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Schweinfurt: Grind Fiction: Reise ins Herz der fränkischen Finsternis

Schweinfurt

Grind Fiction: Reise ins Herz der fränkischen Finsternis

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    Lockten mit "Grind Fiction" nicht nur Zombies ins Kino: Matthias Herter alias "der Cowboy", Kameramann Tim Hutter sowie die Filmemacher Dominic Leber und Claudia Kriegebaum von "Grindhouse Schweinfurt".
    Lockten mit "Grind Fiction" nicht nur Zombies ins Kino: Matthias Herter alias "der Cowboy", Kameramann Tim Hutter sowie die Filmemacher Dominic Leber und Claudia Kriegebaum von "Grindhouse Schweinfurt". Foto: Uwe Eichler

    Wie kommt das Böse in die Welt? Sigmund Freud, Übervater der Psychoanalyse, hat  den Ursprung von "Gut und Böse", von "Totem und Tabu", 1913 auf die Urhorde und deren Alpha-Männchen zurückgeführt: Ein Pascha, der  allein sämtliche Weibchen beglücken darf. Bis sich die Jungmännchen zusammenschließen, den Nebenbuhler erschlagen und auffuttern. Da einem der eigene Erzeuger naturgemäß schwer im Magen liegt, hätten, so Freud, die schuldgeplagten Kannibalen begonnen, ihren verspeisten Patriarchen kultisch zu verehren, schon allein um dessen Rückkehr zu verhindern: der Ursprung von Religion - und von Zombiehorror? Was die Frauen vom Festschmaus hielten, ließ der Altmeister leider offen.

    Hier der Trailer zum Film

    Wer nur eine  Weihnachtsgans zu verdauen hatte, war bei "Grind Fiction" genau richtig, am zweiten Feiertag im "Kuk". Es ging um Sex, Crime, Kirche, Psychologie und Zombies. Die abendfüllende Horrorkomödie bot eine Reise ins Herz der fränkischen Finsternis: ein wildes, hitzeflirrendes Buschland, das mit Blutmond und roter Sonne, krächzenden Aasvögeln, morschen Hütten und einem grausamen Vodoo-Meister eher Assoziationen an unser aller afrikanische Urheimat weckte als an die beschaulichen Fluren rund um Obereuerheim (dem Hauptdrehort).

    Vielleicht liegt's ja am Klimawandel.  Bereits die elegischen Naturbilder machen den  Streifen von "Grindhouse Schweinfurt" sehenswert: Filmemacherin Claudia Kriegebaum ist Doktor der Biologie. Sie und Mitproduzent Dominic Leber begrüßen vor vollen Reihen im Programm-Kino "KuK": Das sinistre Epos soll Schluss- und Höhepunkt des gemeinsamen Filmschaffens sein, aus beruflichen Gründen. Per Zettelbox dürfen sich Nachwuchs-Cineasten bewerben. "Steh auf, wenn du ein Zombie bist": Nicht wenige Besucher, die sich im Saal erheben, haben selber mitgewirkt.

    Los geht es mit coolen Trailern: "Man from Beirut" nennt sich der Film Noir des aus Schweinfurt stammenden Regisseurs Christoph Gampl, um einen blinden Auftragskiller. Im Thriller "Incipit Resurrection" tasten sich die Waffenlichter auf den Knarren von Terroristenjägern durchs Dunkel menschlicher Abgründe: gedreht wird der Streifen gerade von Tim Hutter, Kameramann bei "Grind Fiction". Dessen Hauptdarsteller Matthias Herter hat wiederum "Blattschuss" im Angebot, wo´s lakonisch im Wald knallt.  Alles hängt eben mit allem zusammen, nicht nur in der Schweinfurter Filmszene, auch im (kostenfrei zu sehenden) Hauptfilm des Abends, Budget 2000 Euro.   

    Schräge Geschichten und Figuren mit emotionaler Tiefe

    Da ist die schräge Story um die Sexarbeiterinnen Lady Torture und Kalaschnikow Candy, die im Cabrio die Leiche eines Freiers entsorgen wollen. Oder die Nonne mit dem Colt, die einen Sarg voller Schießeisen und jede Menge Traumata mit sich herumschleppt. Ein Cowboy ohne Gedächtnis versucht sich zu erinnern, warum er durch den Wald irrt, umschwirrt von Halluzinationen. Eine Ex-Ehefrau begegnet mit ihren Kindern einem Witwentröster – und fühlt sich am Ende angefressen.

    Bevor zum Finale, das die Geschichten miteinander verbindet, ein grandioser Elendszug lebender Toter über den Feldweg schlurft. "Pulp Fiction", "Django", "Blair Witch Project", "The Walking Dead", "Predator", "Der Wixxer" (undundund) lassen grüßen: Wie in jedem zünftigen Trashfilm fehlt es nicht an witzigen Filmzitaten. Aber so trashig ist "Grind Fiction" gar nicht: Die Figuren haben ungewohnte emotionale Tiefe.

    Die Story ist auch nicht unrealistischer als ein "Tatort" mit Ulrich Tukur, der Showdown ein Kracher. Vielleicht gibt's sogar einen politischen Subtext, wenn Supercop Herbert eine Schranke mitten im Nirgendwo bewacht, "im Auftrag der Obrigkeit": kafkaesk wie eine Trump-Mauer oder das Mautdebakel?

    Kinoerprobte "Bläschen" braucht es allerdings ob der Überlänge schon. Ansonsten wirkt das Publikum überaus angetan, als es zur Geisterstunde wieder aus dem Kino wankt. Eine DVD soll folgen.

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