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Die Bonhoeffers - die Dohnanyis

Lohr

Die Bonhoeffers - die Dohnanyis

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    Désirée Felix, Christian Bader, Eva Thoma, Larissa Richter und Sonja Schönmannsgruber mit ihrer Lehrerin Daniela
Quintern (ganz rechts) stellten im Ulmerhaus in Lohr bei einem Gesprächskonzert zwei Familien im
"Spannungsfeld von Musik und Politik, Widerstand und Faschismus" vor. Im Hintergrund Porträts der beiden
Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer und Hans von Dohnanyi.
    Désirée Felix, Christian Bader, Eva Thoma, Larissa Richter und Sonja Schönmannsgruber mit ihrer Lehrerin Daniela Quintern (ganz rechts) stellten im Ulmerhaus in Lohr bei einem Gesprächskonzert zwei Familien im "Spannungsfeld von Musik und Politik, Widerstand und Faschismus" vor. Im Hintergrund Porträts der beiden Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer und Hans von Dohnanyi. Foto: FOTO ANDREAS BRAUNS

    Dietrich Bonhoeffer wäre am 4.Februar 100 Jahre alt geworden. Er und sein Schwager Hans von Dohnanyi wurden am 9. April 1945, noch kurz vor Kriegsende, von den Nationalsozialisten ermordet. Dietrich Bonhoeffer galt als das "Gewissen" der Widerstandskämpfer um Admiral Canaris, die vor dem Hintergrund ihrer deutschnationalen Gesinnung im Zweifel waren, ob man sich gegen das Volk stellen dürfe, um es von einem Diktator zu befreien.

    Die Moderation des Abends gestaltete überzeugend Désirée Felix im Stil eines Wechselgesprächs mit ihrer Lehrerin Daniela Quintern. Passend dazu gelang Larissa Richter der musikalische Einstieg in die Familiengeschichte; eine schwermütige und gleichzeitig dramatische Stimmung hinterließ die Rhapsodie es-Moll op.11/4 von Ernst von Dohnanyi. Der 1877 geborene ungarische Komponist und Pianist galt mit seinen Werken im spätromantischen Stil seinerzeit als Wunderkind, als "Star" - das würdigte sogar Johannes Brahms, der zu einer Komposition des 17-Jährigen feststellte: "Das hätte ich nicht besser schreiben können".

    Durch die Heirat der beiden ältesten Kinder Hans und Grete entstand die Verbindung zur Familie Bonhoeffer. Christine Bonhoeffer soll ihr neuer Name zu ausländisch geklungen haben, dadurch sei es dazu gekommen, dass sich die Politiker der Familie heute "Dohnanyi" nennen, die Musiker es aber bei der ungarischen Aussprache von "Dohnanyi" (wie Docha) beließen. Grete von Dohnanyi heiratete Karl Friedrich, den ältesten der Bonhoeffer-Geschwister.

    Vater Karl Bonhoeffer war ein bedeutender Nervenarzt an der Berliner Charité. Zwar musste er sich während der Zeit des Nationalsozialismus an Zwangssterilisationen beteiligen, war aber entschiedener Gegner des Euthanasieprogramms. Weltoffenheit und Humanismus in der Familie waren sicher ein Grund dafür, dass zwei Söhne und zwei Schwiegersöhne wegen ihres Widerstands gegen Hitler ermordet wurden.

    Dietrich Bonhoeffer übernahm früh Verantwortung, zum Beispiel für den Konfirmandenunterricht im Arbeiterviertel. Er warnte davor, dass aus dem Führer ein Verführer wird und verehrte den passiven Widerstand Mahatma Ghandis. Ab 1935 leitete er das Berlin-Brandenburger Predigerseminar der Bekennenden Kirche, die sich ausdrücklich gegen den Nationalsozialismus wandte. Über Hans von Dohnanyi fand er den Weg in die Widerstandsbewegung. Nach seiner Verhaftung setzte er sich für seine Mithäftlinge ein, war für sie "Licht in der Finsternis".

    Geschickt setzten die Moderatorinnen Pausen in ihrer Schilderung der beiden Familiengeschichten. Mit der Musik Ernst von Dohnanyis verbanden sie die einzelnen Episoden, die Zuhörer erhielten Gelegenheit, das Gehörte für sich zu verarbeiten. Besonders trickreich die "Etude für die linke Hand" aus "Twelve Short Studies for the advanced pianist", vorgetragen von Christian Bader. Désirée Felix interpretierte das 1945 entstandenes Klavierstück "Glocken" aus den "Sechs Klavierstücken" op.41, Sonja Schönmannsgruber begeisterte mit dem Capriccio op.2 Nr.4 in h-moll und Eva Thoma spielte zum Abschluß die Rhapsodie fis-moll op.11/2.

    Auch wenn es ein ernstes Thema war, den Zuhörern bleibt der Abend sicher als würdige Feier eines "Hundertsten" in Erinnerung. "Natürlich nehmen wir Bonhoeffer gerne für evangelische Gemeinden, aber wir machen regelmäßig solche Projekte", erläutert Daniela Quintern. Schade, dass nicht mehr Interessierte die Geschichte von Zivilcourage hören und die Musik eines berühmten Komponisten wiederentdecken wollten. Platz wäre noch gewesen.

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