15 Menschen sitzen im Kreis. Jugendliche mit Schlabberklamotten und Rastalocken, daneben eine gut angezogene Dame, ein Verkaufsberater, ein Fotograf in Marken-Sporthose. Sie kommen aus Berlin, Jena, Halle, Schwebheim, Schönbrunn, Iphofen, Grömnigk und anderswoher. Was sie verbindet, ist ein Workshop. Sein Thema: Waldgarten.
Die Voraussetzungen der Teilnehmer könnten unterschiedlicher kaum sein. Da ist die Krankenschwester, die nach einem Burnout festgestellt hat, wie wohltuend sich der Wald auf ihre Psyche auswirkt, und die „in Zukunft was mit Natur machen“ will. Da will der Nebenerwerbslandwirt im Ökobereich sein Wissen über Permakultur auf solide Füße stellen. Aber da ist auch die Biochemikerin, die Jahre in der pharmazeutischen Forschung gearbeitet hat und jetzt eine Möglichkeit sucht, ihre Werte zu leben: „Ich möchte in Jena gerne ein Projekt mit Kindern und Jugendlichen machen.“
Max Mai will nach dem Studium der Umweltsicherung zurück zu seinen Wurzeln, in die Landwirtschaft. Und Antje Mannteuffel hat in Tschechien und Slowenien bereits an Projekten der Permakultur mitgearbeitet. Sie kommt, weil sie eine Vision hat: „Ich will nicht aus der Stadt flüchten, sondern sie gestalten.“
Im Kräuterdorf haben Ute Solf und Martin Ludwig eine „Initiative Waldgarten“ ins Leben gerufen. Bürgermeister Hans Fischer hat dafür 6700 Quadratmeter Land zur Verfügung gestellt. Seit 25 Jahren arbeitet die Kommune an der ökologischen Landschaftsgestaltung, jetzt hofft er, dass aus dem Projekt Waldgarten etwas wird. Die Anwesenden sind hoch motiviert und haben sich mit dem Landschaftsgärtner Harald Wedig einen Fachmann und Permakultur-Designer eingeladen, der sich seit 30 Jahren mit diesem Thema beschäftigt. Er leitet den Workshop „Essbare Landschaft gestalten“.
Er erzählt von seinem Hippie-Trail durch Südost-Asien und seinen ersten Begegnungen mit Waldgärten. Dort hat er erlebt, dass dieselben Elefanten, die auf Monokultur-Plantagen als Zerstörer aufgetreten sind, im Wald keine Bedrohung darstellten. „Erst später habe ich begriffen, was da passiert. Wenn die Pflanzen aus den Plantagen reißen, dann jäten die“, erklärt Wedig. Im Wald müssen sie nur ernten. Wedig hat die Vielfalt als landwirtschaftliches Prinzip erkannt und sich der Permakultur gewidmet. „Es liegt in der Natur der Tiere, Vielfalt zu kreieren“, erklärt er.
Auch in den Urwäldern Europas habe es einst große Weidetiere gegeben, die Lichtungen geschaffen haben. Noch in der mittelalterlichen Dichtung des Hartmann von Aue aus dem 13. Jahrhundert werde ein Waldgarten beschrieben. Kriege führten dazu, dass in Europa die Wälder abgeholzt und natürliche Ökosysteme zerstört wurden.
Die Arbeitsgruppe hat nun ein Waldgarten-Design erstellt. Das Modell des zukünftigen Waldgartens im Format 1 zu 200 wird in Kürze im Rathaus der Gemeinde zu sehen sein. Nach dem Winter beginnt die praktische Arbeit. Als erstes wird eine Wildschutzhecke angelegt, werden erste fruchtspendende Bäume gepflanzt. Die im vorgesehenen Waldgarten jetzt schon wachsende Luzerne bleibt als Bodendecker und Stickstofflieferant vorläufig erhalten, sie wird nur da, wo etwas angepflanzt wird, umgestochen. Wichtig ist dabei, dass da, wo Waldbäume gepflanzt werden, diese weit genug auseinanderstehen, um genug Licht auf den Boden fallen zu lassen, denn dort sollen beispielsweise Gemüsekulturen wachsen. Die Gruppe möchte auch ihre Baumscheiben mit alten Gemüsesorten und Wildkräutern bepflanzen. Ab April gibt es dann Praxiskurse über das sachgerechte Mulchen, verschiedene Beetformen oder essbare Wildkräuter.
Die Mitglieder der Initiative Waldgarten haben jetzt klare Vorstellungen, wie das Grundstück gestaltet werden soll. Sie sind mit viel Begeisterung bei der Sache, das einzige, was fehlt, sind die nötigen finanziellen Mittel. Aber auch da sind sie zuversichtlich. Sicher hat jemand Schubkarren und einfache Gartengeräte übrig, die er spenden kann, meint Ute Solf. Toll wäre ein Bauwagen, in dem sie diese Geräte unterbringen könnten.
Außerdem will die Gruppe „Baumpatenschaften“ ins Leben rufen. Die Mitglieder der Waldgarteninitiative wollen vor allem mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, diesen nachhaltiges, ökologisches Wissen vermitteln. Das wird auch nötig sein, denn so ein Waldgarten entsteht nicht in einer Generation, es braucht Jahrzehnte, bis dieses neue Ökosystem sich selbst trägt und erhält.
Mehr Informationen: Wer bei der Initiative mitarbeiten will oder sich näher informieren möchte, findet unter www.permakultur-initiative.de im Internet Ansprechpartner.
Permakultur und Waldgarten
Permakulturen sind von Menschen geschaffene Lebensräume, die die Diversität, Stabilität und Widerstandsfähigkeit natürlicher Ökosysteme besitzen. Ihr Grundanliegen ist ein Wirtschaften mit erneuerbaren Energien und naturnahen Stoffkreisläufen im Sinne einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Nutzung aller Ressourcen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Nahrungsproduktion, der Energieversorgung und Landschaftsplanung sowie dem sozialen Miteinander.
Waldgarten: In einem Waldgarten geht es grundsätzlich darum, auf kleiner Fläche alles Lebensnotwendige zu produzieren. Er nimmt das Ökosystem des Mischwaldes zum Vorbild und besteht aus Vegetationsschichten verschiedener Höhe, die Nischen für zahlreiche Lebewesen schaffen.