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WÜRZBURG: Aktionswoche Schuldnerberatung rückt heuer Energieschulden in den Fokus

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Aktionswoche Schuldnerberatung rückt heuer Energieschulden in den Fokus

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    Wie kann geholfen werden? Robert Morfeld (links) von der Christophorus-Gesellschaft diskutiert mit Pfarrer Werner Schindelin.
    Wie kann geholfen werden? Robert Morfeld (links) von der Christophorus-Gesellschaft diskutiert mit Pfarrer Werner Schindelin. Foto: Foto: Günther Purlein

    Die hohen Stromkosten brachten Ralf Höser (Name geändert) immer stärker in die Bredouille: Irgendwann konnte der 60-jährige Hartz IV-Bezieher die Abschläge nicht mehr zahlen. Sein Energieversorger drohte damit, den Strom abzustellen. In seiner Not wandte sich Höser an Schuldnerberater Robert Morfeld von der ökumenischen Christophorus-Gesellschaft. Der nahm sofort Kontakt mit dem Jobcenter und dem Energieversorger auf, um die Sperrung zu verhindern.

    Ob Treibstoff, Strom fürs Licht und elektrische Geräte oder Gas – die Energiepreise steigen stetig. Was für sozialen Sprengstoff sorgt. Viele Haushalte haben inzwischen erhebliche Schwierigkeiten, die gestiegenen Energiekosten aufzubringen. Aus diesem Grund greift die bundesweite „Aktionswoche Schuldnerberatung“ in diesem Jahr vom 23. bis 27. Juni das Thema „Energieschulden“ auf. Damit verbunden ist die Forderung, die Versorgung mit Energie als ein Menschenrecht anzuerkennen.

    Die Aktionswoche setzt hiermit ein wichtiges Signal, so Robert Morfeld. Denn Ralf Höser ist bei weitem kein Einzelfall: „Unser Team hat es im Durschnitt jede Woche mit einem neuen Fall von Energieschulden zu tun.“ Klienten mit drohender Energiesperre hätten im Durchschnitt 800 Euro Schulden bei ihrem Energieversorger. Nicht immer gelinge es, die Stromsperrung vollständig zu verhindern. Auch Ralf Höse und seine Familie waren ein ganzes Wochenende lang ohne Elektrizität.

    Dass die permanente Erhöhung der Strompreise Menschen in große Not bringt, weiß auch Pfarrer Werner Schindelin. Seit Jahresbeginn kooperiert sein Verein „Ehrenamtlicher Sozialdienst“ eng mit der Christophorus-Gesellschaft. Der Verein hilft durch Geldzahlungen, wenn die Stromsperrung nicht vermieden werden konnte, der Alltag ohne Strom für die Betroffenen jedoch nicht zuzumuten ist.

    Das ist unzweifelhaft so, wenn von einer Stromsperrung kleine Kinder oder Menschen mit Handicap betroffen sind. So war es laut Morfeld auch im Fall von Ralf Höser: „Seine Tochter, eine junge Frau mit Behinderung, lebt noch bei ihm.“ An dem Wochenende ohne Strom konnte sie weder ihren E-Rollstuhl laden noch das Pflegebett verstellen.

    Natürlich stellt sich die Frage, ob wirklich jeder Automat im Haushalt sinnvoll ist und ob es besondere Stromfresser unter den elektrischen Geräten gibt. Das mag in vielen Haushalten seiner Klienten mit Energieschulden so sein, meint Robert Morfeld: „Doch es nützt nicht viel, hier Stromfresser zu identifizieren. Denn die Menschen haben kein Geld, um sich neue, energiearme Geräte anzuschaffen.“ Die meisten leben, wie Ralf Höser, von Arbeitslosengeld 2. Höser kann sich neue, umweltfreundliche Geräte nicht leisten. Ganz im Gegenteil. Er sitzt auf einem Schuldenberg, den er mit Robert Morfelds Hilfe in den kommenden Jahren abtragen möchte.

    Auch Menschen mit schmaler Lohntüte können die hohen Energiekosten oft nicht mehr berappen. Ihnen wird deshalb ebenfalls oft der Strom abgedreht. Weil dies insgesamt immer mehr Menschen passiert, wünscht sich Pfarrer Schindelin, dass sich die regionalen Energieversorger auf eine stärkere Kooperation mit der Christophorus-Gesellschaft einlassen. „Mit der zweiten Mahnung könnte zum Beispiel ein Schreiben herausgehen, das auf die Beratungsstelle verweist“, schlägt er vor. Noch besser wäre es, wenn die Beratungsstelle durch die Energieversorger automatisch von Stromschuldnern mitbekommen würde, um rechtzeitig gegensteuern zu können.

    Die Preissteigerungen für Erdgas lagen zwischen 2001 und 2013 bei stattlichen 57, die für Fernwärme bei 62 und die für Heizöl sogar bei 138 Prozent. Insgesamt mussten die Haushalte in den vergangenen zehn Jahren einen Preisanstieg um 43 Prozent für Raumwärme und Warmwasser verkraften, während die Nominallöhne im gleichen Zeitraum nur um 17 Prozent gestiegen sind. Die Heizkosten steigen also dreimal so schnell wie das, was die Menschen einnehmen. Mit Blick auf Menschen im Sozialleistungsbezug fordert die „Aktionswoche Schuldnerberatung“ deshalb, die tatsächlichen Energiebedarfe zu berücksichtigen und Energieschuldnern Darlehen zu gewähren.

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