"Ich will nicht in einer Gesellschaft leben müssen, in der man im öffentlichen Raum Angst haben muss, erschossen zu werden." Während Vera Kaufmann aus dem Landkreis Bad Kissingen Blumen am Vier-Röhren-Brunnen in Schweinfurt niederlegt, fährt die junge Mutter leise fort: "Ich kenne viele Menschen, die in Shisha-Bars gehen, deshalb bin ich so erschrocken über dieses Attentat in Hanau." Und deshalb ist sie auch zur Mahnwache am Albrecht-Dürer-Platz nach Schweinfurt gekommen, zu der das Bündnis "Schweinfurt ist bunt" eingeladen hatte. "Schweinfurt war für mich die nächste Möglichkeit, mich mit meinen Mitbürgern mit Migrationshintergrund solidarisch zu erklären." Ihren Begleiter, Fahed Haaba, macht das Attentat mit zehn Opfern traurig. "Ich besuche selbst Shisha-Bars, und jetzt habe ich Angst, dass dort jemand auf mich schießen könnte", sagt er.
Neun Menschen mit Migrationshintergrund sind in Hanau erschossen worden, und einen nennt Frank Firsching vom Bündnis "Schweinfurt ist bunt" beim Namen: Hamza Kurtovic, gerade mal 20 Jahre alt. "Er hatte seine Wurzeln in Schweinfurt. Sein Vater Armin ist schon in Schweinfurt geboren, die Großeltern sind in den 50er Jahren hier eingewandert". Dass diese Tat in Hanau einen rassistischen und rechtsextremen Hintergrund habe, "das haben die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft ergeben", sagt Firsching bei der Mahnwache am Samstag. An die 200 Menschen bilden eine große Traube um ihn, Lokalpolitiker fast aller Parteien lassen den Wahlkampf ruhen und stehen Seite an Seite, "für ein demokratisches, freiheitliches und friedliches Schweinfurt".
Dann wird Frank Firsching deutlicher. "Wir gedenken nicht nur Hamza Kurtovic, sondern allen Opfern von Hanau, Halle, Kassel und den gut 200 Opfern rechtsextremer Gewalt seit der Wiedervereinigung", sagt er. Der Platz für die Mahnwache sei bewusst gewählt worden, in der Nähe des Büros des AfD-Landtagsabgeordneten Richard Graupner. Eigentlich, so Firsching, sei der smart und freundlich. "Aber er und die AfD trügen eine Gesinnung in sich, die weder smart noch freundlich sei.

Firsching nennt als Zitate die "erinnerungspolitische Wende" und das "Denkmal der Schande", den "Mensch, den man nicht als Nachbarn haben will" und vom "Schusswaffengebrauch zum Schutz der Grenzen". Allesamt Zitate von AfD-Politikern, darunter Björn Höcke, der gerichtlich bestätigt als Faschist bezeichnet werden darf. "Diese Leute liefern das geistige Fundament, das Gift das sich Rassismus nennt, und ihr Hass und ihre Hetze bringt andere Menschen dazu, solche Taten wie in Hanau zu verüben."
Gemeinsam dagegen stehen
Die Welt sei "ver-rückt", sagte Wolfgang Weich, Pfarrer der Christuskirche. "Wir wollen mahnen, einander mahnen und auch andere, weil wir spüren, dass in unserer Welt etwas nicht in Ordnung ist", so Weich in seiner Ansprache, die – wohl durchaus gewollt – wie eine Predigt klang. Eindringlich appellierte der Pfarrer an seine Mitbürger, sich gegen den Hass zu wehren, den es "im verbrecherischen Hitler-Regime gab und wie er heute wieder von Parlamentariern ausgesprochen wird. Dagegen stehen wir zusammen, die hier leben und wohnen, mit verschiedenen Hautfarben und Vorfahren aus ganzer Welt, denn wir wollen ein friedliches, gerechtes und buntes Miteinander".
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