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Jacques Gaillot: "Machtlos - aber frei"

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Jacques Gaillot: "Machtlos - aber frei"

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    Schweinfurt Mit Jacques Gaillot aus Paris besucht ein Bischof der besonderen Art aus Paris Schweinfurt. Aus Anlass des Besuchs in St. Michael am 24. und 25. Mai führte Pfarrer Roland Breitenbach für diese Zeitung ein Interview mit Gaillot, der 1995 wegen seiner liberalen Einstellung vom Papst als Bischof von Evreux abgesetzt wurde. So hatte er sich für die Priesterweihe verheirateter Männer ausgesprochen und immer wieder gegen Krieg und Gewalt. "Jacques Gaillot ist auf eine andere Art Bischof, gehört aber zu ihrer Gemeinschaft", heißt es in der Biografie Gaillots auf seiner Internet-Seite.

    Frage: Sie sind jetzt Bischof von Partenia, ein Bischof ohne Land und Leute?

    Jacques Gaillot: Partenia befand sich etwa in der Gegend von Setif, in den Hochebenen des heutigen Algerien. Im fünften Jahrhundert mit dem Einfall der Vandalen verschwand es von der Landkarte. Man weiß praktisch nichts über diese Diözese. Partenia wurde zum Symbol all jener, die das Gefühl haben, nicht mehr zu existieren, die auf der Seite der Verlierer stehen. Eine Frau, von ihrem Mann verlassen, hat mir ge-schrieben: "Ich befinde mich in einer schrecklichen, verlassenen Situation. Ich gehöre deshalb zu Partenia, und Sie sind mein Bischof."

    Nach Ihrer Absetzung als Bischof von Evreux werden Sie "Bischof der Obdachlosen" genannt. Was sind derzeit ihre größten Sorgen oder Aufgaben?

    Gaillot: Zur Zeit beschäftigen mich zwei große Sorgen: Zum einen die Kurden von Grenoble: 33 Leute befinden sich seit mehr als einem Monat im Hungerstreik. Ich bin gegangen, um sie zu besuchen. Viele von ihnen sind junge Familienväter. Ihre Lage ist äußerst schwierig. Zum anderen die Roma aus Rumänien: Sie hausen in Barackensiedlungen in den Vororten von Paris. Im Morgengrauen kommen viele Polizisten, um sie zu vertreiben. Und die Polizei zerstört dann die Baracken. Familien, die keine gültigen Aufenthaltspapiere nachweisen können, werden verhaftet, und die anderen können schauen, wo sie unterkommen.

    Sagen Sie uns auch etwas über die Freuden eines Bischofs, der in Paris unter einfachsten Verhältnissen lebt?

    Gaillot: Es sind die Freuden der unerwarteten, täglichen Begegnungen. Gerade, als ich unterwegs zur Metro war, lädt ein Chauffeur mich ein, bei ihm einzusteigen. Es ist ein junger Mann aus Martinique. Er freut sich und sagt, wenn das meine Schwiegermutter hört, dass ich mit Ihnen zusammen gefahren bin, wird auch sie darüber ihre große Freude haben. Auf dem Bürgersteig kommt jemand auf mich zu, ich kenne ihn nicht, und sagt: "Ich bin nicht gläubig, aber ich finde es gut, was Sie machen, nur weiter so." Dann gibt es die Freude zu glauben. Die Freude, dass Jesus in meinem Herzen wohnt.

    Sie kommen nach Schweinfurt. Hier ist der Roman "Der kleine Bischof" entstanden. Sie haben vieles von dieser Romanfigur. Wie sehen Sie sich selber?

    Gaillot: Ich liebe die Freiheit. Ich bin nicht bereit, sie aufzugeben. Weil gerade in vielem die Freiheit in Gefahr ist, sich frei bewegen zu können, die Freiheit zu arbeiten, die Freiheit der Meinungsäußerung, die

    Als ich in Tunesien war, um politische Gefangene zu unterstützen, sagte ich mir, viele von ihnen sind freie Menschen. Aber außerhalb des Gefängnisses gibt es viele Leute, die nicht frei sind, obwohl sie nicht im Gefängnis sind.

    Ihr Buch, das Sie in Schweinfurt vorstellen, trägt den Titel "Machtlos - aber frei". Worum geht es?

    Gaillot: Dieses Buch, im Laufe der Zeit geschrieben, drückt eine Botschaft aus: Das Leben ist schön. Es lohnt sich, gelebt zu haben und mit viel Liebe. Man kann seinem Leben einen Sinn geben. Man schafft sein Leben nur, wenn man die anderen ihr Leben gelingen lässt. Den 1. Mai verbrachte ich in der Champagne, auf den Feldern. Mit Sympathisanten und Mitgliedern der Bauerngewerkschaft. Vor den Augen der Polizei haben wir genmanipulierte Rapspflanzen ausgerissen, da diese für herkömmliche Kulturen in der Umgebung gefährlich sind. Nach dieser Tat haben wir gemeinsam gegessen und getrunken. Alle haben ihre mitgebrachten Sachen mit den anderen geteilt. Ein Augenblick des Feierns, der Geschwisterlichkeit und des Friedens. Es hat gut getan, beisammen zu sein, und ich kannte niemanden, der hier nicht als Mitglied in eine große Familie aufgenommen wurde.

    Bischof Jacques Gaillot wird
    am Samstag, 24. Mai, um
    1930 Uhr im Pfarrsaal von
    St. Michael sprechen und am
    Sonntag, 25. Mai, 10 Uhr, den
    Gemeindegottesdienst feiern.

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