Vor einigen Wochen entdeckte ein Humprechtshäuser Nebenerwerbslandwirt ein Erdloch auf seiner gepachteten Wiese. Das knapp ein Quadratmeter große Loch liegt in einer Bodensenke in der Flurabteilung „Tiefer Weg“ neben dem befestigten Flurweg nach Rügheim.
Es war vermutlich durch eine Wasserauswaschung ein unterirdischer Hohlraum entstanden, der nach Einbruch der Decke als kleine Erdfall-Doline sichtbar wurde. Beim Einblick von oben konnte man sogar ein gelbes Drainagerohr seitlich sehen. Wie auf Anfrage dieser Zeitung das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen versicherte, könne man die Drainage als Ursache der unterirdischen Ausspülung mit Sicherheit ausschließen. Nach Rücksprache mit dem Landratsamt verfüllte der Pächter den Hohlraum wieder.
Das sich im Haßgau die Erde durch einen Dolineneinfall plötzlich öffnet ist gar nicht so selten. Im unteren Haßgau um Hofheim herum in Richtung Manau, Reckertshausen oder Eichelsdorf gibt es im Boden stellenweise ein stark gipshaltiges Vorkommen. Dort sind in den vergangenen Jahren von Landwirten auf freiem Feld häufig kleinere und größere Erdfall-Dolinen festgestellt worden.
Geologische Besonderheit
Diese geologische Besonderheit einer Doline kommt dann zustande, wenn im Lauf der Zeit ständig fließendes Wasser klammheimlich und zunächst unbemerkt im Untergrund den Gipsanteil im Boden aufgelöst und so einen voluminösen Hohlraum ausgewaschen hat und dieser dann plötzlich einbricht und dadurch sichtbar wird. Manche sind nur ein bis zwei Meter tief, mit einer Fläche von fünf bis zehn Quadratmeter oder auch größer.
Eine von der Fläche her große und sehr alte erhalten gebliebene Doline ist der Himmelsweiher zwischen Ostheim und Junkersdorf. Der Weiher ist im Grunde eine eingefallene Doline und liegt in einer Mulde ohne Abfluss. Sein tonhaltiger Boden verhindert ein Versickern des Regenwassers. Der Himmelsweiher ist jetzt Lebensraum für wertvolle Amphibien und Reptilien geworden. Auch 20 Libellenarten wurden dort festgestellt und seltene Vogelarten haben dort ihr von der Landwirtschaft ungestörtes Brutrevier. Vom Landkreis Haßberge ist der Biotop-See seit 1982 als Bodendenkmal geschützt und in der Naturdenkmalliste eingetragen.

Bei den älteren Einwohnern von Humprechtshausen erinnerte dieser aktuelle Vorfall an ein Geschehen vor über 60 Jahren in der Flur am „Harthwald“. Es war ein Erdfall einer größeren Doline mit fast 20 Meter Tiefe, diese brach bei Humprechtshausen Anfang Dezember 1956 auf einem Acker ein.
Wenn man auf der B 303 von Hofheim kommt und an der ersten Abfahrt nach Humprechtshausen auf der linken Seite hinter dem Wasserhochbehälter zum Höhenrücken weiter schaut, war genau dort am Beginn des Harthwaldes diese große Doline entstanden.
Damals war ein Landwirt am Feldrand mit seinem Pferdegespann gerade dabei die Abschlussfurche sauber nachzupflügen, als die Tiere plötzlich nicht mehr zu bewegen waren. Als der Landwirt nachschaute, mochte er seinen Augen nicht trauen: Wenige Meter vor seinem Pfluggespann klaffte ein großes Erdloch mit zunächst drei Meter Durchmesser.
Auf einem Höhenrücken

Diese Erdfall-Doline war nicht in einer Bodensenke sondern auf einem Höhenrücken gelegen. Ursächlich waren keine Gipseinlagerungen wie sich später herausstellte, sondern eine leichte Bodenschicht wurde im Untergrund durch die Einwirkung zweier Grundwasserquellen im Laufe der Zeit durch darunter liegende zerklüftete Steinbänke mit faustgroßen Spalten ausgespült und bildete so einen Hohlraum, der dann als Erdfall-Doline einstürzte.
In Humprechtshausen wurde das große Loch am Harthwald Mitte der 1950er-Jahren gar eine große Attraktion. Die Gemeinde ließ damals das Loch aus Sicherheitsgründen einzäunen, denn es zog Scharen von Neugierigen an, so erinnern sich die älteren Einwohner heute noch sehr gut daran. Das Bayerische Geologische Landesamt führte an der Doline am 19. Juli 1957 eine Bestandsaufnahme der oberen Bereiche durch. Die genaue Vermessung und Untersuchung der tieferen Bereiche des Erdfalles führte Karl Teschner am 21. Mai 1961 zusammen mit Ernst Klann und der ehrenamtlichen Karsthöhlen-Forschergruppe der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg durch und erstellte eine genaue Abhandlung über ihr Entstehen.
Mit der Zeit fielen die überhängenden Wände ein, Ende der 1970er-Jahre wurde das Loch mit Bauschutt vollständig verfüllt. Der Bereich wird jetzt weiter landwirtschaftlich genutzt. Heute ist dort nichts mehr vom Dolineneinfall zu erkennen.
Stichwort: Doline Doline: Als Doline, Erdfall oder auch Karsttrichter bezeichnet man eine schlot-, trichter- oder schüsselförmige Senke von rundem oder elliptischem Grundriss. Sie entsteht durch Ausschwemmung von Kalk oder Gips im Untergrund. Nach der Loslösung des Gesteins bricht die Erdoberfläche als „Erdfall“ ein, der auf den Einsturz eines darunterliegenden Dolinen-Hohlraumes zurückzuführen ist. Der Durchmesser schwankt zwischen zwei und 200 Metern. Die Tiefe reicht von zwei bis über 300 Metern. Literatur: Dolinenkataster Nordbayern, Ernst Klann/Hirschbach: Beobachtungen von Karl Teschner an einem Erdfall in der Gemeindeflur Humprechtshausen in den Mitteilungen der Fränkischen Geographischen Gesellschaft II/12, Seite 393 bis 399 von 1965 und in den Beiträgen zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Heft Nr. 17 von 1978.