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LKR. RHÖN-GRABFELD: Der gute Draht zum Kaminkehrer

LKR. RHÖN-GRABFELD

Der gute Draht zum Kaminkehrer

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    Kaminkehrer ohne Grenzen: Der deutsche Schornsteinfeger Wolfgang Frei (links) und sein französischer Kollege Werner Saling. Unser Archivbild entstand 2010 in Mengen (Landkreis Sigmaringen).
    Kaminkehrer ohne Grenzen: Der deutsche Schornsteinfeger Wolfgang Frei (links) und sein französischer Kollege Werner Saling. Unser Archivbild entstand 2010 in Mengen (Landkreis Sigmaringen). Foto: Foto: PAtrick Seeger/dpa

    Eine Gesetzesänderung macht's möglich: Ab Januar 2013 kann sich jeder Hausbesitzer seinen Kaminkehrer selbst aussuchen. Andererseits trägt man künftig als Eigentümer aber auch die Verantwortung dafür, dass die Kehrarbeiten pünktlich erledigt werden. Die Fachbetriebe im Landkreis sehen dieser Neuerung teils mit gemischten Gefühlen entgegen, denn sie könnten unter Umständen auch zahlreiche Kunden verlieren.

    Nach dem alten Schornsteinfegergesetz von 1969 hatte in den bundesweit 8000 Kehrbezirken bislang jeweils ein Kaminkehrermeister das Vorrecht zum Fegen der Schornsteine. Die EU-Kommission sah darin einen Verstoß gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit und leitete ein Vertragverletzungsverfahren gegen die BRD ein. Die Bundesregierung musste handeln und gab 2007 eine Gesetzesnovelle in Auftrag. Beschlossen wurde das neue Schornsteinfeger-Handwerksgesetz bereits im November 2008. Die Übergangsfrist läuft jetzt zum 31. Dezember 2012 aus.

    Die gesetzliche Neuerung zielte ursprünglich nur darauf ab, dass auch europäische Berufskollegen in deutschen Kehrbezirken nachrücken können (unser Bild). Denn im Landkreis Rhön-Grabfeld gibt es zum Beispiel zehn Kehrbezirke, die je ein Kaminkehrermeister verwaltet. Die Stellen werden von der Regierung von Unterfranken besetzt. Bislang gab es lange Wartelisten. Wenn irgendwo ein Kollege in Pension ging, rückte ein Aspirant nach. Neuerdings wird es so sein, dass auch alteingesessene Kaminkehrer sich alle sieben Jahre neu bewerben müssen. Dabei werden sie nach Punkten bewertet, erklärt Kaminkehrermeister Christian Dinkel (Bischofsheim). Im Landkreis Rhön-Grabfeld werden sich für 2015 mindestens acht Kollegen neu profilieren müssen.

    Das ist einer unter zahlreichen anderen Aspekten, mit denen sich das Schornsteinfegerhandwerk auseinandersetzen muss. Vielen ist inzwischen klar, dass man mit dem neuen Gesetz vor allem den Wettbewerb unter den heimischen Kaminkehrern anheizen wird. Für die künftig alle dreieinhalb Jahre stattfindende Feuerstättenschau (sonst alle fünf Jahre) in den Wohn-und Firmenhäusern trägt zwar weiterhin der bislang zuständige Bezirkskaminkehrermeister die Verantwortung. Für die jährlichen Kehrtermine kann jeder Hausbesitzer aber selbst einen ganz anderen Schornsteinfeger beauftragen – oder aber auch beim bisherigen Fachbetrieb bleiben.

    „Die Verantwortung dafür, dass die Feuerstätten gekehrt werden, ist auf den Bürger übergegangen“, sagt der unterfränkische Innungsobermeister Reinhold Noe (Thüngersheim) auf Anfrage der Main-Post. Der Kaminkehrer kommt also nicht mehr automatisch ins Haus, macht Noe klar. Am besten vereinbart man deshalb mündlich oder schriftlich mit dem Fachbetrieb seiner Wahl entsprechende Besuchstermine, empfiehlt er. Wann der Schornsteinfeger 2013 kommen muss, können Hausbesitzer dem letzten Feuerstättenbescheid entnehmen.

    Im Ernstfall Ersatzvornahme

    Auch der neu beauftragte Kaminkehrer muss nach den Kehrterminen ein Formblatt ausfüllen. Der Hausbesitzer trägt aber Sorge dafür, dass dieser Rechenschaftsbericht dem bisherigen Bezirkskaminkehrermeister zugeleitet wird. Hat dieser 14 Tage später keine Rückmeldung über die Kehrtermine erhalten, muss er handeln. Entweder er setzt sich mit dem Kunden selbst nochmals in Verbindung oder leitet dessen Adresse ans Landratsamt weiter, erklärt der unterfränkische Innungsobermeister. Von der Behörde wird der Kunde angehört. Wenn alles nichts fruchtet, leitet man die „Ersatzvornahme“ ein: Dann kommt der frühere Schornsteinfeger ins Haus. Die Rechnung kommt aber von der Behörde.

    Noe sieht die neuen Gesetzesgrundlagen relativ entspannt: „Ich habe noch keinen einzigen Vertrag gemacht“, sagt er. Er lässt sich seine Besuche aber im Arbeitsbuch bestätigen. Schließlich geht er seit 18 Jahren bei den Kunden ein und aus. Da kennt man sich, das schafft Vertrauen, sagt der Thüngersheimer.

    Bezirkskaminkehrermeister Ottmar Breunig (Mittelstreu) hat an die von ihm betreuten 2500 Haushalte mit dem Feuerstättenbescheid eine Infopost verschickt. Etwa 50 Prozent der Leute gaben ihm eine Rückmeldung. Manche wissen vielleicht nicht, worum es geht, sagt er und befürchtet gar, dass ein kleiner Prozentsatz der Kunden abwandern könnte.

    Im Kehrbezirk des Technischen Innungswarts Dinkel hat sich ebenfalls herauskristallisiert, dass 90 Prozent der 2300 Kunden bei seiner Firma bleiben. Auch er informierte die Kunden per Brief über die gesetzlichen Neuerungen. „Das Schlimme ist nur, die Leute lesen es nicht.“

    „Die meisten bleiben bei uns“, weiß sein Kollege Ernst Richter (Bad Neustadt) zu berichten. Die Botschaft an seine 2000 Kunden war einfach: „Wir kommen automatisch zu Ihnen. Sie müssen es nur sagen, wenn Sie das nicht mehr wollen.“ Den Wirbel ums Kehren hält der 60-jährige einstige Innungsobermeister für „Quatsch“. In seinen Augen bedeutet es „mehr Papier, mehr Arbeit, mehr Kosten.“ Billiger wird es für den Kunden nicht, sagt Richter. Denn wenn ein fremder Schornsteinfeger für einen einzigen Kunden lange Wege zurücklegen muss, wird er das in Rechnung stellen.

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