
Es gibt keine Zweifel am korrekten Vorgehen der Polizei bei der Festnahme des wegen Kindesmissbrauch verdächtigen Logopäden im März in Würzburg. Das ist das Ergebnis der Untersuchungen des Einsatzes. Die Polizisten eines Sondereinsatzkommandos (SEK) seien beim Sturm auf das Haus im Würzburger Stadtteil Rottenbauer korrekt vorgegangen. Dies bestätigte Thorsten Seebach, Sprecher der Würzburger Staatsanwaltschaft, auf Anfrage dieser Redaktion.
Gegen den Logopäden laufen umfangreiche Ermittlungen wegen des Verdachts, ihm anvertraute Jungs im Kindergartenalter sexuell missbraucht, davon Bilder angefertigt und in Umlauf gebracht zu haben. Die Polizei ermittelte sieben Opfer sowie die Tatorte, an denen der Missbrauch stattgefunden haben soll.
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Der Verdacht unnötiger Härte bei der Festnahme war aufgekommen, weil der Beschuldigte und sein zunächst ebenfalls verdächtigter Mann nach der Festnahme deutliche Schlagspuren im Gesicht und Prellungen am Körper gehabt hatten. Der Verdächtige hatte auch angegeben, mit Tritten traktiert worden zu sein.
Überraschender Zugriff erforderlich
Die beiden Männer hatten jedoch keine Strafanzeige gestellt. Dennoch ging die Staatsanwaltschaft dem Verdacht von Amts wegen nach. Ein überraschender Zugriff war nach Aussagen von Experten in jener Nacht des 20. März wichtig. Es gab die Befürchtung, dass die Verdächtigen andernfalls noch schnell Beweise am Computer hätten vernichten können.
Deshalb wurde mit der Erstürmung ein auf solche Festnahmen trainiertes Sondereinsatzkommando (SEK) betraut. Der Zugriff gelang. Die Ermittler erwischten den Verdächtigen am Computer und sicherten große Mengen von Daten, die den Tatverdacht erhärteten.
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Der Partner des Festgenommenen ist nicht mehr unter Verdacht. Die Ermittlungen gegen ihn stehen nach Informationen aus Ermittlerkreisen vor der Einstellung. Im Fall des Logopäden bereitet die Zentralstelle für Cybercrime beim Generalstaatsanwalt in Bamberg die Anklage vor, die noch vor Jahresende erfolgen soll. Die zwei Männer sollen nach Informationen der Redaktion beim Zugriff keinen Widerstand gegen die trainierten Polizisten geleistet haben und völlig überrascht gewesen sein.
Staatsanwalt: "Anfangsverdacht hat sich nicht bestätigt"
In Teilen der Bevölkerung war das Entsetzen über die Ermittlungen gegen das SEK groß. Zahlreiche Leserbrief-Schreiber zeigten angesichts der abstoßenden Taten, von denen die Rede ist, ungehemmt Genugtuung darüber, dass die Verdächtigen eine Tracht Prügel bezogen haben könnten – "eine menschlich verständliche, aber rechtsstaatlich fragwürdige Haltung, die sich die Polizei nicht zu eigen macht", betont ein Ermittler. "Wir sind ja nicht in Hongkong."
Oberstaatsanwalt Seebach bestätigte nun Informationen der Redaktion, denen zufolge "aufgrund der Angaben des Logopäden" Ermittlungen gegen drei SEK-Beamte wegen Körperverletzung im Amt sowie Beleidigung eingeleitet worden waren. "Der Anfangsverdacht hat sich nicht bestätigt." Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat das Verfahren eingestellt.
Die SEK-Beamten hätten den Verdächtigen nicht vorsätzlich verletzt – ihr Vorgehen war laut Seebach "durch die Festnahmebefugnis gedeckt und somit nicht rechtswidrig". Beleidigungen können nicht verfolgt werden, da kein Strafantrag gestellt wurde. Auch dafür ergeben sich jedoch keine tatsächlichen Anhaltspunkte. "Da ein strafrechtlich relevantes Verhalten nicht ersichtlich ist, wurden die Echtpersonalien der Beamten auch nicht ermittelt", hieß es.
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