Obwohl in Unterfranken derzeit 5696 Asylsuchende in 562 dezentralen Unterkünften leben, stehen dort Zimmer leer. Die Miete dafür muss der Freistaat Bayern trotzdem zahlen. Seit Mitte 2016 kommen weniger Flüchtlinge nach Bayern. Waren es zur Hoch-Zeit von 1. Juli bis 31. Dezember 2015 noch 16 521 Menschen, die nach ihrer Ankunft in Deutschland in die Erstunterbringung in Unterfranken gekommen sind, ist die Zahl für das gesamte Jahr 2016 auf 3392 gesunken. Deshalb lässt die Regierung jetzt die Mietverträge für dezentrale Unterkünfte auslaufen. Die Asylsuchenden, die noch dort wohnen, müssen nun in die 45 unterfränkischen Gemeinschaftsunterkünfte umziehen.
Aktuelle Zahlen
Die einzige Erstunterbringung in Unterfranken ist in Schweinfurt. Sie hat derzeit eine Belegungsquote von knapp 37 Prozent. „Die Aufnahmeeinrichtung hat eigentlich 1460 Plätze, davon sind 535 belegt“, sagt Johannes Hardenacke, Regierungssprecher von Unterfranken. Im April kamen 162 Menschen in die Erstunterbringung, im Mai 226 und im Juni bisher 48. Nach derzeitiger Rechtslage müssen Asylsuchende sechs Monate in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen. Danach kommen sie in eine „Anschlussunterbringung“, welche sich in der Regel ebenfalls in Unterfranken befindet.
Dabei konnten die Asylsuchenden bisher auch einer „dezentralen Unterkunft“ wie einem Hotel, einer Jugendherberge oder einem Wohnhaus zugeordnet werden, die die Landratsämter verwalten.
Bayernweite Umsteuerung
Seit April 2016 gilt bayernweit die „Umsteuerung“: Asylbewerber sollen in größeren Einheiten untergebracht werden, die in der Zuständigkeit der Regierung liegen. So werden die dezentralen Unterkünfte abgebaut. Allein im April betraf das in Unterfranken 23 Einrichtungen. Seit Mitte vergangenen Jahres wurden rund 150 Unterkünfte geschlossen, die Mietverträge laufen aus.
Neu angekommene Asylbewerber werden nach der Erstunterbringung direkt in Gemeinschaftsunterkünfte gebracht. 2017 waren es bis Ende April noch 595 Personen. „Es ziehen viele aus, die anerkannt werden und eine Privatwohnung finden“, sagt Hardenacke. Deshalb seien die Zahlen rückläufig. Im Schnitt kamen 300 Menschen weniger pro Monat als noch vor zwei Jahren in die Anschlussunterkünfte. Im Landkreis Kitzingen wurde bereits die Zahl der dezentralen Unterkünfte auf 27 reduziert. Im Frühjahr 2016 waren es noch 48. Nach Aussage von Corinna Petzold, Sprecherin des Landratsamts, sollen ab Herbst im Schnitt bei vier Unterkünften im Monat die Mietverträge auslaufen.
Die Aktion werde wohl bis zum Frühjahr 2019 dauern. Eine Erleichterung der Situation für die Landratsämter werde es erst nach der „Umsteuerung“ geben.
Jugendherberge bereits wieder in Betrieb
Im Landkreis Main-Spessart wurden ebenfalls Unterkünfte geschlossen. Die Jugendherberge in Lohr mit 90 Plätzen etwa, die zum November 2015 vom Landkreis für die Unterbringung von Flüchtlingen angemietet worden war, hat am 1. Juni wieder ihren normalen Betrieb aufgenommen. Noch gibt es für bis zu 740 Personen 47 dezentrale Unterkünfte im Landkreis. Und die Zahl wird weiter sinken. Gemeinschaftsunterkünfte werden dagegen laut Hardenacke erhalten, weil diese mit einer Quote von 80 Prozent adäquat belegt seien.
Hilfe bei der Wohnungssuche
Von den 9226 Personen in unterfränkischen Gemeinschaftsunterkünften und dezentralen Unterkünften sind bereits fast 3700 anerkannt. „Die könnten alle ausziehen, die müssten alle ausziehen“, so Hardenacke. Er versichert: Niemand werde auf die Straße gesetzt. Es liege in der Grundverantwortung der Asylbewerber selbst, sich um einen Wohnraum zu bemühen. Ehrenamtliche Wohnungsbörsen wie das Projekt „Wohn-Integrations-Patenschaft“ in Schweinfurt helfen dabei. Bis Ende April konnten so etwa 130 anerkannte Flüchtlinge in 35 Wohnungen untergebracht werden.
Unterstützung von staatlicher Seite
Wohnungspakt Bayern
Seit 2015 soll durch den Bau von Wohnungen oder dessen Förderung bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden – auch für anerkannte Flüchtlinge. Das Wohnprogramm steht auf verschiedenen Säulen. Entweder baut der Staat selbst, oder er gibt Gemeinden und Kommunen sowie private Investoren für den Bau von Wohnraum einen Förderzuschuss. Ein staatliches Eigenbauprojekt steht in Karlstadt. Die Regierung bewirtschaftet dort ein Gebäude mit 22 Wohnungen á 45 Quadratmeter, in dem 67 anerkannte Flüchtlinge wohnen.
Konzept gegen Leerstand
Wer Leerstand zu Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge umbaut, erhält ebenfalls Mittel – diesmal aus der Städtebauförderung. Beispiel dafür ist das Kürnacher Dorfhäuschen (Lkr. Würzburg), das gerade bezogen wurde. Der Umbau wird bis zu 90 Prozent bezuschusst. Zwingend ist, dass die Wohnungen für sieben Jahre an Asylbewerber vermietet werden. In Iphofen/Hellmitzheim (Lkr. Kitzingen), Röttingen (Lkr. Würzburg), Schweinfurt und Eußenheim/Bühler (Lkr. Main-Spessart) wurden ebenfalls Objekte mit dieser Förderung saniert und vermietet. bau
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