Zugleich gedieh sein eigener neu gegründeter Verlag, über den er Karten des Mains herausgab, die den Flussverlauf weit über das Main-Dreieck und das Main-Viereck hinaus darstellten: weit in jenes Gebiet reichend, in dem er selbst später schließlich 54 genehmigte Anlegestellen für Personenschiffe schuf, auf dem Main von Aschaffenburg bis Bamberg und bis Nürnberg-Berching auf dem Main-Donau-Kanal.
Dörr hatte ursprünglich Jura studieren wollen. Zuvor war Krieg, und er mittendrin. Durch einen Kopfschuss erlitt er lebensgefährliche Verletzungen.
Er hatte ein Auge und einseitig das Gehör verloren, wurde jedoch in einem Lazarett in Camp Forest, Tennessee, erstklassig operiert, und kam zur Rekonvaleszenz nach Oklahoma und Alabama, wo er studieren konnte und somit eine kaufmännische Ausbildung genoss. Zurück in Deutschland durfte er, der früher Studentenbundführer, Hitlerjugendführer und Offizier war, nicht studieren.
Er wurde verpflichtet, als Hilfsarbeiter in den damaligen Verlag Sauer-Mohrhard in der Mergentheimer Straße einzutreten. Der Verlag gab unter anderem die Ärztezeitung Asklepius und für Jäger „Wild und Hund“ heraus.
Durch Freunde kam er später zur Schifffahrt. „Da hast du politisch deine Ruhe“, sagten sie, „in der Schifffahrt wird keiner verfolgt.“
Mit Roller von Lehrer zu Lehrer
Dörr stieg bei der Reederei Grasmann (Aschaffenburg) ein, wurde bald Geschäftsführer, denn „Gäste aufs Schiff bringen, das konnte ich“. Organisation war seine Stärke. Er schaffte viel vor allem durch Klinkenputzen: „Ich bin mit dem Motorroller von Lehrer zu Lehrer gefahren.“ Immer wieder habe er den Kindern den Main gezeigt. Die Lehrkräfte brachten ihre Klassen aufs Schiff, unternahmen Ausflüge. Grasmann wurde das einzige deutsche Unternehmen, das nur Sonderfahrten unternahm, für Schulen, Vereine, Betriebe, Berufsgenossenschaften und jederlei andere Organisationen („Fränkische Personenschifffahrt“).
Diese Schiffsreisen mit 100 bis 200 Personen waren die Grundlage für Dörrs spätere Selbstständigkeit, „und meine schönste Zeit war die mit den Schülern“, erinnert er sich. Die Reederei Grasmann gab nach zwei Jahren die Personenschifffahrt jedoch auf und betrieb nur noch Frachtschifffahrt.
Über eine Fachzeitschrift fand er das Personenschiff „Roland“ und pachtete es nun als eigenständiger Unternehmer von der Koblenzer Firma Collee. „Man gab es mir. Man kennt sich in der Schifffahrt, und man wusste, dass ich ein Schiff beschäftigen kann.“
Weil er selbst kein Kapitäns-Patent besaß, engagierte er den Würzburger Kapitän Heinrich Wüst.
Die „Roland“ war das erste Personenschiff in Würzburg „abgesehen von den kleinen Kähnen, die nach Veitshöchheim fuhren“, so Dörr. Doch die vielen Sonderfahrten konnte sie kaum bewältigen, „jeden dritten oder vierten Tag brach ein Ritzel“, berichtet er. Die Schwierigkeiten mit dem Zahnradantrieb verrechnete ihm der Besitzer der „Roland“ später und verkaufte Dörr das Schiff. Der brauchte nun einen neue Maschine und wollte Geld von der Bank.
Dies erschien ohne irgendwelche Sicherheiten zunächst schwierig. Aber Dörr konnte auf Anregung des Bankdirektors Freunde finden, von denen jeder mit mindestens 500 Mark für ihn bürgte – dies taten 200 Menschen, und teils erhielt er noch höhere Bürgschaften. Als die Bank dies erfuhr, erhielt er fortan unbegrenzt Kredit, berichtet er: „Dann konnte ich Schiffe bauen, über Geld verfügen.“
Die „Roland“ fuhr bald mit neuer Maschine, „und ich hatte viel mehr Gäste als Schiffsraum“.
Um ein neues Schiff zu bauen – es war dies die Undine (das bedeutet: „weiblicher, jungfräulicher Wassergeist“), die am 30. April 1959 vom Stapel ging – zog Dörr zunächst von Werft zu Werft und sammelte Wissen. Er hatte auch von den Kapitänen bei Grasmann viel gelernt und holte sich weitere Hilfe an der Schiffsbau-Universität Duisburg und an der Uni Karlsruhe, um seine Baupläne realistisch zu gestalten. Die Unterwasserform wurde mit Hilfe von Modellversuchen ausgetüftelt. Statt den Motor in der Mitte des Schiffes anzubringen wie bis dahin üblich, wurde er ans breit gestaltete Heck verlegt, so dass auf dem Schiff durchgängige große Räume für die Gäste entstanden. Der Schallschutz wurde berücksichtigt. Das Modell der Undine musste einen Versuchskanal durchlaufen.
Für 750 000 Mark Eisen verbaut
Dörr gab den Auftrag für das Schiff an die Schiffswerft Neckermann und Hofmann im Bereich des Würzburger Neuen Hafens. Eine eigene Helling, über die Schiffe hochgezogen und zu Wasser gelassen werden, wurde errichtet, weil in der Nachkriegszeit alle anderen, meist für Frachtschiffe, belegt waren. Für das Kilo verbautes Eisen zahlte er 2,50 Mark – insgesamt rund 750 000. Dann organisierte er den Innenausbau, besorgte Schreiner, Elektriker, Gas-Wasser-Installateure und Küchenbauer. Schon einen Tag nach Fertigstellung der Undine war das Doppeldeck-Schiff mit seinen 60 Fenstern bereits vermietet.
Dörr kaufte später noch weitere Schiffe, ließ sie zweckmäßig umbauen („Max“ und „Moritz“) oder neu bauen wie die „Franconia“, das größte Fahrgastschiff mit knapp 70 Metern Länge in den 80er Jahren. Versuche und Schiffs-Tests gingen manchmal schief, und die Undine wurde 1968 durch ein Feuer, das durch Unachtsamkeit mit Kerosin entstand, zerstört. Weil Dörr sich zu dieser Zeit einer schweren Operation unterziehen musste, wollte er das Schiff nicht wieder aufbauen, aber viele Bevölkerungsgruppen baten ihn darum und halfen mit, dass die Undine erneut entstand.
Dörr hatte sich über die Jahre auch intensiv mit dem Bau von Behindertenschiffen beschäftigt, und so hielt er 1990 an der Uni Duisburg vor Delegierten von rund 200 Werften weltweit einen Fachvortrag, für den er geehrt wurde.
Dörrs Unternehmen – die „Fränkische Personenschifffahrt – übernahm längst sein Schwiegersohn.