In Arbeitskleidung empfängt Herr Schmitt die Reporterin zum ausgemachten Gesprächstermin – gerade hat er sorgsam die Rosen vor der Kirche beschnitten. Dann hat er sicherheitshalber doch noch mal beim Pfarrer vorbeigeschaut, um den genauen Ablauf für die Taufe am Sonntag zu erfahren. Ein guter Mesner überlässt eben nichts dem Zufall.
Die Pflege des Kirchgartens gehört zu den Aufgaben des Mesners wie die Betreuung des Kirchenbaus, und eben auch die Vorbereitung und Sorge für den reibungslosen Ablauf jedweder Gottesdienstfeierlichkeiten.
„Die Meisten wissen gar net, was da im Hintergrund alles so vor sich geht“, sagt Helmut Schmitt und erläutert der Autorin dieser Zeilen, dass er sonntags schon lange vor dem Gottesdienst kommt, um die Heizung einzuschalten oder zu lüften. Dann müssen die Lieder „gesteckt“, die Kerzen entzündet und die Gesangbücher ausgelegt werden. Ferner besorgt Mesner Schmitt den Wein für das Abendmahl und denkt gewissenhaft auch an banale Notwendigkeiten, wie die desinfizierenden Tücher für den Weinkelch während der Zeremonie.
Rückblick: 1991, nach Jahren im Kirchenvorstand, hilft er auf Anfrage zunächst einfach mal dem damaligen Mesner Heinz Schirdewahn. 1999 will die neue Pfarrerin ihn, der sich bereits acht Jahre bewährt hat, einfach im Amt übernehmen. Helmut Schmitt aber möchte seinen Dienst erst nach einer Neuausschreibung der Stelle und nach einem korrekten Bewerbungsverfahren fortsetzen.
Indes: Seine Tätigkeit übt er auch heute, nach 25 Jahren, noch immer aus – gewissenhaft und mit hohem Anspruch.
„Den Meisten geht es wohl irgendwie zu gut, dass sie darüber das Danken vergessen“
Helmut Schmitt, Mesner
Die Lesungen während des Gottesdienstes überlässt er von Anfang an bewusst den Liturgen, „eben jenen, die sich wirklich damit auskennen“, meint er bescheiden. Stattdessen kann man bei ihm zuverlässig auf immerwährende, aufmerksame Präsenz und stille Bereitschaft vertrauen.
Fünf Pfarrer im Amt und zahlreiche Lektoren hat er als „Kirchendiener“ hier in Burgpreppach über die Zeit erlebt. Auch die Pastoren der Nachbargemeinden, die in Burgpreppach immer mal wieder die Urlaubsvertretungen übernehmen, kennt er.
„Ich habe mit allen Pfarrern gerne und gut zusammengearbeitet. Von Herrn Dietsch und Frau Dr. Weise kommt regelmäßig Post“, freut sich Schmitt.
Und ja – gewisse Vorlieben für den einen Prediger oder die andere Predigerin sind da für die Ohren der Reporterin durchaus herauszuhören . . . er muss es ja schließlich wissen. Denn über 1000 Sonntagsgottesdienste, 50 Mal Ostern, 25 Mal Pfingsten und Himmelfahrt und schließlich auch 75 Mal Weihnachtsgottesdienste sowie zahllose Andachten hat Herr Schmitt in „seiner Kirche“ tätig begleitet.
Da ist es nur gut, dass der Mesner dabei von der ganzen Familie unterstützt wird. Seine Frau Ingeborg geht zu Pfingsten mit in den Wald, um die schmückenden Birken für das Kirchenportal mit auszusuchen. Tochter Anja kümmert sich alljährlich um den Adventskranz, der von den Damen im Ort liebevoll gesteckt wird. Der Weihnachtsbaum in der Kirche stammt das eine oder andere Mal aus einem privaten Garten in Hohnhausen. Und Enkelin Sophia spielt am Sonntag seit Jahren immer mal wieder die Orgel in Burgpreppach.
Kirche ist eben ein fester Bestandteil bei den Schmitts aus Hohnhausen. Oft ist dann auch die Predigt vom Vormittag Thema am gemeinsamen Sonntagstisch.
Früher sei die Kirche voller gewesen, erinnert sich der Mesner und wird nachdenklich: „Den Meisten geht es wohl irgendwie zu gut, dass sie darüber das Danken vergessen.“
Ungezählte Beerdigungen, Hochzeiten und Taufen hat Mesner Schmitt per Knopfdruck ein- und ausgeläutet. Früher musste er täglich mehrfach fürs Geläut aus Hohnhausen nach Burgpreppach zur Kirche kommen. Heute unterbricht er nur noch die programmierte Vollautomatik, damit während des Abendmahls bei der Konfirmation nicht plötzlich das übliche 11-Uhr-Geläut die feierliche Zeremonie stört.
Schmitt schmunzelt und gesteht meiner Wenigkeit, dass einmal die Glocken, zur allgemeinen Verwunderung, eine ganze Zeit geschwiegen hätten. Er hatte schlichtweg vergessen, die Automatik wieder einzuschalten. Den komplizierten Programmierungsvorgang für die Glocken übernimmt übrigens Schwiegersohn Heribert Schorr.
Das viele Hin- und Herfahren, da er nicht bei der Kirche wohne, sei manchmal etwas lästig, merkt Schmitt an. Und er erzählt der Reporterin, dass er irgendwann mitten in der Nacht wegen eines aufziehenden Gewitters nach Burgpreppach gefahren sei, um schnell die geöffneten Fenster der Kirche zu schließen.
Wie schon erwähnt: Ein guter Mesner überlässt nichts dem Zufall. „Störungsfrei muss alles ablaufen“, unterstreicht Schmitt seinen hohen Anspruch. Und so muss alles bereits gut vorbereitet sein. Nur dann kann der Mesner auf seiner Bank im Chorraum unter der Kanzel die Feierlichkeit entspannt verfolgen.
Hierbei seien freilich immerwährende Absprachen mit dem Pfarrer notwendig, erklärt Herr Schmitt, steht auf und holt ein weißes Blatt. Auf dem kann die Reporterin den exakten Ablauf des Gottesdienstes für die vergangene Jubelkonfirmation ersehen. Denn für alle „außergewöhnlichen Anlässe“ bringt ihm Pfarrer Peter Bauer das sorgsam erstellte „Drehbuch“ vorbei.
„Störungsfrei muss alles ablaufen“
Helmut Schmitt, Mesner
„Nur die Regieanweisungen fehlen noch auf dem Plan“, bemerkt meine Wenigkeit. Die aber braucht der erfahrene Mesner nach 25 Jahren freilich nicht mehr.
Trotzdem ist Schmitt seinem Pfarrer dankbar. Denn das akribisch ausgearbeitete Programm liegt während der Feier stets neben ihm auf der Bank und ist sein „steter Blickpunkt“, wie er sagt. So nämlich weiß er genau, bei welchem Lied er unmerklich aufstehen wird, um das Wasser mit der exakten Temperatur für den Täufling ins Becken zu füllen. Eben bevor alle an den Taufstein treten.
„Ja“, sagt Helmut Schmitt noch einmal, „die Meisten wissen gar net, was da im Hintergrund alles so vor sich geht.“