Die Sektion Würzburg des Deutschen Alpenvereins bietet 35 talentierten Kindern und Jugendlichen das Wettkampfklettertraining an. Sechs Übungsleiter geben den acht- bis 17-Jährigen einmal pro Woche Tipps, wie sie in „Spiderman-Manier“ nicht nur senkrechte Wände erklimmen, sondern auch problemlos Überhänge bewältigen. Das schweißtreibende Training dient als Vorbereitung auf Wettbewerbe. Obwohl die Kinder und Jugendlichen in der Gruppe trainieren, ist jeder von ihnen beim Kampf gegen Schwierigkeitsgrad oder Stoppuhr allein auf sich gestellt, Denn: Klettern ist kein Mannschaftssport.
Der 11-jährige Julius Schneller ist seit Gründung der Wettkampfklettergruppe vor zweieinhalb Jahren mit von der Partie. „Mir gefällt es, in der Wand zu hängen“, bringt er seine Freude für diese Randsportart auf den Punkt. Früher nahm ihn sein Vater erstmals zum Klettern in die Fränkische Schweiz mit, damals hatte er „ziemlich viel Angst“, aber jetzt fühlt er meist nur noch ein Kribbeln im Bauch.
„Es freut mich, wenn ich ganz oben bin“, meint Julius. Wenn er den „Platz an der Sonne“ nicht erreicht, steckt er den Kopf nicht in den Sand, sondern versucht die Klippen so oft zu umschiffen, bis er es schafft. Das Klettern draußen findet er sogar noch schöner als in der Halle, weil er dann mitten in der Natur ist und die Aussicht genießt. Der Vorteil am Kletterzentrum mit seinen 14 Meter hohen Gipfeln ist, dass es fast vor seiner Haustür steht und er innerhalb weniger Minuten seinem Hobby frönen kann.
Mit Feuereifer stählt auch die achtjährige Leonie Muth ihren kleinen Körper. Neben dem Gruppentraining übt sie meist noch ein- bis zweimal pro Woche und turnt darüber hinaus noch. Diese Mühen münzte sie schon in Erfolge um: Vor zwei Jahren landete sie bei den „European Youth Climbing Days“ in Arco am Gardasee - im Jugendbereich einer der bedeutendsten Wettkämpfe, bei den Erwachsenen sogar die inoffizielle Weltmeisterschaft - den dritten Platz, 2011 gewann sie sogar die Goldmedaille.
Mit Feuereifer dabei
„Den Überhang mag ich besonders gern“, sagt Leonie, weil sie ihn fast immer spielerisch unter oder hinter sich lässt. Aber auch das „Bouldern“ (Klettern ohne Sicherung in Absprunghöhe) macht ihr Spaß. Diese Art des Kletterns muss den Kampfrichtern bei Wettbewerben ebenfalls gezeigt werden und fließt in die Wertung ein.
Zurzeit ist Kolja Schiborr äußerst motiviert. Der Grund: Vor einem Monat gelang ihm der Sprung in den 8. Schwierigkeitsgrad, nachdem er fast ein dreiviertel Jahr im 7. Grad hängen geblieben war. „Jetzt will ich so schnell wie möglich eine Stufe höher“, erklärt der 14-Jährige. Momentan gilt im Sportklettern die „11 plus“ als schwierigster Grad. Weil jedoch die Höchstleistungskletterer immer wieder neue Grenzen ausloten, wird diese Latte bestimmt in nicht allzu langer Zeit noch höher gelegt werden.
Kolja fühlt sich in der Halle sicherer, weil hier der Abstand der Express-Schlingen kürzer ist. Damit sind die Kletterer gesichert. Wenn sie abrutschen, fallen sie nur bis zur nächsten Schlinge. Je größer der Abstand der Schlingen ist, desto tiefer geht es abwärts.
„Das Interesse am Wettkampfklettern war extrem groß, deshalb mussten wir nach kurzer Zeit eine zweite Gruppe gründen“, informiert Ben Hoffmann, der mit Barbara Mayer und Mario Renner die sportliche Leitung innehat. Den Trainerstab komplettieren Dominik Heintz, Peter Reitwießner und Rico Schubert. Es gebe immer noch Anfragen, aber die Sektion Würzburg des Deutschen Alpenvereins könnte ihr Angebot in diesem Bereich nur durch zusätzliche Übungsleiter erweitern.
Hoffmann betont, dass die Aufnahme ins Wettkampfklettern nur besonders talentierten Sportlern mit großem Engagement vorbehalten ist. Zu den Voraussetzungen gehören auch Motivation, Leistungsbereitschaft, Teilnahme an regionalen Wettkämpfen sowie das regelmäßige Training. Die Übungsleiter haben ein ehrgeiziges Ziel im Visier: Aus beiden Gruppen wollen sie die Besten aussieben, um mit der Creme de la creme eine „Intensiv-Einheit“ zu bilden. Diese Gruppe hätte zweimal Training pro Woche auf dem Stundenplan und würde die Route in Richtung auf die Teilnahme an bayerischen Meisterschaften und nationale Wettkämpfe wählen.
Jedes Jahr finden laut Hoffmann auf Bundesebene etwa fünf hochkarätige Wettbewerbe statt, ebenso viele auf Landesebene. Regional gibt es mehr Wettkämpfe, beispielsweise fanden vor einigen Wochen erstmals die offenen Stadtmeisterschaften in Würzburg statt (wir berichteten). Vergleichbar große Kletterzentren wie hier gibt es in Forchheim und Darmstadt. Kleinere Anlagen sind in Geiselwind, Bad Windsheim, Erlangen und Coburg.
Die Abteilung Sport- und Wettkampfklettern des Deutschen Alpenvereins nimmt noch einige acht- bis 14-jährige Mädchen und Jungen in die Gruppen auf. Voraussetzungen dafür sind jedoch Kenntnisse in den Sicherungstechniken, Entwicklungspotenzial und Trainingsfleiß. Informationen zu einem Probetraining in der Geschäftsstelle des Alpenvereins: Tel. (09 31) 57 30 80.