Unterfranken hat ein hervorragendes Netz an Radwegen. Ein Netz, in dem man Klassiker mit Unbekanntem verbinden kann, so dass sich überraschende Touren nach eigenem Geschmack ergeben.
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Das Sinn- und das Schondratal liegen so nah beieinander, dass sich eine solch individuelle Tour anbietet. Eine, die so in keiner Literatur zu finden ist. Es ist eine Rundstrecke zu seltenen Blumen, ruhiger Natur und beschaulichen Orten.
Die Tour bietet sich für April und Mai schon deshalb an, weil dann auf den Feuchtwiesen des Sinngrundes zwischen Burgsinn und Altengronau die Schachbrettblume blüht. Die Gegend ist bekannt für dieses seltene Naturschauspiel. Es ist nach Angaben des Vereins Naturpark Spessart in Deutschland der größte autochthone Bestand dieser auch als Schachblume bekannten Pflanze, der also an Ort und Stelle entstanden ist.
Außerdem sei das Tal die einzige Gegend in Bayern, wo der Haarstrang-Wasserfenchel wachse. Und: Im Sinngrund tummelt sich der Biber.
Schondratal: Kaum Straßen, kaum Autos
Auch große Teile des Schondratals sind den Angaben zufolge Naturschutzgebiet. Das Tal ist weitgehend unberührt und autofrei, weil es kaum Straßen gibt. Dementsprechend finde man dort eine „Vielfalt an Biotopen und Arten“, wie der Verein Naturpark Spessart weiter schreibt. Insbesondere schützenswert sei der geringe Restbestand der nur dort vorkommenden Sandsteinrasse der Flussperlmuschel.



Um all diese feinen Geschenke der Natur zu würdigen, sollte sich der Radfahrer Zeit nehmen. Die Zwei-Täler-Tour mit ihren knapp 100 Kilometern schaffen sportliche Radler zweifellos in einem Tag. Zum empfehlen sind aber zwei: Start in Gemünden, Übernachtung in Bad Brückenau, Rückfahrt am nächsten Tag nach Gemünden.
Auch ein Abstecher in den Jossgrund sind möglich
Die Tour in dieser Variante zu fahren empfiehlt sich schon aus Gründen der Gemütlichkeit: Man muss sich dann nur zwischen Bad Brückenau und Oberleichtersbach kurz, aber knackig auf die Anhöhe mühen, dann geht es tendenziell wieder bergab. Das Schondratal in der Gegenrichtung – also bergwärts – zu fahren, wäre mühseliger. Was Steigungen angeht, ist das Schondratal sowieso anspruchsvoller als das Sinntal.
Kulturradweg mit dem Apfel als Symbol
Wer sich noch mehr als zwei Tage Zeit nimmt, für den bietet sich kurz vor Altengronau ein Abstecher nach Jossa und weiter in den Jossgrund an. Über 25 Kilometer hinweg reihen sich in diesem Tal die „Perlen der Jossa“ aneinander, wie die beschaulichen Dörfer auch genannt werden.
Entlang des Kulturradwegs – markiert mit einem roten Apfel auf weißem Grund – erfährt man hier viel über alte Wasserwerke, Flussperlmuscheln und vor allem Apfelwein und Obstwiesen. Einziger Nachteil: Wer danach die Radtour Richtung Schondratal fortsetzen will, muss den Jossgrund auf dem selben Weg bis Jossa wieder zurückfahren.
Sinntal-Radweg ist beschildert
Vom schmucklosen Altengronau abgesehen, müssen sich die Orte im Sinntal vor jenen im Josstal nicht verstecken. Gemünden mit seiner Altstadt und der Scherenburg, Rieneck mit seinem ebenfalls alt-ehrwürdigen Ortskern und seiner Burg sowie Burgsinn mit dem Fronhofer Schlösschen und der Wasserburg samt Park – allesamt Adressen, wo sich eine Rast lohnt.
Der Radweg im Sinntal ist mit „Rhön Sinn“-Schildern gekennzeichnet und dient auch als Fernverbindung. Denn wer bei Altengronau nicht Richtung Bad Brückenau abbiegt, sondern bis Fulda weiterfährt, stößt dort auf den Fulda-Radweg, der später wiederum den Weser-Radweg erreicht. Von Gemünden nach Bremen – zumindest für Rad-Enthusiasten kein Problem.
Abstecher ins Staatsbad ist zu empfehlen
Bleiben wir aber in kleinerem Rahmen. Denn auch so gibt es viel zu erleben. In Bad Brückenau lohnt ein Abstecher in den Stadtteil Staatsbad, wo noch heute der galante Charme der Zeit von Bayernkönig Ludwig I. zu erleben ist. Der Monarch ließ das heutige Kurzentrum erbauen und regierte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts oft von dort aus sein Reich. Im Staatsbad befindet sich auch etwas, was zu unserer Tour passt: das Deutsche Fahrradmuseum. In der Jugendstilvilla „Füglein“ findet man viele Exponate und Aspekte passend zu „200 Jahre Fahrrad“. Auch Touren und Veranstaltungen rund ums Rad werden angeboten.
Bad Brückenau: Übernachtung ist kein Problem
Wer Bad Brückenau als Endpunkt der ersten Tour-Etappe wählt, muss sich in puncto Übernachtung keine Gedanken machen. Die Kurstadt hat ein verlässliches Angebot an Hotels, Pensionen und Privatzimmern. Sich in der Stadt auch zu stärken, empfiehlt sich mit Blick auf den Beginn der zweiten Etappe: Ab der Kreuzung Bahnhofstraße/Bundesstraße 27 geht es in südliche Richtung gleich so steil den Berg hoch, dass man das Rad besser schiebt.
In Bad Brückenau geht es kurz, aber sehr steil auf die Anhöhe
Wenige hundert Meter nach der Bad Brückenauer Grundschule ist der schweißtreibende Spuk aber schon wieder vorbei. Dann geht es über das Gewerbegebiet Buchrasen wieder runter – nach Ober- und Unterleichtersbach. Von einer kurzen Steigung vor Schönderling abgesehen, führt nun die Tour in der Hauptsache bergab. Was aber nicht täuschen darf: Das Schondratal ist für Radfahrer anspruchsvoller als das Sinntal.
Aber dafür lohnt es die Mühe wegen seiner betörenden Einsamkeit. Dort begegnet man über weite Strecken keiner Menschenseele. Schade nur, dass mancher Radweg von schwerem Gerät der Forstarbeiter arg in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Im Schondratal kann man sich nicht verfahren
Die Strecke führt im Übrigen oft hoch über dem Flüsschen an den Hängen entlang und ist wenig beschildert – was aber nichts macht, denn verfahren kann man sich hier nicht. Es gibt nur eine sinnvolle Richtung: immer im Tal entlang. In Gräfendorf wird die Strecke von einer Zwei- zu einer Drei-Täler-Tour: In dem schmucken Ort mündet die Schondra in die Fränkische Saale.
Die letzten zehn Kilometer geht es auf einem gut ausgebauten Radweg zurück nach Gemünden. Boote, Wanderer und eben Radler: Das Tal ist bekannt für seinen hohen Freizeitwert. Auch ein Erlebnis.