Die FDP hat als Konsequenz aus der Neonazi-Mordserie in Deutschland eine bessere parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg gefordert. Die beiden Innenexperten Hartfrid Wolff und Ulrich Goll sprachen sich in Stuttgart dafür aus, ein eigenes Kontrollgremium im Landtag zu schaffen.
Zudem forderten sie bundesweit einheitliche Standards für die Verfassungsschutzämter – etwa für die Ausbildung von Mitarbeitern, die Aufgabenerfüllung und die Führung. Auch erwartet Wolff mehr Engagement der Polizei bei der Aufklärung des Falls Kiesewetter, die 2007 von den Rechtsterroristen ermordet wurde. Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) wird für zehn Morde verantwortlich gemacht – auch für die Ermordung der Polizistin Michele Kiesewetter 2007 in Heilbronn. Der frühere Verfassungsschutzchef in Baden-Württemberg, Johannes Schmalzl, hatte vor kurzem vor dem Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestages Ermittlungsfehler bei dem Fall eingeräumt und zugegeben, dass der Verfassungsschutz nichts von der Terrorgruppe gewusst habe. Auch die Polizei tappte bei dem Mord zunächst im Dunkeln. Lange suchten sie nach einem Phantom: Im März 2009 stellte sich dann heraus, dass eine vermutete heiße DNA-Spur von verunreinigten Wattestäbchen stammte.
Wolff, der der Innenexperte der FDP im Bundestag ist, sagte, Ermittlungen zu Kiesewetter seien hier noch lange nicht abgeschlossen. „Gerade das Umfeld von Michele Kiesewetter ist noch nicht ausermittelt. Hier erwarten wir auch, dass es deutlich stärkeres und weiteres Engagement in Baden-Württemberg gibt.“
Zum Thema Verfassungsschutz erklärten die FDP-Politiker, dass für die Kontrolle in Stuttgart bislang der Ständige Ausschuss zuständig ist. Dieser werde mindestens zwei Mal im Jahr über die Tätigkeit des Amtes unterrichtet, sagte der Innenexperte der FDP im Landtag, Goll. Das Thema Verfassungsschutz sei dort aber nur eines unter vielen. Wolff forderte, das Amt eines Bürgeranwaltes einzuführen, der etwa Beschwerden von Bürgern aufnimmt. „Es darf zwischen Bund und Ländern keine Vertuschungsabsprachen mehr geben, die rechtlich momentan noch möglich sind. Wir brauchen selbstbewusste Parlamentarier, selbstbewusste Landtage, selbstbewusste Kontrolleure.“
Wolff, der als FDP-Obmann im Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestags sitzt, mahnte abermals eine Reform auf Bundesebene an: „Der Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern und zwischen Bundesbehörden und zwischen Landesbehörden hat nicht funktioniert. Das Aktenmanagement ist gelinde ausgedrückt mehr als verbesserungsbedürftig. Wenn Deutschlands Sicherheitsbehörden wüssten, was sie wissen, wären wir deutlich besser aufgestellt.“ Die von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Betrieb genommene Neonazi-Datei sei ein erster Schritt.
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