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SCHWEINFURT: Das kleine Wunder - Theodor-Fischer-Preis

SCHWEINFURT

Das kleine Wunder - Theodor-Fischer-Preis

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    Angelika Boldt, Vorsitzende des Architekten-und Ingenieurvereins (AIV) hatte die Feier in der Kunsthalle minutiös geplant: erst nach Musik, Grußworten und 25 Minuten am Buffet lüftete sie das bis dahin gehütete Geheimnis: Der Theodor-Fischer-Preis 2010 geht an Manuel Schwefer vom Büro Mainarchitekten und Bauherrin Christine Wessing für Umbau und Sanierung ihres Wohnhauses in der Rhönstraße. Die Entscheidung der Jury überraschte einige, denn unter den insgesamt elf eingereichten Projekten waren viele größere und für die Stadtstruktur wohl auch bedeutendere.

    Juryvorsitzender Gerhard Grellmann nannte einige, die er respektabel fand: das Jugendgästehaus der Stadt, den Umbau der Eingangshalle im Leopoldina-Krankenhaus, das Wohnheim der Lebenshilfe in der Herdgasse, die neue Touristinfo im Alten Rathaus und die Sanierung des Baudenkmals Rückertstraße 28. Trotzdem überzeugte das Haus der Familie Wessing in der Rhönstraße die gesamte Jury, der auch der Preisträger von 2007, der Berliner Architekt Jose Marquez, angehörte.

    Von außen ist der Urzustand des Hauses aus dem Jahr 1952 nicht mehr zu erkennen. Innen wurde vieles, an dem die Familie hing, sorgfältig erhalten (Parkettboden, Türrahmungen, Kachelöfen, Treppengeländer) und trotzdem mit wenigen Eingriffen neue Raumfolgen für die junge Familie geschaffen. Diese Annäherung an die alte Bausubstanz und ihre Verwandlung in ein zeitgemäßes, energetisch optimiertes Haus nannte Grellmann ein „kleines Wunder“. Die Jury habe die Frage „kann man ein Haus so verändern“ eindeutig mit Ja beantwortet.

    Die Freude bei den beiden Preisträgern war groß. Das besondere: Bauherrin Christine Wessing ist auch Architektin und hat das Projekt zusammen mit Manuel Schwefer geplant. Bekanntlich ist der Theodor-Fischer-Preis des AIV nicht dotiert. Neben der Ehre, ein vorbildliches Objekt geschaffen zu haben, bekommen die Preisträger eine Stele aus Marmor.

    Hausherr Erich Schneider überraschte mit einer interessanten Verbindung: Roderich Fick sah in Theodor Fischer einen wichtigen Mentor, den er auch beim Bau des Ernst-Sachs-Bades um Rat fragte. Die Arkaden der heutigen Kunsthalle sind ein Zitat an Fischers Kunstgebäude in Stuttgart von 1913. Dass Fischer in Schweinfurt geboren wurde (1862), dass er in München und Stuttgart stadtbildprägend gebaut und geplant hat, ist auch in seiner Geburtsstadt bekannt, seit der AIV den nach ihm benannten Preis vergibt – dieses Jahr zum vierten Mal. Er habe aber immer wieder auch Niederlagen hinnehmen müssen, sagte Schneider. Unter anderem wurden Fischers Pläne für den Bahnhof in Stuttgart nicht verwirklicht. Auch das ein interessanter Hinweis angesichts der aktuellen Auseinandersetzungen um das Bauwerk.

    Im zweiten Teil der Veranstaltung feierte der AIV seinen 60. Geburtstag. Unter den Gästen war Fritz Glöckle, der mit dabei war, als der Verein am 8. Juni 1950 in der Weinstube Kohl gegründet wurde. Ein paar Jahre später kam Helmut Irblich zum AIV – in einer Zeit, als die Jungen gegen die Älteren kämpfen mussten, wie er freimütig erzählte. Hintergrund der Auseinandersetzungen sei die gängige Praxis der Architekten gewesen, alle Pflichten und Verantwortlichkeiten am Bau auf die Handwerker abzuwälzen. Er selbst und die anderen jungen Kollegen hätten sich für die Handwerker eingesetzt, bis der Gesetzgeber das Problem gelöst hat.

    Angelika Boldt erinnerte an das Jubiläum zum 50-jährigen Bestehen, bei dem der AIV zum ersten Mal in Schweinfurt Flagge gezeigt hätte – unter anderem mit einem Pavillon auf dem Marktplatz. Allerdings scheinen die Architekten auch heute noch nicht ganz zufrieden mit ihrer Außenwirkung – das wurde bei dieser Veranstaltung deutlich. Angelika Boldt ließ keinen Zweifel daran, dass sie sich in ihrer Zeit als Vorsitzende sehr engagieren wird, um die Öffentlichkeit über die wichtige Arbeit der Architekten und über die Kultur des Bauens zu informieren. Die Verantwortlichen der Kunsthalle hätten ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit bereits signalisiert, von der Stadt erhofft sie sich Unterstützung bei der Realisierung eines Architekturführers nächstes Jahr.

    Von Boldts Engagement kann Oberbürgermeister Sebastian Remelé offensichtlich schon ein Lied singen. Kein anderer Verein habe es geschafft, ihn so intensiv in Beschlag zu nehmen wie der AIV. Die Bedeutung der Architektur für eine Stadt und ihre Menschen ist dem OB sehr bewusst. Schweinfurt sei nicht mehr länger die graue Maus am Main – dieses Lob können sich die Architekten ans Revers hängen.

    Die Plakate mit Fotos und Infos zu allen eingereichten Projekten hängen am 2. und 3. Oktober im Foyer der Kunsthalle.

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