Sie sind ebenso berühmt wie selten und teuer: "Lohrer Spiegel". Ein solch kostbares Prachtexemplar aus der Lohrer Spiegelmanufaktur (1704 bis 1791) bekam in dieser Woche die Stadt Lohr von der früheren Seniorchefin und ehemaligen Mitbesitzerin der Lohrer Brauerei, Petra Stumpf-Mecklinger, geschenkt.
Sie beging am vergangenen Dienstag im kleinen Kreis auf dem Buchenhof bei Steinfeld-Hausen ihren 80. Geburtstag. Aus diesem Anlass konnten der erste Bürgermeister Mario Paul und seine Stellvertreterin Christine Kohnle-Weis das Geschenk der alten Lohrer Familien Keller und Stumpf entgegennehmen.
Kauf bei einer Antiquitätenmesse
Bis zur letzten Minute war der Vorhang des Schweigens über die Spende und deren Vorgeschichte gehüllt. Auch über den Wert ließ sich die Jubilarin nicht die geringste Andeutung entlocken. Petra Stumpf-Mecklinger hatte das kostbare Stück – nur wenige Lohrer Spiegel sind erhalten, unter anderem im Lohrer Schloss – bereits vor vielen Jahren bei einer Antiquitätenmesse am Schloss Herrenhausen bei Hannover nach langer Suche entdeckt.
Nach halbstündiger Bedenkzeit habe sie den Spiegel für einen stolzen Preis gekauft. "Gell, der ist schön" und "aus einem kleinen schönen Städtchen" war der aus Lohr stammende Spiegel von dme unbekannten Verkäufer angepriesen worden.
In diesem Städtchen war die Käuferin geboren worden und aufgewachsen. "Ich habe meinen Geburtstag nie gefeiert, war auch nie da", behauptete Stumpf-Mecklinger vor der Übergabe des Spiegels in die Obhut der Stadt. An ihrem 80. Geburtstag versammelten sich nun ausnahmsweise neben der Stadtspitze und ihrer Tochter Daniela auch Vertreter alter Lohrer Familien sowie Nachbarn um sie: Bartels, Hahmann, Imgrund, Menzel und Mösslein.
Den Anstoß für diese Schenkung hatte im vergangenen Jahr eine Meldung über Straßensperrungen gegeben, in der die nach den beiden Herkunftsfamilien benannten Lohrer Straßen gleichzeitig erschienen: Alfred-Stumpf-Straße und Kellersrempel.
Als Dank an die Stadt und ihre Bürger
Es ist sicher selten, dass zwei Straßen nach den Angehörigen einer Familie benannt werden: Die Familie Keller, aus der Petra Stumpf-Mecklinger stammt, gab über 130 Jahre die "Lohrer Zeitung" heraus, die Familie Stumpf braute weit über ein Jahrhundert das "Lohrer Bier".
Beide Familien erlebten bis zum Verkauf ihrer Betriebe die Höhen und Tiefen vor, während und nach den Weltkriegen. Deshalb soll die Spende ein kleiner Dank auch an die Stadt und die Lohrer für das über Jahrzehnte entgegengebrachte Vertrauen und ihre Verbundenheit sein.
In seinen Dankesworten versicherte Lohrs erster Bürgermeister Mario Paul, für den Lohrer Spiegel werde ein Ehrenplatz gesucht und gefunden. Gemeinsam mit der Spenderin soll abgesprochen werden, ob der aus dem 18. Jahrhundert stammende Spiegel im Rathaus der Stadt oder im benachbarten Spessartmuseum aufgehängt wird.
Der Lebensweg von Petra Stumpf-MecklingerNach Feiern war Petra Stumpf-Mecklinger nicht zumute, aber nach Dankbarkeit. Die findet ihren Ausdruck in der Spende des Lohrer Spiegels an die Stadt. Erst vor einem Vierteljahr hatte die bekannte Geschäftsfrau ihren zweiten Mann verloren: Am 8. Dezember starb der ehemalige Vorstandsvorsitzende Dr. Roland Mecklinger nach dreimonatigen Krankenhausaufenthalten im Alter von 82 Jahren.Ihrer erster Mann, der Lohrer Brauereibesitzer Alfred Stumpf, starb bereits 1985 mit 56 Jahren. Um die früher so reisefreudige Petra Stumpf-Mecklinger ist es inzwischen still geworden. Viele ältere Freunde und Bekannte sind gestorben. Geblieben sind ihr Erinnerungen an Reisen und die landschaftlich schöne Umgebung des Buchenhofs. Sie fährt noch gern Ski in Österreich und will sich wieder dem Golfsport zuwenden.Vielen Lohrern ist sie als attraktive und couragierte Unternehmerin in Erinnerung. Bereits 2001 hatten sie und ihre Tochter Daniela die 1878 gegründete Lohrer Privatbrauerei Stumpf an die Würzburger Hofbräu verkauft und später den Weg für das gerade entstehende Geschäftszentrum am Rand der Altstadt frei gemacht.Als Petra Sommer am 10. März 1940 geboren, hatte das Lohrer Mädchen seine letzten Jahre am Gymnasium in Flensburg verbracht und dort vor 60 Jahren Abitur gemacht, weil ihr Vater Walter als Offizier bei der Bundesmarine angeheuert hatte. Sie studierte in Hamburg Sprachen. Den Lohrer Brauereichef Alfred Stumpf heiratete sie 1964. Vier Jahre nach seinem frühen Tod vermählte sie sich in zweiter Ehe mit dem Topmanager Dr. Roland Mecklinger, den Alfred Stumpf zu Lebzeiten in den Unternehmensbeirat der Brauerei geholt hatte.