Bad Neustadt (new) Großes Aufsehen hatte im vergangenen Juni der Vorfall erregt, bei dem eine Gruppe gewaltbereiter junger Russlanddeutscher zunächst auf dem Volksfest in eine Schlägerei mit sechs Amerikanern verwickelt und anschließend zur Polizeiinspektion Bad Neustadt gezogen war.
Man wollte die Freilassung von zwei jungen Männern erreichen, die zur Feststellung der Personalien mitgenommen worden waren. Dabei kam es zu Ausschreitungen, die nun in Teilbereichen vor dem Jugendschöffengericht verhandelt wurden.
Ursprünglich saßen drei junge Leute auf der Anklagebank. Nachdem einer von ihnen gleich zu Beginn den Einwand vorbrachte, er benötige einen Dolmetscher, und auch nicht zu irgendwelchen Angaben bereit war, wurde das Verfahren gegen ihn abgetrennt.
Der jungen Frau, zum Tatzeitpunkt Heranwachsende, und dem mit ihr befreundeten jungen Mann wurden Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchte Gefangenenbefreiung zur Last gelegt, dem jungen Mann zusätzlich Beleidigung in mehreren Fällen.
Der Einsatzleiter der Polizei schilderte zunächst die gesamten turbulenten Abläufe jener Nacht aus seiner Perspektive. Zunächst sei die Verständigung mit der stark alkoholisierten, über 20-köpfigen Gruppe nur über die Sprechanlage erfolgt. Dabei hätte die Polizei zu verstehen gegeben: "Holt uns die Ausweispapiere, dann kommen die beiden frei." Nach einem versehentlichen Öffnen der Tür konnten die jungen Leute zunächst wieder zurückgedrängt werden. Dem Platzverweis hingegen leisteten sie keine Folge.
Tritte gegen die Tür waren drinnen zu hören, über Monitor beobachteten die Beamten das Geschehen draußen. Dabei nahm einer der Polizisten die Angeklagte als Tretende wahr.
Ein Anruf aus der Nachbarschaft, die randalierende Gruppe habe das Polizeischild abgerissen, führte zum Entschluss der Beamten, nun doch draußen einzugreifen. Mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Polizeihund stürzte man sich ins "Tohuwabohu". Als der Rädelsführer auf den Polizeihund losging, überwältigte ihn der Hund, es gelang den Beamten, diesen Mann festzunehmen.
Danach tat sich der nun Angeklagte durch vielfältige Beleidigungen wie "Arschgesicht" oder "Ich mach dich platt" gegen mehrere Polizisten hervor - vor Gericht räumte er lediglich das Wort Idioten ein. In der gewaltbereiten Menge hatten seine Äußerungen aufwieglerischen Charakter.
Als der Einsatzleiter ihn gegriffen hatte, packte auch die Freundin zu, nach eigenen Aussagen, um ihren Freund zurückzuziehen, nach Zeugenwahrnehmungen, um den Beamten zu hindern. Bei ihrer Aktion wurde sie vom Polizeihund in den Unterarm gebissen, in der Folge wurde sie in der Polizeiinspektion versorgt.
Währenddessen fing ihr Freund draußen an zu toben und leistete erbitterten Widerstand gegen die Festnahme, er krallte sich mit den Füßen an den Treppen fest und konnte nur ohne Schuhe weitertransportiert werden.
Insgesamt sieben Beamte wurden als Zeugen vernommen, deren Erinnerungen ein eindeutiges Bild ergaben. In ihrem Schlusswort entschuldigten sich die beiden Angeklagten für ihr Verhalten und stuften es selber als Fehler ein.
Dem Aspekt der versuchten Gefangenenbefreiung, den die Staatsanwältin in ihr Plädoyer mit einbezogen hatte, schloss sich das Gericht nicht an, da es dem Angeklagten wohl darum gegangen sei, die Polizeibeamten zu "beschwatzen", die Motivation der Angeklagten sei vorrangig gewesen, ihren Freund nach Hause zu holen.
So sprach das Gericht den jungen Mann schuldig des Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und der Beleidigung und erlegte ihm dafür nach dem Ewachsenenstrafrecht eine sechsmonatige Haft auf, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Berücksichtigt wurde dabei vor allem das bisher völlig unauffällige Leben des jungen Mannes. Die Staatsanwältin hatte sieben Monate "mit" und 40 Arbeitsstunden gefordert.
Lediglich Zuchtmittel hielt der Vertreter der Jugendgerichtshilfe für die in erfolgreicher Ausbildung stehende junge Frau für angebracht, obwohl sie schon zweimal anderweitig in Erscheinung getreten war. Für ihr Vergehen, das als jugendtypisches Verhalten eingestuft wurde, hat sie nach dem Jugendstrafrecht zwei Freizeitarreste zu verbüßen und eine Arbeitsauflage von 15 Stunden zu erfüllen. Die Staatsanwältin hatte eine Woche Dauerarrest und 20 Arbeitsstunden für angemessen gehalten.