Eine Demo, ein Krisengipfel, eine Machbarkeitsstudie – über die von vielen als untragbar empfundenen Zustände am Lohrer Bahnhof wurde im zu Ende gegangenen Jahr viel diskutiert und geschrieben. Groß geändert hat sich auch 2019 nichts.
Der Lohrer Bahnhof bietet noch immer keine Toilette, keine Barrierefreiheit und auch keinen Ticketshop, stattdessen ein Gefühl des Niedergangs, mitunter auch Uringeruch. Der Lohrer Bahnhof ist weiterhin kein Ort, an dem man sich wohlfühlt.
Doch zumindest ist etwas Bewegung in die Sache gekommen: Die Bahn hat gegen Ende des Jahres ein Schreiben an die Stadt geschickt.
Darin listet sie immerhin das auf, was ihrer Meinung nach am Lohrer Bahnhof getan werden müsste, um ihn auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen. Das war es dann aber auch schon wieder. Ein Rück- und Ausblick auf einen Lohrer Schandfleck.
150 Demonstranten im Juli
Kampfeslustig war sie, die Schar der rund 150 Demonstranten, die im Juli mit Trillerpfeifen und Transparenten am Lohrer Bahnhof für Verbesserungen protestierte: "Service statt Saustall" – dieses Plakat brachte wohl am besten auf den Punkt, was viele Bahnfahrer an der Lohrer Station stört. Bürgermeister Mario Paul empfing an jenem Tag drei Vertreter der Bahn, die für Immobilien, Service und Ticketverkauf zuständig zeichnen. Ziel des Krisengipfels war es, einen Weg zu Verbesserungen am Lohrer Bahnhof zu finden.
Gleich bei der Ankunft hatte der für die Bahnhöfe Zuständige allerdings die Hoffnungen deutlich gedämpft. Er sehe "definitiv momentan keine Perspektive" für einen barrierefreien Umbau des Lohrer Bahnhofs, so seine Aussage. Der Zustand des Lohrer Bahnhofs sei schlicht noch zu gut, so der Bahnvertreter im kleinen Kreis zu Paul, der diese Aussage als "nicht nachvollziehbar" einstufte.
Kosten: rund acht Millionen
Auf die Demonstration am Bahnhof folgte ein internes Gespräch im Rathaus. Dass auch dabei kein wirklicher Durchbruch gelang, offenbarte im Anschluss eine Aussage des Bürgermeisters. Paul sprach vom "Beginn einer sich abzeichnenden Perspektive". Im Klartext: Es gibt nichts Konkretes. Allerdings sicherte die Bahn bei dem Treffen zu, zumindest mal aufzulisten, was am Lohrer Bahnhof überhaupt alles gemacht werden müsste. Das Schreiben traf im November im Rathaus ein. Es enthielt eine grobe Kostenschätzung für den barrierefreien Umbau des Lohrer Bahnhofs: rund acht Millionen Euro.
Die Liste der Einzelmaßnahmen, so verriet ein Bahnsprecher auf Anfrage der Redaktion, umfasst unter anderem eine Erhöhung oder gar einen Neubau des direkt am Bahnhofsgebäude gelegenen "Hausbahnsteigs" auf einer Länge von 210 Metern. Auch das Dach über dem Hausbahnsteig müsste eventuell erneuert werden, so die Bahn.
Der nächste Posten auf der Liste ist ein wohl deutlich größerer Brocken: Da der Mittelbahnsteig zu schmal für den Einbau eines Aufzugs wäre, müsste ein neuer, breiterer her, so der Bahnsprecher. Um den breiteren Bahnsteig unterzubringen, müssten die Gleise 2aufgespreizt", sprich verlegt werden. Erst dann wäre die Voraussetzung geschaffen für die "barrierefreie Erschließung der Bahnsteige mit Aufzügen", wie es die Bahn nennt.
Idee: Sparen durch Kürzen
Offenbar spielt das Unternehmen auch mit dem Gedanken, im Falle eines Umbaus die Bahnsteige am Lohrer Bahnhof zu kürzen. Derzeit sind die Bahnsteige an Gleis 1 sowie 2/3 gut 350 Meter lang. Im Zuge eines Umbaus könnten sie eventuell auf eine Länge von 210 Metern zurückgebaut werden, so der Bahnsprecher.
Die Verkürzung erfolge, wenn keines der den Lohrer Bahnhof anfahrenden Eisenbahnverkehrsunternehmen oder die Bayerische Eisenbahngesellschaft längere Bahnsteige verlange. Der Grund für ein mögliches Einkürzen der Bahnsteige liegt auf der Hand: Weniger Fläche bedeutet geringere Kosten für Reinigung, Winterdienst und Instandhaltung.
Derzeit handelt es sich bei der Auflistung der Bahn nur um eine Machbarkeitsstudie. Auf die Frage, ob es zeitliche Pläne zur Umsetzung gibt, ist die Antwort des Bahnsprechers deutlich: "Nein."
Stadt soll in Vorleistung gehen
Es gebe derzeit weder für die Planung noch für den Umbau eine Finanzierungsgrundlage. Es stehe jedoch "der Stadt anheim, gegebenenfalls zumindest die Planung zu finanzieren". Dann hätte man für ein womöglich kommendes späteres Ausbauprogramm "schon etwas in der Hand", so der Bahnsprecher.

Zur Frage, ob der Lohrer Bahnhof Aussicht hat, in das sogenannte 1000-Bahnhöfe-Programm der Bundesregierung aufgenommen zu werden, um an Fördergelder für einen Umbau zu kommen, sagt der Sprecher, dass die Bahn dies "nicht verbindlich beantworten" könne. Kein Wunder. Denn zu den Kriterien, wer in das Programm gelangt, gebe es "noch keine abschließende Festlegung". Auch die Frage, wie das Programm finanziell überhaupt ausgestattet ist, sei "noch nicht abschließend festgelegt".
Videokabine für 2020 geplant
All diese Formulierungen lassen befürchten, dass sich auch 2020 am Lohrer Bahnhof nichts Gravierendes verändern wird. Auf zumindest eine Verbesserung aber dürfen die Bahnreisenden hoffen: das Video-Reisezentrum. Nachdem der Betreiber des früheren Ticketshops diesen mangels wirtschaftlicher Perspektive im Februar 2019 geschlossen hatte, kündigte die Bahn im November an, eine Video-Kabine zu installieren. In ihr kann man sich via Mikrofon, Kamera und Bildschirm mit einem Bahn-Kundenberater in Schweinfurt verbinden und beim Fahrkartenkauf beraten lassen.
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