Die kunstvoll gearbeiteten, perlenverzierten Halbhandschuhe, sogenannte Perlenstäucherli, gehörten zur unterfränkischen Festtracht wie die prachtvollen Tücher und Schürzen. Die Herstellung in Handarbeit ist filigran und zeitintensiv, die Kunst des Perlenstrickens eine lang vergessene Tradition, die inzwischen neu belebt wird. Einer, der sich seit Jahren der Kulturgeschichte und Brauchtumspflege seiner Region, dem Schweinfurter Gau, widmet, ist der Geldersheimer Oliver Brust.
Schon vor vielen Jahren hat er sich an das Perlenstricken gewagt, die ersten Versuche breitet seine Mutter auf dem Tisch aus. Die fingerlosen, mit exquisiten Perlenmustern verzierten Handschuhe sind wunderschön. Auch Mutter Annemie ist mittlerweile vom „Perlenstrickvirus“ infiziert und hat im Trachtenverein schon einige Damen mit ihren kunstvollen Handschuhen ausstaffiert.
Die Perlenstäucherli werden mit hauchdünnem, meist schwarzem, seltener weißem Garn und ganz speziellen Stricknadeln gefertigt. Wichtig: Die Perlen werden dabei mitgestrickt und nicht aufgestickt, und das macht die Handarbeit so diffizil. Schon im Vorfeld ist die genaue Anordnung der farbigen Glasperlen nach alten Mustern und Vorlagen festgelegt, und so ist der erste Arbeitsschritt die Auffädelung der winzigen Rocailles-Perlen, die es übrigens in jedem gut sortierten Bastelladen gibt.
Ein Fehler ist schlecht auszubügeln: eine falsch-aufgefädelte Perle, und das ganze Muster passt nicht mehr. Besonders schwer ist es, die Perle auf den Faden zu bringen, früher, so Oliver Brust, wurde der Faden mit Kerzenwachs stabilisiert, als er vor mehr als zehn Jahren die ersten Versuche gewagt hat, hat er sich mit Uhu beholfen, das hat auch funktioniert. Mittlerweile benutzt Annemie Brust eine Auffädelnadel – ein Tipp der Grafenrheinfelderin Edith Werner, die vor einigen Jahren auf Einladung des Trachtenvereins in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule einen Perlenstrickkurs angeboten hat. Von ihrer Schwester Monika Ständecke stammt übrigens das auch kulturgeschichtlich aufschlussreiche Buch „Perlenstaucher, Stulpen, Stutzen: Strickanleitung mit Geschichte“, das die Grundlage für einige Muster lieferte, die im Hause Brust bereits gestrickt wurden.
Wie lange die Herstellung eines Handschuhpaares dauert, konnte übrigens keiner beantworten. Auf alle Fälle sind dafür viele Stunden und einige schöne Wochen ins Land gegangen, wie Hausherr Wilfried Brust grinsend verriet. Dafür ist die Resonanz auch dementsprechend, immer wieder gibt es bei Trachtenumzügen bewunderndes Lob und im aktuellen Trachtenkalender haben die Geldersheimer Perlenstäucherli ebenso ihren Platz bekommen, wie in einer Reportage im Bayerischen Fernsehen.
Und weil man gerade so schön bei der kulturgeschichtlichen Handarbeit ist, holt Oliver Brust noch einige bestickte Hosenträger hervor. Eines der Exemplare hat er einst für drei Mark auf dem Schweinfurter Flohmarkt erstanden, schätzungsweise 150 Jahre ist das schöne, farblich allerdings ziemlich verschossene Exponat alt. Der materielle Wert ist nicht so hoch, der ideelle dafür unbezahlbar, denn unter den verblichenen Farben schlummern wahre Farbexplosionen in Pink, die Oliver Brust vorsichtig ans Licht zupft. Die Technik auf Stramin im Kreuzstichverfahren ähnelt einem Gobelin. Er selbst hat auch schon einige bestickt, die ersten Hosenträger 1988, da war er noch in der Schule und der Geldersheimer Trachtenverein nicht einmal gegründet.
Seit 2008 wartet auch ein Trachtengürtel auf seine bestickte Fertigstellung, erst kürzlich hat Oliver Brust den Gürtel wieder rausgeholt und ein weiteres Teilstück bearbeitet. Etwa zwei Stunden braucht er für drei Zentimeter, gerade mal ein Drittel ist geschafft, und so wird es wohl bei diesem Tempo noch eine ganze Weile dauern, bis das gute Stück fertig ist, zumal Oliver Brust in sein neues Amt als Bürgermeister von Geldersheim startet und dann sicher erstmal keine Zeit für filigrane Handwerkskunst hat.