Im Shakehandsclub, einer kleinen Tischtennishalle im ehemaligen Schlecker-Markt in der Martin-Reinhard-Straße, herrscht reger Tischtennis-Trainingsbetrieb. Cornel Borsos, der Verbandstrainer des BTTV, ist zum Verbands-Stützpunkttraining hier, übt und spielt mit den Jugendlichen Valentina Tempcke, Koharu und Kazuto Itagaki. Deren Vater, der Headcoach des Bundesligisten TSV, ist zur selben Zeit schon in der Post-SV-Halle in Mühlhausen, wo seine Mannschaft am kommenden Abend ihr Bundesligaspiel 3:2 gewinnen wird. Normalerweise wäre er jetzt im Shakehandsclub beim Tischtennis-Training.
Zwischen Santiago de Chile und Bad Königshofen
Erwin Manquebillan (48) und sein Sohn Gabriel (14) haben ihre Sportsachen schon zusammengepackt, erklären unserem Sport-Mitarbeiter, woher sie kommen und was sie in der letzten Zeit hier in Bad Königshofen gemacht haben. Am nächsten Tag geht es in umgekehrter Richtung wie vor genau zwei Monaten nach Schweinfurt, mit dem Zug nach Frankfurt und mit dem Flugzeug nach Santiago de Chile. Und von da mit dem Zug und dem Auto nach Valdivia in der Region Los Rios. Genau zwei Monate weilte Erwin mit seinem Sohn Gabriel, der noch zwei ältere Brüder und eine jüngere Schwester hat, in Bad Königshofen.

Erwin hat schon den Anorak an, Gabriel noch seine dünne Trainingsjacke, auf welcher der Sticker "Comité Olimpica de Chile" aufgenäht ist. Nach den letzten Turnieren in seinem Heimatland wird er als Nummer 4 in der Altersklasse U15 geführt. Über das Ziel, was er wirklich einmal anstrebt, wollen Vater und Sohn in aller Bescheidenheit keine klare Auskunft geben, nur allgemein "Erfahrung sammeln und sein Können auf ein höheres Niveau bringen." So jedenfalls übersetzt der Bufdi (Bundesfreiwilligendienstler) des TSV Daniel Tihi, ein gebürtiger Rumäne, die Antworten der Chilenen in dem Gespräch von Spanisch auf Deutsch. Daniel lebte sieben Jahre in Spanien und nun schon sechs in Deutschland.
Ein Freund in Leipzig hatte den Tipp
Erwin Manquebillan ist von Beruf Bibliothekar, ein Hobby-Tischtennisspieler, der seinem Sohn den Weg zu einer Tischtennis-Karriere ebnen will. "Ich musste einfach mal raus", begründet er die Riesen-Investition von seiner Seite aus. Von Bad Königshofen und dem Shakehandsclub erfahren hat er von seinem Freund Juan Carlos Prante, der in Leipzig lebt und selbst schon bei Itagaki trainierte. So wie schon viele Sportler z.B. aus Japan, Ägypten, Südamerika, aber auch Deutschland und europäischen Ländern. Ursprünglich "Tischtennis mit Videos online lernen" ist das Konzept von Shakehands Japan, das in Kooperation mit dem Bad Königshöfer Club in Europa auf Deutsch ausgerollt wurde. Die Lernvideos werden teils in Japan, teils in Bad Königshofen gedreht. Das Motto lautet "Tischtennis lernen und verbessern in seriösem Umfeld", für Sportler verschiedener Qualitätsstufen, aber auch Firmen, Lehrgänge, Senioren und Urlauber. Ein Angebot, das sicherlich noch ausbaufähig ist.
Lob für Professionalität
Erwin und Gabriel zeigen sich überwältigt von den Eindrücken, was den sportlichen Aspekt ihrer Weltreise betrifft. "Es läuft alles professionell ab, von den Rahmenbedingungen und den Trainingsmethoden her. Gabriel hatte einen Weltklasse-Trainer, der jede Bewegung und Übung überwacht, und verschiedene qualifizierte Trainingspartner": von den besten Königshöfer Jugendlichen, einem hochbegabten ukrainischen Jungen bis hin zu den Bundesliga-Profis. Mit denen den einen oder anderen Satz spielen zu dürfen, musste Motivation pur sein. Täglich wurden eine, oft sogar zwei Einheiten trainiert. Natürlich haben die zwei Chilenen jedes TTBL-Heimspiel des TSV und sogar das Auswärtsspiel in Fulda live vor Ort miterlebt.
Ihre Augen glänzen, als das Gespräch auf die Eindrücke von Bad Königshofen kommt. Gewohnt haben sie im Hotel "Café Heintz", kaum 50 Meter von der Trainingsstätte entfernt. Und den winterlich und weihnachtlich herausgeputzten Marktplatz vor dem Fenster, ebenso den Weihnachtsmarkt und den Donnerstags-Winterzauber im Advent. "Winter hier in Deutschland, besonders bei den Minusgraden bis kurz vor Weihnachten, und der in ihrer Region Los Rios in Chile sind absolut zwei Paar Stiefel. Feliz Navidad, Weihnachten, gibt es bei uns zuhause zwar auch, aber nicht so festlich und schön wie hier. Dafür ist es auch nicht so kalt", sind sich die beiden einig und schütteln sich dabei."
Als Vater Erwin für "sehr wahrscheinlich" hält, "dass wir bestimmt noch einmal nach Bad Königshofen kommen", glänzen Gabriels Augen, als habe er soeben sein Lieblings-Weihnachtsgeschenk ausgepackt.