Am „Stillen Örtchen“ im ersten Stock des Balthasar-Neumann-Gymnasiums (BNG) ist es zwar still, doch an das alte „Örtchen“ erinnert hier nichts mehr: Bis zum Schulstart wird hier alles neu sein. Über den vorherigen Zustand kursierten bereits schlimme Geschichten. „Mein Sohn trinkt den ganzen Vormittag über nichts mehr, damit er nicht auf Toilette muss“, kam BNG-Schulleiter Hartmut Beck zum Beispiel die Botschaft einer Mutter zu Ohren. An anderer Stelle wurden die lockeren Trennwände bemängelt.
Kein Wunder: Im Gegensatz zu den Toiletten im Erdgeschoss und im Keller ist hier seit 44 Jahre nichts passiert. Ihre Sanierung war also überfällig. All dies läuft derzeit. Neben der Ausstattung der Räume werden auch Wasser- und Abwasserleitungen erneuert.
Overheadprojektoren der ersten Stunde und Kreidetafeln
„Manchmal habe ich das Gefühl, auch Bauleiter zu sein“, sagt Hartmut Beck. Nach der Besichtigung der Toilettenräume steht der Schulleiter nun in einem leeren Klassenzimmer. Die Stühle haben die Schüler in der letzten Unterrichtsstunde alle vor die Tür getragen. Damit sie nicht im Weg sind beim Sommerferien-Großreinemachputz.
Hat sich der Schulleiter-Neuling vor gut zweieinhalb Jahren noch orientierend im Schulhaus bewegt, ist er nun angekommen. „Je öfter ich durch die Schule gegangen bin, umso mehr sind mir die Schwachstellen aufgefallen“, erzählt er von seiner Anfangszeit. Bis auf die Computerräume, die Bibliothek und die Theaterräume sei alles im Zustand der 1970er Jahre gewesen. Es gab Overheadprojektoren der ersten Stunde und Kreidetafeln, beschreibt er.
Seit Jahren steht die Generalsanierung im Raum
Das Problem: Seit Jahren steht für das BNG die Generalsanierung im Raum. Wann es aber tatsächlich dazu kommt und in welchem Umfang, hängt auch von den Sanierungsplänen rund um die Realschule ab. Nächster, frühestmöglicher Fertigstellungstermin sei 2025 und auch das stehe in den Sternen, so Beck. Gleichzeitig könne man nicht ganze Schülergenerationen mit minderwertiger Ausstattung in die Zukunft begleiten. „Wir tragen die rote Laterne. Das geht nicht“, so Beck. Deshalb habe man sich dazu entschlossen, ein eigenes Ding zu machen und nicht weiter abzuwarten.
Musterklassenzimmer testen lassen
So tut sich am Schulgebäude in der Oberländerstraße seit zweieinhalb Jahren immer irgendwo etwas: Im ersten Jahr seiner Amtszeit wurden der Hör- und Übungssaal der Biologieeinheit neu gemacht. 2017 wurde die Chemie in Angriff genommen. Gleichzeitig ließ Beck zwei Musterklassenzimmer einrichten und von seinen Lehrkräften testen. Dafür wurden die Räume gestrichen, bekamen neues Mobiliar und rundherum Pinnwände. Die Kreidetafeln flogen raus. Dafür hängen nun weiße Tafeln und interaktive Whiteboards an den Wänden.
Auf dem Lehrerpult steht ein Computer, es gibt eine Dokumentenkamera und WLAN. Mit der mobilen Maus und der Tastatur demonstriert Beck, wie der Lehrer auch losgelöst von seinem Pult an einem höhenverstellbaren, rollbaren Rundtisch mitten im Raum stehend den Unterricht mit der neuen Technik nutzen kann. „Zudem können mehrere Schüler gleichzeitig mit ihrem Handy etwas auf die Tafel projizieren“, erläutert er.
Interaktive Mediennutzung mittlerweile auch Inhalt im Lehrplan
Da die interaktive Mediennutzung mittlerweile auch Inhalt im Lehrplan ist, war sein Ziel: Jede Lehrkraft soll möglichst seinen Unterrichtsstil mit den Medien umsetzen können. Fazit: Die Technik muss einfach zu bedienen und möglichst unempfindlich sein, was Reparaturen angeht. „2017 haben wir die beiden Musterklassenzimmer dann auf 23 Räume erweitert, im September sind wir mit 32 Klassenzimmern komplett ausgerüstet“, so Beck. Für 2018/19 sei zudem geplant, die Physikräume anzugehen.
Um den Umgang der Schüler mit den Medien geht es im Netzgänger-Projekt. Hier unterrichten Schüler der neunten und zehnten Klasse jüngere Schüler in Sachen Cybermobbing und den sozialen Netzwerken. „Das wird eher akzeptiert, als wenn Lehrer das machen“, erläutert Beck den Hintergrund.
Profil der Geisteswissenschaften soll stabil bleiben
Ein weiterer Bereich, den sich Beck vorgenommen hat, ist die Förderung der Naturwissenschaften. „Das Profil der Geisteswissenschaften ist an unserer Schule zum Beispiel mit den Theaterklassen und der Bibliotheksarbeit stabil und soll auch so bleiben“, begründet Beck, warum er den Fokus auf die Naturwissenschaften lenkt.
Um diese zu fördern, ist das BNG seit 2017 im MINT-Programm mit den Schwerpunkten auf Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Parallel zur Theaterklasse wurde zudem eine Forscherklasse für die fünfte und sechste Jahrgangsstufe eingerichtet. Ab September startet die Junior-Ingenieur-Akademie, in der Schüler der Mittelstufe die Möglichkeit haben, die Welt der Robotik, des Programmierens, der Umwelttechnik und der digitalen Kartografie kennenzulernen.
Mit erweiterter Schulleitung ins neue Schuljahr
Und wie viel Wissenschaftler steckt in Hartmut Beck persönlich? Schließlich ist er Lehrer für Deutsch, Geschichte und Sozialkunde. „Ich bin sehr technikaffin“, sagt er. Und ein Teamworker: Seit 1. August gibt es am BNG eine erweiterte Schulleitung bestehend aus sechs Mitgliedern: Neben den drei Vertretern des Direktorats – Hartmut Beck, seinem Stellvertreter Michael Dreßler sowie dem Mitarbeiter Rüdiger Linsner – unterstützen ab September Andreas Neiderer, Dominika Koller und Tanja Leuchtweis die Arbeit des Leitungsteams.