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Lohr: Aus dem Kulturkampf in die heutige Zeit übertragen

Lohr

Aus dem Kulturkampf in die heutige Zeit übertragen

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    Dekanatskantor Mark Genzel an der Orgel und Theologe Michael Pfeifer bei der Analyse von "Ein Haus voll Glorie schauet". 
    Dekanatskantor Mark Genzel an der Orgel und Theologe Michael Pfeifer bei der Analyse von "Ein Haus voll Glorie schauet".  Foto: Carolin Esgen

    "Ein Haus voll Glorie schauet" – das hymnenartige katholische Kirchenlied erklang in der evangelischen Auferstehungskirche in Lohr. Dekanatskantor Mark Genzel und der Theologe Michael Pfeifer leuchteten es beim Emporengespräch aus.

    Zunächst beim Singen des Lieds gemeinsam mit den Besuchern – sich persönlich nähernd –; zum Zweiten mit Erläuterungen von Zeitumständen und theologischer Deutung und drittens mit der musikalischen Interpretation der Liedaussagen – improvisierend den Zuhörern erfahrbar gemacht. Ein Balanceakt zwischen wortbasierter Deutung und musikalisch eigenständiger Auslegung theologischer Gedanken, heißt es in einer Pressemitteilung des Dekanats.

    Ungebrochene Beliebtheit

    Was bewirkt, dass sich das Lied immer noch ungebrochener Beliebtheit erfreut? Zum einen wohl die hymnenartige Melodie, die Mark Genzel an der Orgel zu Improvisationen anregte, die inhaltliche Entwicklung der Strophen aufnehmend und gedanklich intensivierend. Zum anderen der Austausch fast sämtlicher Strophen 90 Jahre nach der Komposition einhergehend mit einer neuen theologischen Aussage.

    Michael Pfeifer vom Liturgiereferat der Diözese Würzburg erläuterte die Hintergründe des von Joseph Mohr 1875 komponierten und gedichteten Lieds. Die kämpferischen Texte wie "tobet um die Mauern der Sturm in wilder Wuth" oder "viel tausend schon vergossen mit heil'ger Lust ihr Blut" lassen sich heute kaum noch unbefangen sprechen oder gar singen. Zwar betonte Pfeifer die Einheit von Melodie und Text der Originalfassung, martialische Wortwahl und Parallelen zu nationalsozialistischem Liedgut führten aber in den 70er Jahren des 20. Jahrhundert zu einem nahezu vollständigen Textaustausch.

    Steht im 19. Jahrhundert die eine wehrhafte Kirche in der Bedrängung des Kulturkampfes im Vordergrund, so entnimmt man der heute verwendeten Fassung verschiedene Bilder von Kirche: das steinerne Gebäude, die himmlische Stadt Jerusalem, ein liturgisches Zelt oder Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden. Mark Genzel machte die unterschiedlichen Bilder durch Einarbeitung klanglicher Motive theologischer Aussagen hörbar, keineswegs die Worte lediglich umrahmend, sondern eigenständig interpretierend.

    Die umfangreichen Erläuterungen zu Musik, Texten, Theologie und Geschichte boten den Teilnehmern einen Hintergrund, vor dem sich die Frage nach Vorherrschaft von Wort oder Gefühl, von intellektueller Deutung oder spürender Wahrnehmung entfaltete, im Nachgang diskutiert und zur weiteren Beschäftigung mitgenommen wurde. Die Reihe der Emporengespräche "Perlen des Gesangbuchs" wird im Advent fortgesetzt. 

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