Was man in der Produktion „Verrücktes Blut“ (Schauspiel von Nurkan Erpulat und Jens Hillje) des Euro-Studio Landgraf nach der Berliner Erfolgsinszenierung zu erwarten hat, bringt Andreas Rossmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf den Punkt: „Verrücktes Blut ist das Stück der Stunde; ein Spiel, das mit sozialem Sprengstoff jongliert“, und Wolfgang Höbel beschreibt im Spiegel die „Amok-Komödie vom Zusammenprall der Kulturen“ als ein „well-made play voller überraschender Wendungen und greller Scherze. Hier wird Theater einmal als aktuelle politische Kunstform begriffen, als Abfolge von Befreiungsschlägen, die den Zuschauer zum Lachen bringen und ihm doch das eigene Denken nicht abnehmen wollen.“
Im Theater der Stadt ist das Stück jeweils um 19.30 Uhr am Mittwoch, 6. März (Schauspielmiete BLAU und Freier Verkauf), und am Donnerstag, 7. März (ROT und Freier Verkauf), zu sehen.
Was hat das Theater zum Thema Integration zu sagen? Über die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund wurde in den letzten Monaten kontrovers diskutiert. Eine innovative, radikal freche und wahrhaftige Antwort hat Nurkan Erpulat mit „Verrücktes Blut“ auf die Bühne gebracht, das im Rahmen der Ruhrtriennale 2010 als Koproduktion mit dem Ballhaus Naunynstraße Berlin, einem freien Theater in Kreuzberg, uraufgeführt wurde und der Überraschungserfolg des diesjährigen Berliner Theatertreffens und der Mülheimer Theatertage war.
Das Stück entwickelte der türkischstämmige Autor und Regisseur gemeinsam mit dem ehemaligen Schaubühnen-Chefdramaturg Jens Hillje nach dem französischen Film „La journée de la jupe“. Nurkan Erpulat verlegt die Migrationsdebatte ins Klassenzimmer mit türkischen und arabischen Jugendlichen. Eine Lehrerin versucht, ihnen das abendländische Theater mit der Lektüre von Friedrich Schillers „Räubern“ nahezubringen. Aber alle üblichen pädagogischen Mittel schlagen fehl. Einer wilden Meute gleich boykottieren die Schüler ihren Unterricht mit aggressiven, sexistischen Sprüchen. Als zufällig einem von ihnen eine Pistole aus der Tasche fällt, ergreift die Lehrerin die Chance und zwingt sie mit vorgehaltener Waffe, Schiller zu rezitieren und so dessen idealistische Vorstellungen vom Theater endlich zu begreifen: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Was sich dann zwischen ihr, der terroristischen Pädagogin, und ihren zitternden Geiseln ereignet, ist hochspannend, voller Erotik, schockierend und komisch zugleich. In der Regie von Tina Geißinger spielt mit Karolina Thorwarth, Taneshia Abt, Sarah Hiruth Zewde, Marios Gavrilis, Moses Leo, Daniele Veterale, Serkan Durmus, Florian Lüdtke ein engagiertes junges Ensemble.