Überall erkenne man jetzt die Notwendigkeit, verstärkt Azubis in die Firmen zu holen und nach der Ausbildung zu übernehmen. Doch auch in Zukunft werde ein Satz von Benjamin Franklin seine Gültigkeit behalten, erfuhren 85 Jung-Gesellen der Kreishandwerkerschaft im Rahmen ihrer Freisprechungsfeier am Samstag. Es sei der Satz, nach dem die Investition in Wissen die besten Zinsen zahle.
Erfolgreiche Prüflinge aus sechs Innungen waren diesmal ins Theater gekommen, um sich von den Verpflichtungen ihres Lehrvertrags frei sprechen zu lassen und den Gesellenbrief entgegen zu nehmen. Mit dem Erwerb einer fundierten Berufsausbildung hätten all diese Jugendlichen ihrer Existenz Zeit geschenkt, verdeutlichte als stellvertretender Kreishandwerksmeister Manfred Weiß. Zeit sei das Größte und Wertvollste, was ein Mensch sich nehmen oder anderen geben könne, denn vergangene Zeit komme niemals wieder. Und die Zeit der Jung-Handwerker sei gut genutzt, wenn sie auch nach der Ausbildung auf Weiterbildung setzten; damit die berufliche Existenz nicht nur aufgebaut sei, sondern auch erhalten und sogar noch ausgebaut werden könne.
Je höher die technische Entwicklung in einer Gesellschaft sei und je schneller sie voran schreite, umso nötiger sei fortwährendes Hinzulernen, betonte auch Kreishandwerksmeister Udo Wachter. Der Aufschwung, den das Handwerk derzeit erlebe, verlange guten Nachwuchs. Er verlange Leute, die Hoffnung und Mut machten, weil sie nach vorne stürmten und dabei Wissen, Können und Gestaltungskraft unter Beweis stellten. Schiedsrichter, Bedenkenträger und Miesmacher hingegen würden nicht gebraucht.
Das Saxophon-Ensemble „SAX-XL“ der Musikschule Schweinfurt und die „Hip Hop“-Gruppe der Tanzschule Fiedler gestalteten den Unterhaltungsteil der Freisprechungsfeier, bei der Gudrun Grieser die sehr beachtlichen Ausbildungszahlen in der Großindustrie und bei Dienstleistungsbetrieben, aber eben auch im regionalen Handwerk lobte. Im Gebiet Main-Rhön habe es Ende vergangenen Jahres allein im Handwerk 3618 Lehrlinge gegeben. Davon mehr als 1300 seien im Raum Schweinfurt ausgebildet worden, 718 unter ihnen in der Stadt.
Dauernde Kritik an der Ausbildungsfähigkeit der Wirtschaft sei angesichts solcher Zahlen nicht angebracht, sagte Grieser, und da die Ausbildung im Handwerk stets eine solide Wissensbasis lege, sei sie, Grieser, zutiefst überzeugt, dass die Jung-Handwerker eine tragfähige Grundlage für ihr Leben besäßen. Diese Grundlage, ausgebaut durch ständiges Hinzulernen, sei aber auch notwendig. Denn die Geschichte der Wirtschaft zeige, dass auf jeden Boom wieder einmal ein Abschwung folge und dass neue Abschwünge meistens mit noch mehr Arbeitslosen verbunden seien als die Abschwünge davor.
„Der Konkurrenzdruck wird sicher nicht leichter werden!“, mahnte auch Landrat Harald Leitherer. Trotz des durch die demographische Entwicklung enger werdenden Bewerber-Angebots werde deshalb nicht gut abschneiden, wer sich zu früh von der Weiterbildung und von der Anpassung an neue Wünsche und Entwicklungen zurückziehe. „Es gibt keinen Stillstand bei den Ansprüchen“, unterstrich diese Erkenntnis der Vizepräsident der Handwerkskammer Unterfranken, Walter Heußlein. Die Qualität des deutschen Handwerks allerdings sei weltweit anerkannt, und die frisch gebackenen Jung-Gesellen bildeten von nun an einen Teil dieses Gütesiegels.
Als Innungssieger der Prüfung wurden bei der Frühjahrs-Freisprechung nur zwei ehemalige Azubis geehrt. Bester aus der Innung für Spengler-, Sanitär- und Heizungstechnik ist der Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik, Alexander Heimgärtner. Er wurde ausgebildet bei RGT Rhönland Gesundheitstechnik, GmbH & Co. KG. – Aus der Metall-Innung kam auf den ersten Platz der Metallbauer Philipp Eckstein. Er hatte seine Ausbildung im Betrieb Harald Krischker in Kolitzheim.