Verzückt und sprachlos begeistert zeigte sich Malve Gräfin Rothkirch ob der gelungenen musikalischen Überraschung anlässlich ihres 90. Geburtstages, den sie am vergangenen Wochenende im Kreise ihrer großen Familie im Schloss in Neustädtles feierte. Die Gräfin erwartete nämlich am Vorabend ihres Ehrentages, den sie am Sonntag begehen durfte, ein ganz besonderes Konzert in der Kirche.
Auf der Suche nach einem passenden Geschenk war ihre Familie zusammen mit dem Vorstand des Orgelbaumuseums Ostheim, für das sich Malve Gräfin Rothkirch in der Gründungs- und Aufbauphase stark engagiert hatte, auf die Idee gekommen, zwei der Jubilarin nahestehende Musiker in einem Konzert zusammenzubringen. Zum einen Roland Götz, Orgelvirtuose und Spezialist für historische Tasteninstrumente aus Augsburg, zum anderen symbolisch Jürgen-Peter Schindler, dessen historisches Orgelpositiv von 1646 die Klangwelten aus der Renaissance-Zeit in die evangelische Kirche von Neustädtles zaubern sollte.
Wie Jörg Schindler-Schwabedissen, der Leiter des Orgelbaumuseums, berichtet, war es „ein Fest und eine Ehre“ für Roland Götz, wie er in seiner charmanten Moderation während des Konzerts am Samstagabend ausführte, nach Neustädtles zu kommen und auf einer aus dem Orgelbaumuseum Ostheim nach Neustädtles gebrachten Orgelrarität für die Gräfin zu spielen. Schwierig sei es jedoch gewesen, geeignete neue Stücke für das Konzert zu finden, da im Hause Rothkirch sämtliche von ihm eingespielten Aufnahmen bereits bekannt seien, merkte er an.
Unter dem Motto „Schwäbisches für die Gräfin“ erklangen dann von Roland Götz selbst aus Handschriften und Orgeltabulaturen übertragene, jahrhundertelang nicht aufgeführte Orgelwerke unbekannter Meister wie Christian Erbach, Johann Speth oder Jakob Paix. „Der lebendige, charaktervolle Klang der sechsregistrigen, von zwei handgezogenen Bälgen mit Wind versorgten Kleinorgel nahm die Konzertbesucher gefangen und versetzte sie in eine andere Zeit“, so Schindler-Schwabedissen. Begeisterter Applaus endete in einer virtuos gespielten, den Klang von Dudelsäcken nachahmenden Zugabe, der, wie für diese Instrumente typisch, schließlich die Luft ausging.
Zur Freude der Neustädtleser Gemeinde und der Jubilarin erklang das Instrument auch am Sonntag im von Pfarrer Günter Eckert gehaltenen Gottesdienst durch die Hände von Roland Götz zum Gemeindegesang.
Malve Gräfin Rothkirch verbrachte den Sonntag im Kreise ihrer Familie und nahm zahlreiche Glückwünsche zum 90. Geburtstag entgegen. Die Jubilarin erblickte 1922 in Potsdam das Licht der Welt. 1944 heiratete sie Karl Christoph Graf Rothkirch Freiherr von Trach. Das Paar bekam fünf Kinder, die Gräfin freut sich mittlerweile über 14 Enkelkinder und einen Urenkel – ein weiterer ist unterwegs.
Als jungverheiratetes Paar hatten die Rothkirchs in der Kriegszeit ihre Heimat verlassen und waren zu Verwandten nach Ostwestfalen gezogen. Später ließ sich die junge Familie in Berlin nieder. In dieser Zeit verfasste die Gräfin drei Bücher – über Königin Luise von Preußen, König Friedrich Wilhelm IV. sowie Briefe und Auszeichnungen von 1786-1810. Außerdem schrieb sie eine Abhandlung über Neustädtles, wo sie 1991 mit ihrem Mann heimisch wurde. Karl Christoph Graf Rothkirch-Trach starb im Jahr 2006. Malve Gräfin Rothkirch ist stark im Glauben verwurzelt, der ihr auch in schweren Zeiten immer wieder Kraft gegeben hat. Ihre Vorbilder sind der heilige Franziskus und Frere Roger aus Taizé.