Mit Ärger und Wut umgehen lernen und sich die eigene Frustrationsgrenze bewusst machen. Das ist einer der Punkte, den die Lehrer heute beim Seminar „Faustlos“ in der Auenschule in Schweinfurt lernen, um es später an ihre Schüler – die Faustlos-Detektive – weiterzugeben.
„Faustlos“ ist ein pädagogisches Konzept zur Gewaltprävention, das Kindern helfen soll, ihre sozialen und emotionalen Kompetenzen zu erkennen, zu üben und weiterzuentwickeln. Angefangen beim Kindergarten über die Grundschule bis hin zur weiterführenden Schule, können die Inhalte in den Regelunterricht eingebaut werden, erklärt Trainerin Gabriele Ullrich.
Je früher man damit beginnt, umso besser. „Schon Kinder ab vier Jahren können lernen, ihr Verhalten zu kontrollieren.“ Ullrich nennt die Schlagwörter Empathie-Förderung, Impulskontrolle und Umgang mit Wut und Ärger. Diese Bereiche möchte sie den Lehrern, die von verschiedenen Schulen angereist sind, im Seminar vermitteln. „Die primäre Prävention setzt im Vorfeld an und betrifft alle Kinder.“
Das Thema werde in der Gesellschaft immer wichtiger, so Ullrich. Auffallend sei, dass es Eltern zunehmend schwerer falle, den Kindern Grenzen zu setzen. Aber: „Kinder brauchen Regeln, mit zu viel Freiraum sind sie überfordert.“ Die Folge: weniger Respekt vor Eltern, Lehrern oder Mitschülern. Das Konfliktpotenzial steigt.
Das ist auch Gabriele Landgraf, Lehrerin an der Auenschule, aufgefallen. Seit 26 Jahren arbeitet sie in der Lehrtätigkeit. „In den vergangenen Jahren ist das Aggressionspotenzial an Schulen generell gestiegen“, so ihr Eindruck.
Gründe sehen die Seminarteilnehmer auch im Konsumverhalten der Kinder bezüglich Fernsehen und Computer. „Ihnen fehlt die Bewegung. Früher waren wir viel mehr draußen“, sagt eine Lehrerin.
Christoph Schwind, der am Förderzentrum Arche-Noah in Bad Windsheim unterrichtet, hofft, dass er durch „Faustlos“ neue Einblicke gewinnt, wie er Konflikte besser lösen kann. Gerade in den Pausen sei Streit unter den Schülern oft programmiert.
Bei einer praktischen Übung können die Lehrer zeigen, wie man jemanden höflich unterbricht. Die Situation: Zwei Personen unterhalten sich angeregt, eine dritte kommt dazu und möchte Kontakt aufnehmen. Anstatt unwirsch dazwischenzufunken, versucht sie zunächst durch Blickkontakt auf sich aufmerksam zu machen. „Wenn das nicht ausreicht, sollte man es mit einem höflichen 'Entschuldigung' versuchen“, erklärt Ullrich. Und fügt hinzu: „Auch wenn man innerlich kocht.“
Die Trainerin für Konflikt-Management hofft, dass das Thema Gewaltprävention noch besser im Unterricht verankert wird, „denn es ist genauso wichtig wie Rechnen oder Lesen“. Die meisten Erfolge mit „Faustlos“ seien gegeben, wenn eine ganze Schule mit dem pädagogischen Konzept arbeitet. Ursprünglich kommt es aus den USA.
Ullrich macht weitere Rollenspiele, bei denen auch die Erwachsenen etwas lernen können: Es geht darum, seinen Gegenüber nicht mit der Du-Botschaft („Du bist blöd“) zu konfrontieren, sondern mit der „Ich-Botschaft: „Ich ärgere mich, dass Du mir meinen Radiergummi weggenommen hast. Bitte gib ihn mir wieder zurück.“
Wichtig sei, dass die Erwachsenen den Kindern als Vorbild dienen, so die Trainerin. „Sonst wird es unglaubwürdig.“ Das richtige Verhalten bei Ärger und Frust sollte zudem immer wiederholt werden, „solange, bis es zur Gewohnheit wird, so wie zum Beispiel beim Autofahren“.