab. „Ein Jahr stand ich am Grill und probierte solange herum, bis ich zufrieden war. Der Maxi-Cosi mit meinem Sohn stand daneben.“ Sein RibWich (aus: Spareribs und Sandwich) ist ein Produkt, wie gemacht für fränkische Gaumen, die's deftig mögen: „Bun“ heißt die etwa 30 Zentimeter lange Semmel, in die das marinierte, vorgegrillte, im Truck geräucherte Schweinefleisch gelegt wird. Dazu kommen „Toppings“, Zwiebeln, Gurkenrelish, darüber mexikanische Jalapenos. Inzwischen hat Wünsch als Partner einen alten Schulfreund hinzugenommen. Ihre Trucks, zwei alte US-Lieferwagen, stehen jeden Mittag von 11 bis 13.30 Uhr auf Firmenparkplätzen an Ausfallstraßen, in Gewerbegebieten oder bei Outlets, auch bei Footballspielen, Bikertreffen, Uni-Feten sind sie vor Ort. Die Termine sind einen Monat im Voraus bekannt, in Facebook oder über Flyer erfährt der Ribfan, wann Wünsch wo steht. „Man darf nicht unterschätzen“, schmunzelt er, „was dem Franken sein Mittagessen wert ist.“ 7,90 Euro kostet ein ganzes RibWich, 4,20 Euro das halbe.
Nicht Convenience, sondern „original regional“ ist angesagt. Das frische Fleisch kommt laut Wünsch vom heimischen Metzger, serviert wird es in Brötchen, mit nach langem Experimentieren entstandenen, selbst gefertigten Saucen – die meisten eifern US-Vorbildern nach.
Auf die Spitze getrieben hat die Leidenschaft für den „American Way of Life“ vielleicht Michael Gröschel aus Adelsdorf bei Erlangen. Sein „Pastrami-Sandwich“ kennen viele Deutsche nur aus dem Urlaub oder aus Romanen und Filmen: entfettete Rinderbrust, die in einer Gewürzlauge gepökelt wurde, mit einer Würzmischung mit viel Koriander behandelt und „gesmoked“, also geräuchert – so entsteht eine New Yorker Spezialität, die einst rumänische Juden mitbrachten und mit scharfer Senf-Mayonnaise, Salat und gehackten Gurken im Roggensandwich serviert wird. Die neue fränkische Food-Truck-Szene steht für Delikatessen auf Rädern.
Rückblick
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- Gute Sättigung: Kräuterseitlinge sind vielseitig
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