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ZELLINGEN: Kampf durch das Dickicht der Bürokratie

ZELLINGEN

Kampf durch das Dickicht der Bürokratie

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    Der Integrationsbeirat der Gemeinde Zellingen unterstützt die Geflüchteten auf vielerlei Gebieten bei ihren ersten Schritten zur Integration. Sylvia Türk-Rupp (Mitte) nimmt sich die Zeit für einen gemeinsamen Spieleabend mit Familie Alnamous (im Bild von links: Heba und Fathia).
    Der Integrationsbeirat der Gemeinde Zellingen unterstützt die Geflüchteten auf vielerlei Gebieten bei ihren ersten Schritten zur Integration. Sylvia Türk-Rupp (Mitte) nimmt sich die Zeit für einen gemeinsamen Spieleabend mit Familie Alnamous (im Bild von links: Heba und Fathia). Foto: Foto: Baumann

    „Als Flüchtling in Deutschland anzukommen, bedeutet zuerst, Menschen zu finden, die einem helfen.“ So schildert der Syrer Raslan Alhawari seine Eindrücke. „An meinem ersten Tag hier in Zellingen kannte ich niemanden und wusste nicht, was ich als Nächstes machen sollte. Umso größer war die Dankbarkeit, als ich im Laufe des Tages Norbert kennenlernte.“

    Norbert Hölter, der zu den Gründungsmitgliedern des Zellinger und Retzbacher Integrationsbeirats gehört, nahm Raslan Alhawari mit offenen Armen auf. Der Integrationsbeirat, der von Bürgermeister Wieland Gsell initiiert und im März 2015 vom Gemeinderat konstitutioniert wurde, hat es sich zur Aufgabe gemacht, vordergründig zwischen Migranten und Gemeinde zu vermitteln und sie bei der Integration zu unterstützen.

    Schnell wurde klar, dass das vielfältige Aufgabenspektrum, besonders durch den Zuzug von Flüchtlingen, allein für die ehrenamtlichen Beiratsmitglieder nicht zu bewältigen war, und es folgte ein Aufruf zur Gründung eines Helferkreises als Unterstützung. Diesem sind sieben Bürger gefolgt, die vom Integrationsbeirat, der aktuell ebenfalls sieben Mitglieder umfasst, mitkoordiniert werden.

    Derzeit leben in Zellingen und Retzbach 23 syrische Frauen, Männer und Kinder in vier Familien, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen sind. Darüber hinaus sind vor kurzem drei pakistanische Familien zugezogen. Neue Arbeit also für die vielen ehrenamtlichen Helfer. „Zuerst ist es wichtig, dass wir für die Familien als Ansprechpartner zur Verfügung stehen“, erzählt Beiratsmitglied Sylvia Türk-Rupp. Aus einem solchen Vertrauensverhältnis heraus könnten dann weitere Schritte unternommen werden.

    Möbel organisieren

    Sowohl Integrationsbeirat als auch Helferkreis unterstützen die Geflüchteten beim Ausfüllen von Anträgen, begleiten sie zu Behörden, organisieren Kleidung und Möbel. Je nach Bedarf, besonders wenn die Kapazitäten der Volkshochschule erschöpft sind, bieten die Helfer auch Deutschkurse an, die meistens dankbar angenommen werden.

    Diese Dankbarkeit und die Freundlichkeit, die einem entgegengebracht werden, seien gleichzeitig die Motivation, zu helfen und sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen, sagt Sylvia Türk-Rupp. „Mit ihren begrenzten Möglichkeiten versuchen die Familien immer, etwas zurückzugeben. Und sei es nur, wenn ich sie besuche, ein frisch aufgebrühter Kaffee.“ „Es sind richtige Freundschaften entstanden“, ergänzt Norbert Hölter. „Doch es hat auch Momente gegeben, an denen man kurz davor stand, das Handtuch zu werfen.“

    Die Bürokratie, darin sind sich alle einig, werfe einem immer wieder neue Knüppel zwischen die Beine. Egal ob Jobcenter, Landratsamt oder Sozialamt – für Fahrtkostenerstattungen, Mittagsbetreuung der Kinder, Deutsch- und Integrationskurse und anderweitige Geldleistungen müsste oft ein Dickicht aus Bürokratie überwunden werden. „Teilweise kämpft und verhandelt man wochenlang mit den entsprechenden Behörden“, berichtet Hartmut Stölting. „Und in jedem Antrag werden immer wieder die gleichen Daten abgefragt. Ich kann mittlerweile Geburtsdatum, Vor- und Nachname aller Syrer, die ich betreue, auswendig“, ergänzt Norbert Hölter.

    Neue Helfer immer willkommen

    Auch schwierig sei es, Wohnraum für die Flüchtlinge, die nach ihrer Anerkennung aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen müssten, zu finden. „Wir brauchen also dringend die Mithilfe der Bevölkerung, um den Geflüchteten eine Wohnung zu vermitteln. Aber auch neue Helfer sind immer willkommen und werden dringend gebraucht“, appelliert Norbert Hölter.

    Umso mehr ärgert es die Ehrenamtlichen, wenn sie in den Medien von brennenden Flüchtlingsheimen und „Gutmenschentum“ hören. „Es enttäuscht einen, wenn Mitbürger die Integrationsarbeit, die man leistet, nicht zu würdigen wissen“, so Norbert Hölter. Gerade deswegen gehöre zu den Aufgaben des Integrationsbeirats auch Öffentlichkeitsarbeit.

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