Das „Abenteuer Peru“ hatte seinen Ursprung in der Aktion „Main-Spessart für Peru“, die anlässlich des Weltjugendtages 2005 ins Leben gerufen wurde. Damals waren peruanische Jugendliche aus Barranco, einem Stadtteil der peruanischen Hauptstadt Lima, zu Besuch in Rechtenbach. 2006 brach Katrin Fuchs erstmals gemeinsam mit weiteren jungen Leuten zum zweiwöchigen Gegenbesuch nach Barranco auf.
Der dortige Pfarrer hatte schließlich die Idee, ob nicht ein oder zwei Freiwillige ein Jahr in der Pfarrei verbringen wollen. „Ich habe mir das lange überlegt“, blickt Katrin Fuchs zurück. Die Zweifel wichen schließlich der Neugierde. „Wenn ich jetzt nicht ins Ausland gehe, wird es nichts mehr. Ich wollte einfach die Sprache kennenlernen, die Kultur“, nennt sie die Beweggründe für ihre Entscheidung. Außerdem hatte sie in Peru ja bereits Freundschaften geschlossen. Im Sommer 2007 fing sie dann an, Spanisch zu pauken. Nach einem zehntägigen Vorbereitungsseminar bei „FID“ (Freiwillige Internationale Dienste) in Köln machte sich Katrin Fuchs am 25. September schließlich auf nach Südamerika.
20 Stunden und gut 11 000 Kilometer später landete sie in Lima, wo sie von einer Freundin abgeholt wurde. „Bis dahin war noch völlig unklar, wo ich untergebracht werde“, erinnert sie sich. „Aber ich hatte Gottvertrauen und wusste, das wird schon irgendwie.“ Ihre Zuversicht wurde belohnt: Ihr neues Zuhause war fortan ein kleines Zimmer in einem Seniorenwohnheim. „Für Peru war das Luxus pur. Ich hatte ein eigenes Bad mit fließendem Wasser. Das ist nicht typisch für das Land.“
Das Zimmer teilte sie sich mit Sabrina Denk aus Karlstadt, die vier Monate lang gemeinsam mit Fuchs bei diesem Projekt tätig war. Hauptaufgabe der beiden jungen Frauen aus Deutschland war die Betreuung der Mädchen im „Hogar Santa Maria de Lourdes“, einem Heim für Mädchen, das von einer Ordenskongregation geleitet wird und in dem Waisenkinder, aber auch Mädchen aus schwierigen Verhältnissen untergebracht sind. Und die schlossen Katrin Fuchs sofort ins Herz: „Ich wurde von Beginn an gut aufgenommen, sofort umarmt. Es war ein sehr herzliches Verhältnis.“ Noch jetzt leuchten Katrin Fuchs' Augen, wenn sie von „ihren Mädels“ erzählt.
Bildung ist das A und O
„Was fehlt, sind Menschen, die sich um die Kinder dort kümmern“, sagt Katrin Fuchs. Auch der Umgang mit den Kindern sei sehr hart. „Die Kinder werden behandelt wie kleine Erwachsene.“ Dies liege daran, dass eine Ordensschwester sämtliche Arbeiten alleine verrichten muss. „Sie muss sich um alles Organisatorische und auch um die Erziehung kümmern und ist einfach überfordert damit. Manchmal wusste sie auch nicht, wie sie Sabrina und mich beschäftigen soll. Es gab Zeiten, da hatten wir Leerlauf und nichts zu tun. Das war eine schwere Zeit.“
Das, was die Kinder am meisten brauchen können, ist Aufmerksamkeit. „Bildung ist das A und O dort. Und das, was am meisten fehlt.“ In einem Land mit einer für Katrin Fuchs damals relativ fremden Sprache war es natürlich zu Beginn nicht einfach, sich gleich mit den Mädchen zu verständigen. „Anfangs lief das über Hände und Füße. Ich habe zwar viel verstanden, aber selbst nicht viel sagen können.“ Nach zwei bis drei Monaten klappte es dann mit der Verständigung recht gut. „Und jetzt nach einem Jahr würde ich sagen: Ich kann Spanisch.“
Katrin Fuchs musste sich in Peru jedoch nicht nur an die neue Sprache gewöhnen. Auch die Esskultur ist völlig verschieden. „Reis, Kartoffeln und Bohnen sind Grundnahrungsmittel.“ Von der Fülle der Früchte war sie vollends begeistert, Fleisch hingegen ist teuer und wird nicht oft gegessen. „Eine Spezialität sind Meerschweinchen“, sagt sie und grinst. „Ich habe auch eines gegessen. War sehr lecker.“
Weihnachtsgeschenke bei 30 Grad
Heimweh hatte Katrin Fuchs eigentlich nicht, auch nicht an Weihnachten. „Das war witzig“, sagt sie und erzählt von Palmen, die zu Christbäumen umfunktioniert wurden, vom Weihnachtsmann, der bei 30 Grad den Kindern Geschenke gebracht hat, vom Baden im Meer am Weihnachtsfeiertag, aber auch von der Christmette, bei der sie in einem Projektchor mitgesungen hat.
Die Diplom-Theologin, die in ihrer Heimat Rechtenbach in der Gruppe „Popcorn“ mitwirkt, hat auch in der Fremde ihre Liebe zur Musik beibehalten und in ihrer eng bemessenen Freizeit in Barranco sogar einen Chor aufgebaut. Dies gehörte sicher genauso zu den Höhepunkten ihrer Zeit in Peru wie der Besuch ihrer Familie in Südamerika. Mutter Maria, Schwester Elisabeth und deren Freund Carsten kamen im Februar nach Peru. Zwei Wochen lang haben sie zu viert Peru unsicher gemacht, waren sowohl in Machu Picchu, einer gut erhaltenen Ruinenstadt der Inka und eine der größten Touristenattraktionen Perus, als auch am Titicacasee. Unvergessen bleibt für sie auch der Feiertag Allerheiligen. Denn anders als in Deutschland wurde der in Peru mit einem Picknick auf dem Friedhof begangen. Bei strahlendem Sonnenschein, denn in Peru ist im November Frühling.
Kontakt bleibt bestehen
Für strahlende Kinderaugen hat Katrin Fuchs in Peru nicht nur mit ihrer Arbeit gesorgt. Die 26-Jährige übernahm sogar die Taufpatenschaft der kleinen Viviana. „Wir wissen nicht mal, wie alt sie ist. Sie hat keine Familie, keine Dokumente“, geht sie kurz auf das Schicksal des Mädchens ein. Nicht zuletzt wegen ihr wird die Rechtenbacherin auch nach ihrer Rückkehr am 7. August weiter Kontakt nach Barranco halten. Am 17. September schickt die Aktion „Main-Spessart für Peru“ übrigens erneut zwei Mädels nach Südamerika.
„Das Jahr ging wahnsinnig schnell rum“, sagt Katrin Fuchs heute. Ob sie das Jahr verändert hat? „Ja“, sagt sie, „klar“. Sie könne das nur noch nicht so in Worte fassen. Ihre Cousine habe festgestellt, sie sei erwachsener, reifer geworden. „Ich würde sagen, ich habe mehr Lebenserfahrung, bin offener geworden und sehe die Dinge aus einem anderen Blickwinkel.“ Dann fügt sie lachend hinzu: „Und ich bin wahrscheinlich chaotischer und unpünktlicher geworden. Die Peruaner haben es weder mit Plänen noch mit der Pünktlichkeit.“
Doch noch eines ist ihr in dem Jahr klar geworden: „Man sagt immer, man möchte so etwas machen, um etwas zu bewegen. Aber man hat nach einem Jahr einfach keine messbaren Ergebnisse. Damit muss man erst mal umgehen können.“