Darf ein altes Wohnstallhaus im Sinne einer wirtschaftlichen Weiterentwicklung auf dem Grundstück abgerissen werden oder rangiert der Ensembleschutz höher? Diese Frage musste der Stadtrat konkret für das alte Wohnstallhaus an der Grabenstraße 39 abwägen. Am Ende der Diskussion stimmte der Rat einmütig für den Abbruch des Anwesens mit seiner Fachwerk-Giebelseite.
Stehen lassen ist nicht wirtschaftlich
Weder Stadtbauamt noch Architekt noch Bauwerber haben es sich leicht gemacht mit dem Haus, erklärte Stadtbaumeister Jens Pauluhn eingangs. Man sei an den Start gegangen mit der Absicht, das Gebäude aus der Barockzeit zu erhalten. Für die angestrebte Nutzung würden aber Mehrkosten von etwa 30 Prozent entstehen, wenn der Bau erhalten bliebe.
Neubau wird 2,50 Meter höher
Laut Bauantrag soll das Wohnhaus aus dem Jahr 1970 auf dem hinteren Teil des Grundstücks stehen bleiben. Auf zwei Etagen soll dann Wohnraum entstehen, der Alt- und Neubau übergreift. In Teilbereichen des Ober- und Dachgeschosses sind Praxis- oder Büroräume geplant. Der Neubau wird 2,50 Meter höher als das alte Haus.
Dem Landesamt für Denkmalpflege, das das Haus gerne erhalten hätte, will man entgegenkommen, indem Dachneigung und Eingang des Neubaus bleiben wie vorher.
Für das bauliche Unterfangen fehlt eine Nachbarunterschrift, die baurechtlich zwar nicht mehr notwendig, aber dem Stadtbauamt immer noch wichtig ist.
Konsequenz Leerstand
Die Absichtserklärung des Landesamts, das Haus erhalten zu wollen, liegt schon ein Jahr zurück. Ob sich hier etwas verändert habe, wollte Christian Ach wissen. Dem Amt sei dargelegt worden, dass dem Eigentümer die Erhaltung des Hauses nicht zugemutet werden kann, berichtete Jens Pauluhn. Außerdem drohe als Konsequenz ein Leerstand.
Heinz Lorz betonte zwar, dass er nicht gegen den Abriss sei, machte aber auf den Nachbarn aufmerksam, auf dessen Grundstück sich vielleicht in den nächsten Jahren ebenfalls etwas tun könnte.
Das sah dritter Bürgermeister Markus Reuß anders. Der Bauherr halte sich an alle Vorgaben, da sei eine Nachbarunterschrift nicht so wichtig. Dass sie fehlt, sei wohl eher auf nachbarschaftliche Differenzen zurückzuführen.
„Wir wollen, dass die Innenstadt belebt wird, da wird sich auch mal etwas verändern“, zeigte Thomas Vizl Verständnis für den Bauantrag. Auf der anderen Seite habe die Stadt eine strenge Verordnung zum Ensembleschutz. Deswegen dürfe der diskutierte Fall keine Eigenentwicklung annehmen. Sonst stehe bald der nächste vor der Tür, der ein markantes Fachwerkhaus abreißen will.
Abriss kan Ensemble auch verbessern
Die von Vizl dargelegte Gefahr wollte Arnulf Koch nicht sehen. Jeder Bauantrag sei eine Einzelfallentscheidung.
Überlegtes Handeln ist auch für Bürgermeister Thorsten Wozniak wichtig. Durch den Abriss eines Hauses könne ein Ensemble auch verbessert werden.
Wozniak wies dabei auf Beispiele in der Schuhstraße hin.