Mir geht es wieder ganz gut. Ehrlich gesagt, ging es mir die Tage vor Silvester nicht besonders, aber das habe ich nicht gemerkt, weil der Körper wahrscheinlich auf Autopilot geschaltet hatte. Erst als ich mich kurz auf ein richtiges Bett legen konnte und mir die 48 Stunden davor nochmal durch den Kopf gehen ließ, bekam ich tierische Gliederschmerzen und Fieber.
Als die Welle kam, waren wir auf einem Boot unterwegs, und ich hatte eigentlich schon unsere Tauch-Ausrüstung an, als der Captain plötzlich umdrehte und irgendwas von einem Erdbeben und einer Flutwelle sagte. Wir machten zunächst noch Witze, zogen unsere Schwimmwesten an, starrten an den Horizont und warteten auf eine Flutwelle à la "The day after tomorrow".
Der Kapitän fuhr in tiefes Gewässer auf die geschützte Südseite der Insel Ko Lanta, wo wir warteten und warteten. Als wir nach Stunden im Hafen ankamen, lagen dort viele zerstörte Boote und eine Menge Treibgut. Es war dunkel, und alles war ziemlich unheimlich. . . Die Warnung der zweiten Welle nahmen wir uns zu Herzen und machten uns auf den Weg in die Berge. Bekannte der Tauchschule nahmen uns dort auf. Ich hatte nur noch einen Rucksack mit Bikini, Handtuch und Regenjacke. Wir tranken Alkohol, um uns zu beruhigen.
Am nächsten Tag ging ich zu meinem Bungalow, um vielleicht etwas zu retten. Mir begegneten schon die ersten Plünderer, die alles durchsuchten - meine Sachen waren so gut wie alle weg oder unbrauchbar. Ich hing erst mal sinnlos irgendwo herum, ein paar nette Thais gaben mir zu essen, und dann kam die nächste Warnung, die nächste und die nächste. . . Ich war zwischendurch so müde, dass es mir echt egal war, ob ich von einer der Flutwelle ergriffen werde oder nicht.
Mittlerweile habe ich die Berichte im Fernsehen gesehen. Genau so ist es - einfach nur furchtbar. Wir hatten Glück und haben nur Ausläufer mitbekommen. Wir haben Strom, Wasser und können uns versorgen. Viele Thais haben alles verloren. Aber es ist beeindruckend, wie sie mich anlächeln und mit sanfter Stimme sagen: "Everything is okay." Hier, vier Autostunden von Phuket entfernt, haben sie überlebt. Das Wissen um zehntausende Tote gehört mittlerweile leider zur Normalität. Wir trösten uns gegenseitig. Jetzt denken die Menschen über die Zukunft nach.
Was wir hoffen, ist, dass die Saison hoffentlich wieder in Gang kommt. Die Flüge nach Thailand werden wohl superbillig, und die Menschen werden einsehen, dass die Situation hier unter Kontrolle ist. Jetzt geht es um die Existenz derer, die noch - und vom Tourismus - leben.
Ich bleibe noch eine ganze Weile. Die Insel war die vergangenen zwei Monate mein Zuhause. Ich kann mein Team jetzt nicht einfach alleine lassen.

Silvester haben wir gefeiert - die Menschen hier haben das verdient und auch gebraucht. Am Sonntag (2. Januar) waren wir schon wieder tauchen. Die Unterwasserwelt von Ko Pee Pee ist extrem angeschlagen, hier in Ko Lanta ist es nicht so schlimm. Wir helfen auf Nachbarinseln, die Strände aufzuräumen und arbeiten an der Zukunft. Ich möchte einen Teil dieses Unglücks mit in meinem Herzen bewahren, in der Hoffung, dass wir es alle gemeinsam einfacher tragen.