Ausgerechnet die Bratwurst. Den kulinarischen Stolz der Franken. Das Vorzeigeprodukt unserer Region. Ausgerechnet die Bratwurst haben die „Frankengriller“ bei den Deutschen Meisterschaft so richtig „versemmelt“. Die eigenwillige Kreation mit Gemüse, grünem Spargel und Kartoffelmousse, mundete der Jury ganz und gar nicht. Sonst wäre möglicherweise noch mehr drin gewesen als der ohnedies schon große Erfolg: Platz drei bei den Amateuren. Und in der Spartenwertung sogar Platz eins in der Königsdisziplin – den Spareribs.
Peter Zeitler ist der Chef des achtköpfigen Teams aus dem Landkreis Schweinfurt. Eine barocke Erscheinung. Der Kugelblitz am Kugelgrill. „Unter 100 Kilo braucht ein Mann gar nicht mit dem Grillen anfangen“, sagt Zeitler. Er bringt es auf 150. Und auch die übrigen Männer im Team sind Schwergewichte. Von Jochen Mantel einmal abgesehen, der die 100-Kilo-Marke doch deutlich reißt, dafür aber unheimlich wendig ist. Der richtige Mann also, um die fertig drapierten Gerichte des Fünf-Gang-Grillmenüs bei den Meisterschaften in den „Food-Containern“ unbeschadet zur Blindverkoster-Jury zu bringen.
Zeitler und der Geldersheimer Landmetzger Christian Feiler hingegen sind die Chefs am Grill. Und quasi die Geburtshelfer der noch jungen und doch schon ziemlich erfolgreichen Equipe. 2010 hatten sich die beiden Freunde spaßeshalber die deutsche Grillmeisterschaft in Gotha angesehen, waren von der Atmosphäre und wohl auch von den dargebotenen Köstlichkeiten begeistert und beschlossen, sich intensiver mit der Materie zu beschäftigen. Zunächst freilich nicht aktiv, sondern eher passiv: Sie absolvierten einen zweieinhalbstündigen Kurs zum offiziellen Grillverkoster und bewarben sich als Jury-Mitglieder zur Weltmeisterschaft 2011 im westfälischen Gronau.
„Jeder von uns hat dort 16 Mal gegessen“, erzählt Zeitler und streicht sich zufrieden über den Bauch. Gemeinsam gelangte man zu der Erkenntnis: „Die anderen sind gut; aber wir können das besser.“ Mit dem bereits erwähnten Jochen Mantel, dem Geldersheimer Tüftler Tobias Müller (Zeitler: „Ein Mann für alle Fälle...“) und den jeweiligen Partnerinnen (Katja Radke, Nadine Bäuerlein, Nadine Henke und Sonja Stenzinger) wurden die „Frankengriller“ aus der Taufe gehoben, die bei ihrem ersten offiziellen Auftritt sogleich den fränkischen Meistertitel holten. Der war auch die „Eintrittskarte“ für die Deutsche vergangene Woche in Schwäbisch Hall – der „Grill-Hauptstadt des Jahres“, wie der jeweils aktuelle Ausrichter tituliert wird.
Die Frankengriller reisten an mit einigen Standard-Grills und einem selbst gebauten, 500 Kilogramm schweren „Smoker“ – zusammengeschweißt von Tobias Müller, der in zwei identische Geräte rund 50 Stunden Arbeitszeit investierte. „Smoker“ sehen aus wie alte Dampflokomotiven und ermöglichen ein indirektes Grillen. Die Bratwürste oder Steaks liegen nicht – wie zuhause – direkt über dem Brenngut, sondern garen bei Temperaturen zwischen 90 und 160 Grad in einer Art Rauchkammer. Diese Methode ist der Standard beim klassischen amerikanischen „BBQ“.
Und die hohe Kunst das Barbecue offenbart sich bei der Zubereitung von Spareribs. Zehn Trainingstage investierten die „Frankengriller“ vor der DM in die Optimierung der Rippchen, erprobten die richtige Vorbehandlung des Fleisches, verschiedene Gartemperaturen, stellten ihre eigene Gewürzmischung zusammen und mixten eine rustikale Sauce. Lohn der Mühen: In dieser Disziplin übertrumpften sie sogar den amtierenden Weltmeister, die Formation „South Side BBQ“ aus Schwäbisch Gmünd, die später den Gesamtsieg einheimste. „Wir sind fast explodiert, als wir bei der verdeckten Siegehrung tatsächlich als letzte Mannschaft aufgerufen wurden“, erzählt Zeitler. Und: Der Teilerfolg macht Mut und gibt Kraft für die Zukunft.
Denn die Frankengriller „haben noch nicht fertig“. Da wären zum einen die sportlichen Ziele: Im August geht es heuer eventuell noch zur Europameisterschaft in Belgien (hierfür sucht die Truppe noch Sponsoren), außerdem steht noch die „Fränkische“ in Bad Bocklet ins Haus. Für 2013 wurde die WM in Marokko ins Auge gefasst, stärker aber hat man noch die Weltmeisterschaft 2014 im Visier: „Da geht es um eine Million US Dollar Preisgeld“, schwärmt Zeitler.
Grill-DM bald in Schweinfurt?
Die nächsten deutschen Grillmeisterschaften wollen die BBQ-Spezialisten aus dem Landkreis am liebsten nach Schweinfurt holen – ein dreitägiges Grillspektakel auf dem Marktplatz wäre ihr Traum – und sie mittendrin, statt nur dabei...
Übrigens verstehen sich die Frankengriller bei ihren auswärtigen Auftritten stets auch als Botschafter ihrer Heimat. Mit den Bratwürsten hat das in Schwäbisch Hall zwar nicht allzu gut funktioniert, dafür umso mehr mit dem ausgeschenkten Frankenwein (aus Nordheim) und dem Ur-Schweinfurter Roth-Bier. Ersterer passte perfekt zum Grillspargel an der hohen Rippe, letzteres super zu den preisgekrönten Ribs.