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IBIND: Kugel und Kegel ziehen um

IBIND

Kugel und Kegel ziehen um

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    Lang ist's her: Im Jahr 2002 begann der Abbau der Freiluftkegelbahn in Ibind mit den Dachziegeln. Das Gebälk folgte ein Jahr später.
    Lang ist's her: Im Jahr 2002 begann der Abbau der Freiluftkegelbahn in Ibind mit den Dachziegeln. Das Gebälk folgte ein Jahr später. Foto: Foto: Uwe Rädlein

    Gestaubt hat's, laut war's, aber dennoch: Es waren schöne Zeiten. Immer wieder in den Sommermonaten, wenn die Freiluftkegelbahn in Ibind geöffnet hatte. Auf dem Tisch liegen und stehen vor Christa Rädlein, ihrem Sohn Uwe und Jürgen Hofmann letzte Relikte der Kegelbahn: Eine Kugel und zwei Kegel. Die Kegelbahn des Gasthauses ist verschwunden – aber: Sie kommt zu neuen Ehren. Uwe Rädlein und seine Helfer hatten sie Stück für Stück abgetragen und schon bald wird sie im Freilandmuseum in Fladungen wieder aufgebaut. Zum Jubiläum 25 Jahre Freilandmuseum Fladungen soll die historische Freiluft-Kegelbahn der Rädleins dann wieder bespielbar sein.

    Dort wo einst die Urgroßeltern sonntäglich kegelten, können sich künftig die Besucher des Fränkischen Freilandmuseums Fladungen (Lkr. Rhön-Grabfeld) vergnügen. Die Kegelbahnanlage aus Ibind soll schon zur Eröffnung der Saison 2015 bespielbar sein und im Bereich des Gasthauses „Zum Schwarzen Adler“ ihren künftigen Standort im Museumsdorf bekommen. Der Zweckverband Fränkisches Freilandmuseum Fladungen hatte dafür die notwendigen Finanzmittel in Höhe von 32 000 Euro für den Ankauf und den Wiederaufbau bereitgestellt (wir berichteten). Die Eigenleistung der Museumsmitarbeiter wird mit rund 20 500 Euro beziffert, so Geschäftsführer Karsten Eck, vom Zweckverband. Wie Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel als Zweckverbandsvorsitzender dazu sagte, sei es wichtig, den Besuchern des Fränkischen Freilandmuseums etwas zu bieten, um sie so aktiv in das Museumsleben einzubinden.

    Wie Uwe Rädlein betont, habe die Wirtsfamilie die Kegelbahnanlage dem Fränkischen Freilandmuseum Fladungen allerdings kostenlos überlassen. Für seine Familie sei es ganz einfach nur schön, zu wissen, dass die Kegelbahn jetzt für das Museumsdorf eine sinnvolle Ergänzung ist und so der weitere Erhalt der Kegelbahn gesichert sei. In den vergangenen Wochen seien alle Einzelteile der Holzbalkenkonstruktion bereits nach Fladungen gebracht worden, lediglich die hölzernen Kegel und Kugeln werden demnächst zum Abschluss noch an Sabine Fechter, der Leiterin des Fränkischen Freilandmuseums in Fladungen übergeben.

    Das Dorfgasthaus von Uwe Rädlein kann auf eine lange Familientradition zurückblicken. Und viele Jahrzehnte gehörte zur Geschichte des Gasthauses auch die Freiluftkegelbahn, die um das Jahr 1900 über den Kelleranlagen an der Ortsdurchfahrt errichtet wurde. Die Kegelbahnanlage wurde von Johann Georg Denninger, dem Urvater der Wirtsfamilie, als Holzfachwerk-Konstruktion mit Dachziegeleindeckung gebaut.

    Im darunterliegenden Felsenkeller wurde, wie damals üblich, das selbstgebraute Bier gekühlt. Die Holzfässer konnten auf kurzem Wege hinauf in die Kegelbahn getragen, und das Bier dann gut gekühlt zum Ausschank gebracht werden. Die Kegelbahn entwickelte sich mit der Zeit zum gesellschaftlichen Mittelpunkt des Dorfes, aber auch viele Bürger der umliegenden Ortschaften fanden sich in der sonntäglichen Kult- und Kulturstätte regelmäßig ein.

    Die Dorfbuben und jungen Burschen aus Ibind verdienten sich mit dem Aufstellen der Kegel und dem Zurückrollen der Kugeln ihr Taschengeld, erinnert sich noch heute Jürgen Hofmann an diese Zeit. Wie er, haben sich viele Jugendliche so sonntags etwas dazu verdient. Und er erinnert sich auch noch daran, dass das Aufstellen der Kegel durchaus eine staubige Angelegenheit war, denn dort, wo die Kegel standen, war lediglich Lehmboden. Und natürlich war es laut, wenn die Kugeln auf die Kegel prallten.

    Rund 65 Jahre stand die Kegelbahn bei den Rädleins hoch im Kurs bei den Besuchern. Mit dem Aufkommen von Bowling-Centern und den vollautomatischen Kegelbahnen schwand dann der Stellenwert dieser ehemaligen dörflichen „Sportarena“. Ab den 1970er-Jahren des letzten Jahrhunderts ebbte das Freiluftkegeln in Ibind dann gänzlich ab, die Kugeln rollten zur letzten Kegelrunde im Jahr 1997. Zuvor hatten die Dorfkinder noch manchmal die Holzkugeln über die Bahn rollen lassen, so dass die Senioren, wegen dem aus früheren Jahren wohlbekannten polternden Klang der Kugel, an ihre Jugendzeit erinnert wurden, berichtet Uwe Rädlein. Zusehens verschlechterte sich der bauliche Zustand der Kegelbahnanlage.

    Erstmals im Jahre 2001 bekundete das Fränkische Freilandmuseum Fladungen starkes Interesse an dem mittlerweile historischen Bauwerk. Ihr damaliger Museumsleiter, war sofort begeistert von dem Objekt und wollte es auch schnellstens abbauen lassen und nach Fladungen „verpflanzen“. Als Erhaltungsmaßnahme ließ er von seinen Mitarbeitern zunächst etliche Ausstrebungen und Stützen einbauen. Aus finanziellen Gründen war es dem Freilandmuseum aber dann nicht möglich, den fachmännischen Rückbau des Gebäudes durchführen zu lassen. So kam es damals noch nicht zum Umzug der Kegelbahnanlage in die Rhön.

    Über persönliche Kontakte von Uwe Rädlein nach Schliersee war zwischenzeitlich auch das Freilichtmuseum Schliersee von Markus Wasmeier an der Kegelbahn interessiert. Über den Ibinder Ski-Club gibt es seit geraumer Zeit Kontakte zum früheren Ski-Weltmeister und Doppel-Olympiasieger Markus Wasmeier. Doch weil das Schlierseer altbayrische Freilichtmuseum den regionalen oberbayerischen Stil verkörpert und die Ibinder Kegelbahn der Überdachung wegen einen fränkischen Charakter aufweist (oberbayerische Kegelbahnen der Region Schliersee hatten in der Regel keine Dächer), wurde diese Idee dann doch nicht umgesetzt.

    In Eigeninitiative baute Gastwirt Uwe Rädlein die Kegelbahn dann im August 2003, zusammen mit seiner Familie und den Nachbarn Werner Hager, Markus Schorn und Erwin Greul ab und lagerte die Bauteile, mit entsprechenden Markierungen versehen, in einer Scheune ein. Beim Abdecken des Daches (im Frühjahr 2002) und beim Rückbau des Fachwerks (im Sommer 2003) kam Uwe Rädlein seine Ausbildung und Erfahrung als Bauzeichner und Bauingenieur zu Gute, da er sämtliche Archivierungsunterlagen, wie Pläne, Skizzen, Aufmaß- und Bilddokumentation, sowie die Bauteilmarkierungen selbst anfertigen konnte.

    Im Mai 2014 nahmen die Wirtsleute erneut Kontakt mit den Verantwortlichen des Freilandmuseums auf und sofort war das Interesse der Museumsleute wieder geweckt. In einer Sitzung des Zweckverbandes Fränkisches Freilandmuseum Fladungen stellte die Leiterin des Freilandmuseums, Sabine Fechter, das Objekt der Runde vor – schnell kam man dort zum Entschluss, dass diese altehrwürdige Sportarena unbedingt als ein Zeugnis fränkischer Dorfgeschichte ins Freilandmuseum nach Fladungen kommen müsse.

    Im vergangenen November haben die Wirtsleute die Kegelbahn kostenfrei an das Museum übergeben. Die sorgfältig nummerierten Einzelteile des Gebäudes (vorwiegend bestehend aus Fachwerk- und Dachbalken) sind in mehreren Transportfahrten in die Rhön gebracht worden, so dass 2015 mit der Errichtung der Kegelbahn im Freilandmuseum begonnen werden kann.

    „Rückblickend war es für uns doch eine gute Sache“, so Gastwirt Uwe Rädlein, „dass unsere Iwinner Kegelbahn im Freilandmuseum Fladungen einen neuen, würdigen Platz fand.“

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