„Kleiner Mann, was nun?“, diese Frage richtete sich bei der Prunksitzung des Erlenbacher Carnevalvereins (ECV) vor ausverkauftem Haus in der Erlenbacher Festhalle gleich mehrfach an den zwar klein gewachsenen, aber in der Narretei ganz großen neuen ECV-Präsidenten Julian Kerscher. Ob als Zwangsbräutigam einer Ungeliebten, als halber Kopf bei den ETL-Nachrichten oder kürzerer Kollege des Sangeskollegen Max Diener – „Immer auf den Kleinen!“
Doch war die erste Prunksitzung unter seiner Präsidentenverantwortung eine der besten, die der ECV je auf die Bühne gebracht hatte. Von Beginn an trugen Witz, Ideenreichtum und natürlich tänzerische Reize – ob von Damen, Buben oder Männern auf der Bühne präsentiert – Spannung und Begeisterung ins Parkett, die das Narrenvolk packten und bis zum Finale nicht wieder losließen. Stolz darf der ECV dabei auf seinen Nachwuchs sein, dem, zunächst mit der Nachwuchsgarde und einem brillanten „Barbie-Showtanz“ die Herzen der Zuschauer zuflogen.
Doch Jan-Philipp Friese, der als Praktikant im Altenheim einen Rollator-Ausflug zu Aldi anführte oder zum Sitztanz-Rock auffordert sowie Lisa-Marie Müller, die die wahre Frisur von Kanzlerin Angela unter ihrer Standardperücke outete, ließen erkennen, welches Potenzial der ECV nachzieht. Und dazu zählte auch Tanzmariechen Silja Müller, die von Christin Bitterer und Laura Schneider trainiert wird, mit ihren Sprüngen, Figuren und Spagat.
Nicht weniger Hingucker boten danach die „Lady Shake?s“, die Thomas Heilig als schlagfertiger Sitzungspräsident in ihrer schmissigen Version von „Grease“ mit Punkteröcken und Pettycoat ankündigen durfte. Anna Hauck von „ETL-Aktuell“ informierte im Rückblick über den vermeintlichen Maibaum-Wipfel-Diebstahl, die neue Speisekarte bei Pierra mit „Frische Musch…“ und Brückners erste öffentliche Toilette Erlenbachs sowie über die neueste ETL-Sendereihe „Sauer sucht Frau“.
Nach schwungvoll choreografiertem Gleichklang der Prinzengarde ließen Tarzan und Jane vom Bubenballett im Urwald die Affen tanzen. Amir Essawi, Markus Greser und Kai Wiesmann, erfahrene Waschmaschinen, die trotz Weichspüler und Bleichmittel in der Trommel auch beim Schleudern nicht aus der Kurve getragen wurden, fanden in ihrem Flusensieb Kerschers Superman-Body und eine Holzfliege. Und dabei gab es für die drei Geräte reichlich Gelegenheit zum Spülen oder Waschlauge-Ablassen. Zwischendurch suchte ein Pizza-Bote den Abnehmer für drei Pizzen, die er letztendlich Bürgermeister Georgio Neubauer mit den Worten überreichte: „Ich wusste, dass sie schon immer den Mund etwas voll nehmen“.
„Die Auferstehung des Phönix“ zauberte das Jugend-Showballett in flammenden Bildern auf die Bühne und ließ das Feuer auf das Publikum überspringen. „Die Wilden“ ließen in ihrem Sketch für Kerscher die Hochzeitglocken läuten und so manche Ungereimtheit des Zeremoniells, der buckligen Verwandtschaft und vor allem der ungeliebten Braut erkennen. Ortspfarrer Matthias Wolpert machte dem Pseudo-Bräutigam angesichts der vielen Formfehler der Trauung große Hoffnung, dass dieser Eheschluss nichtig sein dürfte.
Zwischen den traditionellen Highlights der ECV-Prunksitzungen, einer Nachtschicht des Männerballetts im Krankenhaus und stolze spanische Senoritas und Toreros des Showballetts, die rasenden Applaus einfuhren, hielten „Max und Julian“ Zwiesprache mit Musikbegleitung. Mit „Schon wieder fehlt ein Haar“ oder „Du bist a armi Sau“, hielten sie Rückschau auf 2015. Gerade rechtzeitig kam man zum Finale, um dann noch einige Stunden ungezwungen weiterfeiern zu können.