Um Bahnfahren attraktiver zu machen, muss die Infrastruktur passen. Viele Bahnsteige, vor allem im ländlichen Raum, genügen den Anforderungen an einen modernen Bahnhaltepunkt aber nicht mehr. Meist passen die Ausstiegshöhe der Waggons und die Höhe des Bahnsteigs nicht mehr zusammen. So fällt es Menschen mit Behinderung sehr schwer einzusteigen.
Das hat auch die Bundesregierung erkannt und ein Milliarden-Programm zur Modernisierung der Bahnhöfe zusätzlich zu den Landesprogrammen aufgelegt. Anfang November kam aus dem Landtag in Stuttgart die Nachricht, dass die Bahnhöfe in Gerlchsheim, Grünsfeld und Wittighausen von dieser Modernisierung profitieren würden.
Wittighausen wird plötzlich nicht mehr genannt
Der Ausbau von Wittighausens Bahnhof war in einer Pressemitteilung des Landtagsabgeordneten Hermino Katzenstein kurz vor Weihnachten aber nicht mehr erwähnt worden. Das rief Wittighausens Bürgermeister Marcus Wessels auf den Plan, der schon lange forderte, dass der Bahnhaltepunkt in seiner Gemeinde weiter im Förderprogramm enthalten sei. Der Bahnhof sehe heute noch so aus, wie er vor rund 150 Jahren bei Eröffnung der Bahnlinie gebaut wurde.
Um auf das Gleis in Richtung Würzburg zu kommen, müsse umständlich auf wackeligen Holzbohlen über Gleis eins gelaufen werden. Wenn ein Zug in Wittighausen halte, würden Mitarbeiter der Deutschen Bahn vor den Waggons hölzerne Ausstiegshilfen aufstellen.
"Ein unhaltbarer Zustand", findet nicht nur Wessels. Die Landesregierung wolle den öffentlichen Nahverkehr auch im ländlichen Raum fördern, aber Wittighausen als kleine Gemeinde mit geringer Finanzkraft werde von diesem Fortschritt abgehängt.
Brief an Ministerpräsident Kretschmann geschrieben
Er schrieb einen Brief an alle Landtagsabgeordneten aus dem Main-Tauber-Kreis, ans Verkehrsministerium und an Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Man möge doch eine Härtefallregelung prüfen, die finanzschwache Gemeinden entlastet.
Anders als in Bayern und anderen Bundesländern muss sich eine Kommune bei der Modernisierung in Baden-Württemberg an den Ausbaukosten beteiligen. Eine solche Beteiligung würde die Gemeinde Wittighausen aber überfordern und ihren finanziellen Spielraum im Haushalt stark einschränken, argumentierte Wessels in seinem Schreiben.

Nun bekam er eine Antwort: Wittighausen sei im Modernisierungsprogramm enthalten. Katzenstein erklärte, er habe sich persönlich für den Härtefall in Wittighausen eingesetzt.
Allerdings hätten sich die Gespräche mit der Deutschen Bahn in die Länge gezogen. Schließlich bestätigte das Landesverkehrsministerium, dass eine Härtefallregelung vorgesehen sei. So werde der Anteil der Gemeinde bei einem bestimmten Betrag je Einwohner gekappt, auch wenn die Maßnahme aufwändig und damit teuer sei. Wie dies genau aussehen wird, stehe aber noch nicht fest, da noch keine Regelung mit der Deutschen Bahn unterschrieben sei.
Viele Pendler und Ausflügler nutzen den Bahnhof
Wittighausens Bürgermeister ist froh, dass die Modernisierung des Bahnhaltepunktes in seiner Gemeinde nun doch durchgeführt werden könne. Schließlich würden viele Pendler die Bahn nutzen, um zum Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu kommen: Auch Ausflüge mit dem Fahrrad hätten in den vergangenen Jahren zugenommen, stellte der Bürgermeister fest.
Wo die neuen Einstiegspunkte der Bahn in Wittighausen liegen, ob am alten oder an einem neuen Platz, sollen die Fachplaner festlegen. Eine Beteiligung an den Planungskosten will der Gemeinderat bei seiner Sitzung am 21. Januar beschließen.
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