(ers) Seit zehn Jahren gibt es das „Theater an der Disharmonie“. Der Mann, dessen Name damit untrennbar verbunden ist, ist Bernd Lemmerich, der demnächst 70 Jahre alt wird. Schon in der Schulzeit hatte ihn der Theatervirus befallen, als Lehrer am Celtis-Gymnasium hat er seit den frühen 1970er Jahren Theaterarbeit gemacht. Günther Fuhrmann, der erste Leiter des Schweinfurter Theaters, gestattete ihm und den Schülern regelmäßig Einblicke hinter die Kulissen, ließ den Theaterfanatiker Lemmerich Proben und unzählige Aufführungen besuchen, holte die Schüler auf die Bühne.
„Schule ist kein Glashaus, das unter dem Ausschluss des Lebens stattfindet. Die jungen Menschen müssen etwas riskieren, sich der Kritik stellen“, sagt Lemmerich. Theaterspielen bot die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Gemeinsam ließen sie ein Stück entstehen, erlebten im Team, wozu sie fähig waren. Da gab es den See in der Aula bei „Wie es euch gefällt“ oder Taboris damals brandaktuelles „Jubiläum“ zu 50 Jahren Machtergreifung Hitlers. Christa Wolfs „Kassandra“ war das erste Stück, das Lemmerich 2001 in der Disharmonie herausbrachte.
Im Dezember ging Agatha Christies Krimi „A murder is announced“ über die Bühne. Die Liste von Lemmerichs Plänen ist lang, „Antigone“ steht an, Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ ist in Vorbereitung. Und mit einem Großprojekt denkt er bis ins Jahr 2015 voraus. So kommt Bernd Lemmerich gar nicht dazu, die beiden Jubiläen groß zu feiern. Im Übrigen mag er Rummel um seine Person gar nicht. Lieber tut er das, was ihm am Herzen liegt: Er legt aus Anlass des runden Geburtstags erfolgreiche Produktionen neu auf und geht mit Heine-Texten selbst auf die Bühne.
Die Besetzungen wechseln ständig. Einzig Christine Hadulla und Peter Hub übernehmen seit vielen Jahren tragende Rollen. Neue Gesichter tauchen auf und verlassen die Truppe wieder. Für viele aber wird das Theater eine wichtige Lebensstation. Bernd Lemmerich erarbeitet die Stoffe, führt Regie, transportiert auch mal Kulissen, beruhigt und tröstet, wenn das Lampenfieber zuschlägt. Und er gerät in Rage, wenn in der Generalprobe zum fünften Mal der Auftritt nicht klappt. „Theater muss sein“ – Bernd Lemmerich ist überzeugt, dass Theater helfen kann, mit Niederlagen im Leben umzugehen, es kann neue Perspektiven eröffnen und nicht zuletzt ein Lächeln auf die Seele legen. „Ich will das Menschsein auf die Bühne bringen.“ Stoffe gibt es ohne Zahl. Eines noch ist es, was ihn umtreibt. Wie es wohl zu bewerkstelligen wäre, dass Gerüche im Theater Einzug fänden – der Geruch des Lebens, der Geruch von Liebe?